"Wir glauben, dass das ein Riesenmeilenstein ist in der Erkennung und Behandlung depressiver Erkrankungen."
Prof. Matthias Berger von der Universität Freiburg ist sichtlich stolz. Vier Jahre lang hat eine Gruppe von Psychiatern, Psychotherapeuten, Hausärzten, Patientenvertretern und vielen anderen über 1200 wissenschaftliche Studien analysiert und systematisch gewichtet, bis am Ende alle den 96 Empfehlungen mit gutem Gewissen zustimmen konnten.
Entstanden ist eine Nationale Versorgungsleitlinie die höchsten wissenschaftlichen Qualitätsanforderungen entspricht und klare Hinweise für den Umgang mit der Depression gibt. Bei leichten depressiven Episoden empfehlen die Experten erst einmal – Abwarten
"Das ist etwas, was in der Medizin und der Psychotherapie bisher nicht an erster Stelle stand."
Eine leichte Depression verschwindet häufig von selbst, wenn die Betroffenen Zuwendung und Unterstützung bekommen. Diese Selbstheilungskräfte sollen in Zukunft Zeit erhalten. Kommt der Patient nicht alleine aus dem schwarzen Loch der Depression, gibt es im nächsten Schritt zwei gleichwertige Alternativen: Medikamente oder eine Gesprächstherapie.
"Pharmaka wirken in der Regel schneller, Psychotherapien wirken aber nachhaltiger und das muss eben der Patient selber für sich entscheiden, zu welcher Wahl er da kommt."
Der Patientenwille ist ein roter Faden der Leitlinie. Der zweiter sind Warnpunkte: In festgelegten Abständen soll der Arzt oder Psychotherapeut prüfen, ob die Behandlung anschlägt. Wenn nicht, muss die Therapie verändert oder der Patient zum Spezialisten überwiesen werden. Der wird bei schweren Depressionen immer eine Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie empfehlen, die bringt nachgewiesen die größten Erfolge.
Was die Wahl des Medikamentes betrifft, wollten die Experten keine Vorgabe machen, zu unterschiedlich sind die Patienten. In letzter Minute wurde allerdings noch ein Bericht des Kölner Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, kurz IQWIG, mit eingearbeitet. Dort hat Dr. Beate Wieseler die Wirksamkeitsnachweise verschiedener Antidepressiva verglichen. Generell fanden sich wenig Unterschiede. Mit einer Ausnahme: der Wirkstoff Reboxetin, der unter dem Namen Edronax vertrieben wird. Von 17 Studien mit diesem Antidepressivum hat die Firma Pfizer nur sieben umfangreich veröffentlicht. Danach sah das Präparat vielversprechend aus. Mit massivem öffentlichem Druck gelang es dem IQWIG aber, Pfizer dazu zu bringen, die vollständigen Daten offenzulegen.
"Es ist so, dass wir für diesen Stoff in dem aktiven Vergleich auch sehen, dass er schlechter abschneidet als die sogenannten SSRI eine andere Klasse von Antidepressiva. Das ist ein Ergebnis, das sich mit diesem Befund deckt, dass wir überhaupt keinen Nutzen auch im Vergleich zu dem Scheinmedikament sehen."
Reboxetin hat keinen Nutzen, verursacht aber Nebenwirkungen. Das IQWIG fordert jetzt in Deutschland eine gesetzliche Pflicht zur Offenlegung von klinischen Studien. Dass eine Pharmafirma die Daten von zwei Dritteln der Studienteilnehmer unter Verschluss gehalten hat, ist auch für Matthias Berger ein Skandal.
"Man ist als Arzt auch wirklich verärgert, man ist richtig verärgert, weil man ja über eine gewisse Zeit, das Präparat ja mit gutem Gewissen Patienten empfohlen hat, in der Annahme, dass man ihnen ein wirksames Medikament gibt."
Der IQWIG-Bericht gibt den Ärzten jetzt aber eine verlässliche Grundlage für die Wahl eines geeigneten Medikamentes. Und die neue Leitlinie zeigt, wie Zuwendung, Wirkstoff und Gesprächstherapie optimal für jeden Patienten kombiniert werden können.
Prof. Matthias Berger von der Universität Freiburg ist sichtlich stolz. Vier Jahre lang hat eine Gruppe von Psychiatern, Psychotherapeuten, Hausärzten, Patientenvertretern und vielen anderen über 1200 wissenschaftliche Studien analysiert und systematisch gewichtet, bis am Ende alle den 96 Empfehlungen mit gutem Gewissen zustimmen konnten.
Entstanden ist eine Nationale Versorgungsleitlinie die höchsten wissenschaftlichen Qualitätsanforderungen entspricht und klare Hinweise für den Umgang mit der Depression gibt. Bei leichten depressiven Episoden empfehlen die Experten erst einmal – Abwarten
"Das ist etwas, was in der Medizin und der Psychotherapie bisher nicht an erster Stelle stand."
Eine leichte Depression verschwindet häufig von selbst, wenn die Betroffenen Zuwendung und Unterstützung bekommen. Diese Selbstheilungskräfte sollen in Zukunft Zeit erhalten. Kommt der Patient nicht alleine aus dem schwarzen Loch der Depression, gibt es im nächsten Schritt zwei gleichwertige Alternativen: Medikamente oder eine Gesprächstherapie.
"Pharmaka wirken in der Regel schneller, Psychotherapien wirken aber nachhaltiger und das muss eben der Patient selber für sich entscheiden, zu welcher Wahl er da kommt."
Der Patientenwille ist ein roter Faden der Leitlinie. Der zweiter sind Warnpunkte: In festgelegten Abständen soll der Arzt oder Psychotherapeut prüfen, ob die Behandlung anschlägt. Wenn nicht, muss die Therapie verändert oder der Patient zum Spezialisten überwiesen werden. Der wird bei schweren Depressionen immer eine Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie empfehlen, die bringt nachgewiesen die größten Erfolge.
Was die Wahl des Medikamentes betrifft, wollten die Experten keine Vorgabe machen, zu unterschiedlich sind die Patienten. In letzter Minute wurde allerdings noch ein Bericht des Kölner Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, kurz IQWIG, mit eingearbeitet. Dort hat Dr. Beate Wieseler die Wirksamkeitsnachweise verschiedener Antidepressiva verglichen. Generell fanden sich wenig Unterschiede. Mit einer Ausnahme: der Wirkstoff Reboxetin, der unter dem Namen Edronax vertrieben wird. Von 17 Studien mit diesem Antidepressivum hat die Firma Pfizer nur sieben umfangreich veröffentlicht. Danach sah das Präparat vielversprechend aus. Mit massivem öffentlichem Druck gelang es dem IQWIG aber, Pfizer dazu zu bringen, die vollständigen Daten offenzulegen.
"Es ist so, dass wir für diesen Stoff in dem aktiven Vergleich auch sehen, dass er schlechter abschneidet als die sogenannten SSRI eine andere Klasse von Antidepressiva. Das ist ein Ergebnis, das sich mit diesem Befund deckt, dass wir überhaupt keinen Nutzen auch im Vergleich zu dem Scheinmedikament sehen."
Reboxetin hat keinen Nutzen, verursacht aber Nebenwirkungen. Das IQWIG fordert jetzt in Deutschland eine gesetzliche Pflicht zur Offenlegung von klinischen Studien. Dass eine Pharmafirma die Daten von zwei Dritteln der Studienteilnehmer unter Verschluss gehalten hat, ist auch für Matthias Berger ein Skandal.
"Man ist als Arzt auch wirklich verärgert, man ist richtig verärgert, weil man ja über eine gewisse Zeit, das Präparat ja mit gutem Gewissen Patienten empfohlen hat, in der Annahme, dass man ihnen ein wirksames Medikament gibt."
Der IQWIG-Bericht gibt den Ärzten jetzt aber eine verlässliche Grundlage für die Wahl eines geeigneten Medikamentes. Und die neue Leitlinie zeigt, wie Zuwendung, Wirkstoff und Gesprächstherapie optimal für jeden Patienten kombiniert werden können.