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Wirkungsgrad von Umweltzonen

In Deutschland sollen Umweltzonen dafür sorgen, dass die Luft in Innenstädten weniger mit Feinstaub belastet wird. Das Deutsche Klima Konsortium hat diesen Weg zur sauberen Luft am Beispiel von Leipzig und Peking verglichen. Dabei hat sich gezeigt: Umweltzone ist nicht gleich Umweltzone.

Von Philip Banse |
    Georg Ehring: Ohne grüne Plakette steht die Ampel auf Rot: Umweltzonen sollen dafür sorgen, dass die Belastung der Luft mit Feinstaub in den Innenstädten geringer wird.
    Mit diesem Weg versucht Deutschland, der Belastung Herr zu werden, der Erfolg ist umstritten. Wie erfolgreich der deutsche Weg zu sauberer Luft ist, will das Deutsche Klima-Konsortium, ein Zusammenschluss von Forschungseinrichtungen zum Klima, im internationalen Vergleich zeigen. Überraschenderweise anhand eines Vergleichs zweier Orte, die auf den ersten Blick kaum etwas miteinander gemeinsam haben - Leipzig und Peking. Philip Banse in Berlin – was hat der vergleichende Blick zutage gefördert?

    Philip Banse: Er hat zutage gefördert, Herr Ehring, dass die Reduzierung von Rußteilchen und anderen schädlichen Partikeln durchaus sinnvoll und erwünscht ist. Andreas Macke vom Leibnitz-Institut für Troposphärenforschung sagt, das Umweltzonen dafür ein gutes Mittel sind:

    "Umweltzonen taugen etwas, sie haben funktioniert. Wir haben in Leipzig ganz klar gezeigt, dass gerade die Rußemission sich um ein Drittel reduziert hat. Und Ruß ist genau der Anteil am Feinstaub, der am gefährlichsten ist. Und ein Drittel ist eine Menge."

    Das habe man auch in China verstanden, sagt Andreas Wahner, Direktor des Instituts für Energie- und Klimaforschung, der die Luftverschmutzung in Peking untersucht hat. Ein Unterschied zu Deutschland:

    "Die Behörden nehmen wissenschaftliche Erkenntnisse wahr. Und die Umsetzung ist relativ rasch – manchmal dramatisch. Da gibt es auch andere Entscheidungswege, die ich einem demokratischen Land vielleicht nicht bevorzugen würde, die aber sehr effizient sind."

    Doch Umweltzone sei nicht gleich Umweltzone, sagt Wahner:

    "Die zu kleine Umweltzone, wo man nur in der Innenstadt den Verkehr beschränkt, bringt eigentlich nichts. Die Lebensdauer der Partikel und der Wind treiben es von einer Straße zur anderen. Und dann haben sie im Prinzip keine Reduktion, weil sie den Gesamtverkehr in der Stadt nicht reduzieren, sondern der fährt dann außen rum. Deswegen werden Umweltzonen jetzt größer gemacht."

    Doch mehr Fläche allein reiche nicht. Um die Belastung mit Rußpartikeln und Stickoxyden zu verringern, fordert Klimaforscher Wahner, müssten die Kommunen erst einmal genauer untersuchen, woher genau die Partikel stammen, wenn Grenzwerte überschritten werden.

    "Dann muss ich spezifisch untersuchen, was muss ich reduzieren? Nicht einfach die Umweltzone erweitern und hoffen, dann warten wir mal wieder zwei Jahre und schauen dann in die Messwerte. Sondern es gibt dann – mit Aufwand verbunden, aber das muss ich ja nicht immer machen – spezifische Untersuchungen, die sagen: Ok, wo kommen den die Emissionen her? Muss ich Maßnahmen beim Schornsteinfeger oder beim Hausbrand machen? Muss ich tatsächlich die Autos reduzieren? Muss ich die grüne Welle einschalten, weil ich zu viel Staus habe? Wo kommen die Emissionen her? Ist es der Reifenabrieb oder das Schiff, was über den Fluss fährt? Das muss ich erst einmal wissen."

    Dann könnten straßenweise geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Doch gezieltere Maßnahmen wie bessere Holzheizungen oder grüne Wellen allein werden die Gesundheitsbelastung in den Städten nicht beseitigen, sagt Andreas Macke vom Leibnitz-Institut für Troposphärenforschung.

    "Zunächst einmal müssten mehr Fahrzeuge sich an die Umweltzonen halten, es gibt immer noch viel zu viele Ausnahmen. Nutzfahrzeuge müssen generell Filtermaßnahmen ergreifen. Und letztendlich müssen wir auch überregional gemeinsam die Schadstoffe reduzieren, weil wir zum Beispiel in Leipzig nicht nur das Leipziger Aerosol messen, sondern auch das, was auch Tschechien zu uns transportiert wird."

    Um diese Hintergrundverschmutzung in den Griff zu bekommen, müsse die entsprechende EU-Richtlinie verschärft werden – und zwar auf zwei Ebenen: Zum einen müssten kleinere Partikel als bisher gemessen werden. Statt zehn Mikrometer sollten Partikel bis runter zu 2,5 Mikrometer gemessen werden, weil diese in die Lungen eindrängen. Außerdem sollte von diesen kleinen Partikeln nur 20 Mikrogramm pro Kubikmeter auftauchen. Andreas Wahner vom Institut für Energie- und Klimaforschung wies auf einen Effekt hin, der in ihn in China sehr beschäftigt hat. Ruß- und andere Partikel sind zwar schlecht für die Gesundheit – unter Umständen aber gut fürs Klima. Denn je mehr Partikel in der Luft, desto mehr Wolken können sich an ihnen bilden, desto mehr Sonnenlicht wird in die Atmosphäre reflektiert. Partikel können die Erde also kühlen. Soll man als doch lieber die Rußpartikel in den Städten lassen, um die Erderwärmung zu verlangsamen? Andreas Macke vom Leibnitz-Institut für Troposphärenforschung:

    "Nein, würde ich nicht sagen. Wir können nicht auf Kosten der Luftqualität an der Klimaschraube drehen."