Pedro Olaio zieht in einer Fabrikhalle nördlich von Lissabon ein Stück Gummi von einem Stapel. "Das war mal ein Reifen", sagt der Mode-Unternehmer, der aus dem recycelten Material die Sohlen für seine Marken-Schuhe herstellen lässt. Olaios modisch aufgepeppte Arbeitsstiefel stehen beispielhaft für eine ganzen Wirtschaftssektor: Portugal hat die Wandlung vom Produktionsort zum Land der eigenen Designerschuhmarken erfolgreich gemeistert. Pedro Olaio glaubt, dass sich dieses Konzept auch in anderen Wirtschaftszweigen umsetzen lässt:
"Wir haben nur einen Weg, wie wir unsere Wirtschaft beleben können. Wir müssen auf unsere Produkte setzen. Wir müssen an die alten Traditionen anknüpfen, und das weiterentwickeln, was wir schon immer gut gemacht haben. Das gilt nicht nur für Schuhe. Portugal hat noch viel mehr davon. Dieses Erbe müssen wir wahren, die alten Dinge verbessern und im Ausland bekannt machen."
Portugals Exportwirtschaft ist der treibende Motor hinter dem Wirtschaftsaufschwung im Euro-Schuldenkrisenland. Die Exporte nahmen im vergangenen Jahr um 6,1 Prozent zu und leisteten einen entscheidenden Beitrag zu Portugals Leistungsbilanz, die zum ersten Mal seit den 1960er-Jahren wieder ein ausgeglichenes Ergebnis vorweisen konnte. Das liege aber nicht nur an den schönen Schuhen aus Portugal, sagt Hans-Joachim Böhmer, Leiter der deutschen Außenhandelskammer in Lissabon:
"Diese Thematik, mit eigenen Marken und eigenem Design international aufzutreten, ist vor allem ein Thema bei Konsumgütern: Schuhindustrie, Bekleidungsindustrie gehört dazu. Das sind aber nicht die Industrien, die am stärksten wachsen. Sie wachsen auch, aber wenn man sich anschaut, was in der letzten Zeit besondere Beiträge zum Exportwachstum gehabt hat, sind das industrielle Produkte, Elektroindustrie, Maschinenindustrie, Maschinen und Anlagen und Teile davon, aber auch, Fischprodukte, Nahrungsmittelprodukte, Wein gehört auch dazu."
Handelsdefizit hat sich drastisch reduziert
Deutschland ist hinter Spanien der zweitwichtigste Exportmarkt für portugiesische Produkte. Rund 11 Prozent der Ausfuhren aus Portugal gehen nach Deutschland mit einem Gesamtvolumen von über 5,5 Milliarden Euro. Das portugiesische Handelsdefizit, das auch die portugiesisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen jahrelang bestimmte, hat sich stark reduziert. Denn zwischen 2009 und 2013 stiegen die Exporte nach Deutschland um 8,2 Prozent an.
"Zuwächse sind auf hohem Niveau immer schwierig zu erreichen, aber auch jetzt steigen die portugiesischen Exporte nach Deutschland insgesamt an. Aber die Gesamtexportzuwächse, die gehen sehr stark in neue Märkte, auch sehr stark außerhalb der Europäischen Union."
Von großer Bedeutung für die deutsch-portugiesischen Handelsbeziehungen ist weiterhin das VW-Werk Autoeuropa vor den Toren Lissabons, das Bundespräsident Joachim Gauck bei seinem Staatsbesuch in Portugal besichtigen wird. Das Werk, in dem der Sharan, der Eos, und der Scirocco hergestellt werden, erwirtschaftet fast drei Prozent der gesamten portugiesischen Exportleistung. Im März hat das Wolfsburger Unternehmen Investitionen in Höhe von 670 Millionen Euro in Aussicht gestellt, 500 neue Arbeitsplätze sollen entstehen.