Noch sind konkrete wirtschaftliche Auswirkungen für deutsche Unternehmen in China nur vereinzelt zu spüren. Denn die meisten Firmen haben ihre Ferien um das chinesische Neujahrsfest verlängert – zum Teil bis zum 10. Februar. Deshalb ist Jens Hildebrandt, Delegierter der Deutschen Wirtschaft und Geschäftsführer der Außenhandelskammer in Peking, noch relativ gelassen.
"Bei den deutschen Unternehmen ist im Moment von Panik nichts zu spüren, sondern eher Nervosität zu spüren. Man muss sagen, die Maßnahmen der chinesischen Regierung werden gut kommuniziert. Für die deutschen Unternehmen ist bisher ziemlich klar, was sie dürfen und was man im Moment nicht darf. Das Land hat schnell reagiert, schnell Maßnahmen ergriffen. Und jetzt müssen die deutschen Unternehmen versuchen, mit diesen Maßnahmen zu arbeiten."
So hätten die Unternehmen Krisenstäbe eingesetzt und sie ergriffen Sicherheitsmaßnahmen für die Mitarbeiter, sagt Hildebrandt.
"Das zweite ist tatsächlich, die Produktionspläne anzupassen und zu schauen, wie kann ich die Produktionskernprozesse sicherstellen? Und sie haben begonnen, mit den Lieferanten und auch den Kunden zu kommunizieren."
Sorgen um den Welthandel insgesamt
Denn wenn es vermehrt zu Schwierigkeiten bei der Zulieferung kommen sollte, dann könnten auch andere Firmen ähnliche Konsequenzen ziehen müssen wie der Autobauer Hyundai in Südkorea, der seine Produktion unterbrechen muss, weil Teile aus China fehlen. So fürchtet auch der Außenhandelsverband BGA negative Konsequenzen, und das nicht nur für die chinesische Wirtschaft, sondern den Welthandel insgesamt. Schließlich sind Flüge von und nach China ausgesetzt, Betriebe geschlossen und die Touristen bleiben aus.
Diese Sorgen haben auch den Ölpreis gedrückt. So fiel ein Fass US-amerikanisches Rohöl der Sorte WTI gestern zeitweise auf unter 50 US-Dollar, das war der tiefste Stand seit gut einem Jahr. Heute jedoch legten sowohl WTI als auch die Nordseesorte Brent wieder zu. Die Opec könnte gegebenenfalls die Produktion weiter kürzen. Darüber berät das Kartell mit anderen Förderstaaten, vor allem Russland, in diesen Tagen. Der Ölpreis richte sich nach zwei Faktoren, erklärt David Kohl, Chefvolkswirt des Bankhauses Julius Bär.
"Das Virus hat nicht nur die Nachfrage gedämpft, und das sind die fundamentalen Befürchtungen, sondern vor allen Dingen auch den Risikoappetit der Anleger, und dann leiden klassischerweise diese Rohstoffe, die sehr nah am Zyklus der Ökonomie hängen."
Nach SARS hatte sich die Wirtschaft schnell erholt
Wie nachhaltig das aber ist, das lässt sich noch schwer abschätzen. Er rechne zwar mit einer Delle in der Wachstumsrate, aber nicht mit einer Rezession, sagte Markus Taube heute im Deutschlandfunk. Er ist Professor für Ostasien-Wirtschaft an der Uni Duisburg-Essen. Die Konjunkturspritzen der chinesischen Regierung dürften da helfen.
"Wir gehen davon aus, dass wir, in der Hoffnung, dass die Krise innerhalb der nächsten zwei, drei Monate durch ist, dass wir in der zweiten Jahreshälfte beschleunigtes Wachstum sehen werden, wo ein Großteil dessen, was wir jetzt verloren haben, wieder aufgebaut wird."
Denn auch nach dem SARS-Virus vor 17 Jahren hatte sich die chinesische Wirtschaft wieder recht schnell erholt.