Aus dem Himmel über Khartoum brennt die Sonne. Bunte Zeltbahnen und Bastmatten brechen das Licht. Unter dem Baldachin staut sich trotzdem eine enorme Wärme, die Garküchen für ärmere Sudanesen ausstrahlen: Siedendes Öl mit Falafel oder Spritzgebäck, Töpfe mit dampfendem Reis und Molokheyya, einem grünen Kochgemüse, das an Spinat erinnert. Garküchen für ärmere Sudanesen. Rebecca verkauft Tee und Mokka. Ihr Geschäft läuft.
"Die Zuckerpreise sind gestiegen, aber ich habe meine Preise angepasst. Weil alles teurer geworden ist; auch Strom und Holzkohle. Trotzdem läuft mein Geschäft. Aber ich hoffe nicht, dass die Preise weiter steigen; ich hoffe, es beruhigt sich alles", sagt Rebecka.
Im Dezember wollte Diktator Omar al-Bashir Preise für Brot und Benzin erhöhen. Das trieb viele Sudanesen zu Protesten. Denn: Der Sudan ist unter den zwanzig ärmsten Staaten weltweit.
Laut Nichtregierungsorganisationen leben zwei Drittel der Menschen an oder unter der Armutsgrenze – und das vor allem, weil das System Bashir fast dreißig Jahre lang Misswirtschaft betrieben hat. Als Bashir dann die Preise erhöhen wollte, war das vielen zu viel. Unter dem Druck der Proteste stürzte er im April; ein Militärrat übernahm die Macht im Sudan.
Bodenschätze, die nur gehoben werden müssen
Seither ringen die Generäle und die Opposition um die Gestaltung einer dreijährigen Übergangsphase. In diesem Zeitraum will die Opposition auch die Wirtschaftspolitik verändern. Amjad Fared, ein Sprecher der Opposition, möchte unter anderem private Kartelle zerschlagen. Zum Beispiel das, das den Abbau und Verkauf von Gold kontrolliert.
"Die Armut steht in Zusammenhang mit der Verteilung von Gütern und Gewinnen im Sudan. Das Problem ist nicht der Reichtum des Landes," erklärt Fared.
Als 2011 der Südsudan unabhängig wurde, verlor der Sudan alle nennenswerten Ölquellen – und die Gewinne daraus. Aber: Neben Gold werden im Land große Eisen-, Uran- und Gasvorkommen vermutet; Bodenschätze, die nur gehoben werden müssen.
Bis dahin werden wohl auch weiterhin gut 80 Prozent der erwerbsfähigen Sudanesen in der Landwirtschaft arbeiten. Sie ist der wichtigste Wirtschaftssektor des Landes – und das, obwohl die Nutzfläche klein ist. Nur in Ufernähe zum Nil gibt es Anbaugebiete. Und vieles, von dem, was die Sudanesen ernten, wird exportiert – zum Beispiel Zuckerrohr und Baumwolle.
"Die Agrarwirtschaft sollte ebenfalls den sudanesischen Interessen dienen. Ein strukturelles Problem ist, dass Investitionen immer auf den Export ausgerichtet waren, statt Sektoren zu stärken, die die internen Bedürfnisse stillen könnten," sagt Fared.
"Darum ist für die Übergangsregierung, die gebildet werden muss, eine Frage eine ernsthafte Herausforderung: Wie die Wirtschaft so reformiert werden kann, dass sie am besten dem sudanesischen Volk dient."
Der große Einfluss alter Mafia-Banden
Bodenschätze und Landwirtschaft – die zwei Einnahmequellen des Sudan. Aber: Die liegen bis jetzt überwiegend in den Händen einiger weniger Familien, die eng mit dem korrupten Militärapparat verbandelt sind.
Ein Mann nennt die Verbindungen zwischen Großunternehmern und Militär Mafia-Banden. Er ist selbst im Bauwesen tätig und handelt mit Stahl. Damit er das unter Bashir konnte, musste er oft an die Mafia-Banden zahlen. Deshalb hofft der Mann, dass die Opposition die Wirtschaftspolitik des Sudan reformieren wird; Korruption bekämpft.
Ein Mann nennt die Verbindungen zwischen Großunternehmern und Militär Mafia-Banden. Er ist selbst im Bauwesen tätig und handelt mit Stahl. Damit er das unter Bashir konnte, musste er oft an die Mafia-Banden zahlen. Deshalb hofft der Mann, dass die Opposition die Wirtschaftspolitik des Sudan reformieren wird; Korruption bekämpft.
Aber: Wer wisse schon, wie weit der Einfluss der alten Mafia-Banden reicht. Daher möchte der Unternehmer nicht, dass sein Name bekannt wird.
"In allen Bereichen gab es Mafia-Banden, die die Wirtschaft kontrollierten... Niemand kam an der Mafia vorbei. Jeder von uns musste mit der Mafia zusammenarbeiten. Zum Beispiel die zwei Betriebe, die Gold exportieren. Sie pflegten immer sehr enge Beziehungen zur Regierung oder zum Präsidenten. Der Devisenhandel – Dollar und Euro - lag in bestimmten Privat-Händen. Und bis heute bin ich gezwungen, mit ihnen zu handeln. Ich setze auf die nächste Phase, in der das alles hoffentlich anders wird. Doch: Die Mafia existiert immer noch."
Und die Opposition dürfte Probleme haben, die alten Seilschaften von Mafia und Militär zu zerschlagen.