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Wirtschaftsdelegation in London
Deutsche Familienunternehmen auf Brexit-Ausflug

25 deutsche Familienunternehmer machen einen Brexit-Ausflug nach London. Die Chefs von Katjes, Stihl oder Otto Fuchs wollen die Briten warnen: Ihr schadet euch mit dem Brexit am meisten selbst. Für sich selbst fürchten die Firmenlenker neben Steuernachteilen vor allem eins: mehr Bürokratie.

Von Friedbert Meurer |
    Der Geschäftsführende Gesellschafter der Katjes Fassin GmbH & Co. KG, Tobias Bachmüller, beobachtet am 16.04.2009 in Potsdam den Start der neuen Brausepulver-Bonbon-Produktion.
    Die Abwertung des britischen Pfunds nach dem Brexit führte bei Katjes dazu, "dass man dann Preisanpassungen gemacht hatte", so der Katjes-Geschäftsführer Tobias Bachmüller. (dpa / Bernd Settnik )
    25 deutsche Familienunternehmer mit teilweise milliardenschweren Umsätzen machen einen Brexit-Ausflug nach London. Gestern waren die Firmenchefs auf Vermittlung der "Stiftung Familienunternehmen" zu Gast im britischen Außenministerium, heute stehen Gespräche mit britischen Parlamentariern an. Ihre Botschaft an die britische Seite ist eindeutig: der Brexit setzt Handel und Arbeitsplätze aufs Spiel.
    Der Metallverarbeiter Otto Fuchs beliefert zum Beispiel British Airways, Jaguar und Landrover und macht damit 100 Millionen Euro Umsatz auf der Insel. Firmenchef Hinrich Mählmann fürchtet weniger Zölle als bürokratische Hürden im Großbritanniengeschäft.
    "Bei aller Wertschätzung dieses schönen und großen Marktes: Verglichen mit der EU oder mit Märkten wie China oder USA ist dann eben der Markt hier doch nicht so groß, das er den ganzen Aufwand hier immer rechtfertigen würde."
    Unternhemer: Der Brexit schadet am meisten den britischen Verbrauchern
    Das Familienunternehmen Stihl ist Weltmarktführer für Motorsägen. 650 britische Händler vertreiben die Produkte für Firmenlenker Nikolas Stihl. Konkurrenz fürchtet er im Qualitätsbereich von Stihl zwar nicht. Sollte Großbritannien aber wirklich den EU-Binnenmarkt verlassen, werde das seinen Preis haben.
    "Man muss sich im jeden Fall auf viel mehr Bürokratie einstellen in der Zulassung von Produkten, die zukünftig eben nicht mehr nur einmal in der EU zugelassen werden müssen, sondern zusätzlich in dem neuen Drittland Großbritannien."
    Die deutschen Unternehmer wollen den britischen Gesprächspartnern in London klarmachen: der Brexit schade am meisten den britischen Verbrauchern, v.a. in Form höherer Preise.
    Abwertung des Pfunds führte zu Preisanpassungen
    Tobias Bachmüller ist Chef des Kaubonbon-Herstellers Katjes. Seitdem das britische Pfund gefallen ist, hat Katjes die Preise in Großbritannien angehoben - und trotzdem keinen Umsatz eingebüßt.
    "Das hat uns ja sofort getroffen, diese 15-prozentige Abwertung des Pfunds. Wir fakturieren in Pfund. Das ist, wie es die meisten Exporteure - für uns ist es ein großes Exportland - gemacht haben, dass man dann Preisanpassungen gemacht hatte."
    Probleme befürchten alle Familienunternehmer, wenn EU-Fachkräfte nicht mehr problemlos in britische Niederlassungen geschickt werden können. Metallverarbeiter Otto Fuchs ist dringend auf Spezialisten aus Europa angewiesen.
    Mehr Unheil als nur mehr Bürokratie
    Hinrich Mählmann: "Wenn über Entsendungsproblematiken verhindert würde, dass eben EU-Ausländer, hochqualifizierte Mitarbeiter hierher entsendet werden können, dann würde das natürlich für den Standort hier Probleme geben, weil einfach das Knowhow dann nicht mehr hier reinkommen könnte."
    Den deutschen Unternehmen droht aber mehr Unheil als nur mehr Bürokratie: Seit dem Fall der bayerischen Molkerei Müllermilch gibt es im deutschen Steuerrecht die sogenannte Wegzugsbesteuerung, um - wenn ein Familienmitglied ins Ausland zieht - Steuerflucht zu verhindern. Ähnlich verhält es sich bei der Erbschaftssteuer. Fünf der 25 Unternehmen, deren Chefs gerade London besuchen, wären davon betroffen, teilweise - nach eigenen Worten - in existenzbedrohender Form.