Am Telefon ist nun Jürgen Kromphardt, Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Guten Morgen Herr Professor Kromphardt!
Prof. Kromphardt: Guten Morgen Frau Engels. Vielleicht sollte ich gleich sagen: ich war bis März Mitglied dieses Sachverständigenrates.
Engels: Gut. Dann sind Sie ehemaliges Mitglied. Das tragen wir nach. - Ist dies bereits ein neuer Ölpreisschock?
Prof. Kromphardt: Nein, das hat sich schon länger angekündigt. Es ist ein Ölpreisniveau, das sehr hoch ist, aber auch wirklich keinen Grund gibt, nun in Panik zu verfallen.
Engels: Wie unterscheidet sich denn dieser sprunghafte Anstieg an den Märkten von den Ölpreisanstiegen früherer Jahre?
Prof. Kromphardt: Die beiden berühmten Ölpreisschocks von 1973 und 79 waren ja bewusst von der OPEC herbeigeführt durch Beschlüsse über reduzierte Fördermengen. Diesmal ist es ja offensichtlich so, dass die Förderkapazitäten nicht ausreichend, dem sprunghaften Anstieg der Nachfrage zu folgen, besonders in den USA. Hinzu kommt jetzt eben dieser Anschlag auf eine Erdölleitung, der allen Sorge macht, dass die Fördermengen auch noch reduziert werden könnten.
Engels: Die traditionell nervösen internationalen Börsen haben gestern schon mit Verlusten auf diesen Schub reagiert. Wie lange dauert es denn der Erfahrung nach, bis dieser Ölpreisanstieg auch auf die reale Weltkonjunktur durchschlägt?
Prof. Kromphardt: Das hängt vor allem davon ab, wie lange der Ölpreis so hoch bleibt wie er jetzt ist. Es ist ja nicht anzunehmen, dass er auf frühere Niveaus zurückkehren wird, aber dass er dieses jetzige Niveau behält, das ist hoffentlich nur eine vorübergehende Erscheinung, denn die Nachfrage auf den Rohölmärkten wird eben auch sehr stark von spekulativen Überlegungen bestimmt, dass man jetzt ordert, weil man fürchtet, in vier Wochen ist das Öl noch teuerer, und wenn dann dieser Anstieg ausbleibt, dann geht auch der Ölpreis wieder zurück. Es bestehen also durchaus Chancen, dass wir wieder auf einen Preis jedenfalls deutlich unter 40 € zurückkommen.
Engels: Die EU-Kommission sagte gestern - wir haben es im Beitrag gehört -, wenn der Ölpreis auf diesem vergleichsweise hohen Niveau verharren würde, könnte es sein, dass die europäische Wirtschaft um 0,2 Prozentpunkte weniger wächst, also in diesem Jahr 1,5 statt 1,7% Wachstum. Halten Sie das für realistisch?
Prof. Kromphardt: Ich will mich nicht auf diese Prozentzahl festlegen, aber in der Tendenz ist das schon richtig, dass es ein etwas geringeres Wachstum gibt, denn für viele Verbraucher bedeutet dies eben, dass sie jetzt mehr Geld für ihr Benzin oder Heizöl ausgeben müssen und dass dann zum Teil wieder einsparen beim Kauf anderer Güter. Sie können das natürlich auch aus ihren Ersparnissen nehmen, aber vermutlich wird eben ein Teil der Verbraucher weniger andere Güter kaufen.
Engels: Da sind wir beim Thema, Herr Kromphardt. Die Opposition ruft ja mal wieder nach einem Benzingipfel, will die Ökosteuer aussetzen, um den Autofahrer nicht zu überlasten, gerade mit Blick auf die ohnehin zu schwache Binnennachfrage. Solche Rufe kennen wir schon von früheren Preisschüben. Trotzdem: ist da etwas dran? Sollte die Ökosteuer ausgesetzt werden?
Prof. Kromphardt: Nein, das sollte sie sicherlich nicht. Erstens muss man sich eben daran gewöhnen, dass der Ölpreis auch mal sehr hoch steigt. Das wird sich auch irgendwann wiederholen. Wir müssen auch mehr Energie sparen als das bisher der Fall war. Zweitens würde man ja mit einem Senken der Ökosteuer nur eine Lücke bei den Rentenhaushalten aufreißen und das hieße, dass entweder die Rentner oder die Beitragszahler dann die Zeche für die hohen Ölpreise zahlen müssen, statt dass es die Autofahrer tun, die ja nun die Verursacher sind.
Engels: Dann nicht die Ökosteuer, möglicherweise aber die Mineralölsteuer etwas aussetzen. Wäre das ein Ansatz?
Prof. Kromphardt: Genauso wenig, weil das Geld ja auch nicht irgendwo deponiert wird, sondern wieder ausgegeben wird. Außerdem kommt ja hinzu, dass der Ölpreis sehr stark schwankt, während eine Steueränderung etwas sein sollte, was dauerhaft überlegt ist und dann auch mittelfristig beibehalten wird. Man kann nicht auf die kurzfristigen Schwankungen auf den Ölmärkten immer mit Rauf und Runter von irgendwelchen Steuern reagieren.
Engels: Bleibt denn der Politik überhaupt eine Möglichkeit zu handeln? Die europäischen Finanzminister haben ja angesichts des Ölpreises ein koordiniertes Handeln gefordert. Was kann denn das im einzelnen sein?
Prof. Kromphardt: Ich könnte mir vorstellen, dass das Koordinieren darin besteht, dass man sagt wir machen keine Einzelmaßnahmen im Gegensatz zum Jahre 2000, wo das ja der Fall war, dass einzelne Länder sich irgend etwas ausgedacht haben, sondern sie sagen gemeinsam es ist nicht unsere Aufgabe, auf diese kurzfristigen Schwankungen zu reagieren. Wenn man langfristig etwas machen will, dann ist das mehr im Energiesparbereich. Da ist Deutschland ja sehr gut, aber andere Länder liegen dort sehr zurück.
Engels: Nun warnen ja Experten auch davor, dass ein langfristig hoher Ölpreis möglicherweise auch die Inflation im Euro-Raum anheizen könnte. Sind dort Zinserhöhungen zu fürchten und ist das eigentlich die Gefahr dieses Ölpreisanstiegs?
Prof. Kromphardt: Auch da hat ja die Kommission etwas vorgerechnet und gesagt, die Inflationsrate könnte um 0,2% höher sein. Das ist so lange keine Gefahr, wie dann nicht allgemein gefordert wird, nun auch die Löhne entsprechend zu erhöhen um diese höhere Inflationsrate. Aber bei der jetzigen Situation auf den Arbeitsmärkten und der Macht-Balance zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern braucht man dort keine Sorge zu haben, so dass es vielleicht einen kleinen Schub gibt bei der Inflationsrate, aber dass die dann irgendwie in Fahrt kommt und dass es weiter geht, damit muss man eigentlich nicht rechnen.
Engels: Sie haben es eben schon angedeutet. Nehmen wir einmal an, die politische Lage in Saudi-Arabien stabilisiert sich wieder und die derzeitigen Ängste legen sich, wird der Ölpreis trotzdem mittelfristig auf diesem Niveau verharren?
Prof. Kromphardt: Auf dem jetzigen Niveau sicherlich nicht, aber man weiß ja, dass die Ölreserven erschöpflich sind, und schon jetzt können die Länder außer Saudi-Arabien kurzfristig gar nicht mehr produzieren als sie produzieren, abgesehen vielleicht vom Irak. Die Ölreserven werden aber irgendwann zur Neige gehen, so dass auf jeden Fall im Laufe der nächsten zwei, drei Jahrzehnte das Öl knapp werden wird. Deswegen ist es auch wichtig, dass die Leute mitkriegen, dass Öl eben teuer ist und teuerer wird und man sich überlegt, was können wir alternativ machen: seien es erneuerbare Energieressourcen, sei es eben Energie sparen.
Engels: Sie geben mir das Stichwort. Die Anhänger der erneuerbaren Energien frohlocken ja derzeit auf der aktuellen Konferenz in Bonn. Werden Wasser, Wind, Sonne und Biomasse nun erst durch den hohen Ölpreis tatsächlich konkurrenzfähig?
Prof. Kromphardt: Das ist abgestuft zu beurteilen. Es kommt immer auf die einzelne Technik an. Aber noch ist es eben so, dass das Gewinnen von Sonnenenergie - und Sonnenenergie steht uns ja auf der Erde praktisch unbegrenzt zur Verfügung - noch subventioniert werden muss, damit es konkurrenzfähig ist. Auch dort würde durch eine Massenproduktion, wenn von bestimmten Anlagen kleinerer Art sehr viele Mengen hergestellt werden, das natürlich billiger werden. Von daher ist ein hoher Ölpreis immer ein Anreiz für alle Leute, die dort investieren und innovieren, sich etwas Neues zu überlegen, damit durch Massenproduktion die Sache billiger wird.
Engels: Auf der anderen Seite bemängeln ja Kritiker, dass die erneuerbaren Energien auch in Deutschland gerade ganz extrem subventioniert werden und dass man letztendlich damit den Markt verzerrt.
Prof. Kromphardt: Ja. Sie werden noch subventioniert in unterschiedlichem Umfang, aber solch neue Techniken brauchen eben einen Vorlauf. Man muss Erfahrungen sammeln, man muss die Techniken weiterentwickeln. Der Markt entwickelt natürlich nur dann Techniken weiter, wenn sie schon lohnend sind durch Subventionen, aber langfristig eben auch von alleine konkurrenzfähig werden. Das wird der Fall sein, erstens wie gesagt durch die technischen Neuerungen, die einem dann einfallen werden, und zweitens dadurch, dass langfristig der Ölpreis auf jeden Fall ansteigen wird.
Engels: Um 1,20 € kostet derzeit der Liter Benzin an den Zapfsäulen. Wird der noch auf 1,30 € steigen?
Prof. Kromphardt: Das hängt sehr davon ab, welche Strategie die Mineralölkonzerne fahren. Der Rohölpreis ist ja nur ein ganz kleiner Teil des gesamten Preises am Benzin, den wir an der Zapfsäule zahlen müssen. Die aktuellen Preise, zum Beispiel jetzt diese 42 Dollar, das ist ja nicht der Preis, den die Ölgesellschaften für das Öl bezahlt haben, das jetzt als Benzin an den Tankstellen ist. Das ist ja viel früher gekauft. Diese 42 Dollar sind der aktuelle Preis für den aktuellen Kauf, aber die Benzinproduktion erfolgt aus früher gekauften Ölmengen. Von daher müssen die Gesellschaften den Benzinpreis nicht sofort erhöhen, wenn der Rohölpreis steigt. Das ist deren preistaktische Überlegung, ob sie das noch mal machen, damit die Leute sich hinterher freuen, wenn er wieder weniger wird, oder ob sie sagen wir bleiben bei den 1,20 €. Das ist eine marktstrategische Entscheidung.
Engels: Wir sprachen mit Professor Jürgen Kromphardt. Er ist Volkswirt und war bis März Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Ich bedanke mich für das Gespräch!
Prof. Kromphardt: Guten Morgen Frau Engels. Vielleicht sollte ich gleich sagen: ich war bis März Mitglied dieses Sachverständigenrates.
Engels: Gut. Dann sind Sie ehemaliges Mitglied. Das tragen wir nach. - Ist dies bereits ein neuer Ölpreisschock?
Prof. Kromphardt: Nein, das hat sich schon länger angekündigt. Es ist ein Ölpreisniveau, das sehr hoch ist, aber auch wirklich keinen Grund gibt, nun in Panik zu verfallen.
Engels: Wie unterscheidet sich denn dieser sprunghafte Anstieg an den Märkten von den Ölpreisanstiegen früherer Jahre?
Prof. Kromphardt: Die beiden berühmten Ölpreisschocks von 1973 und 79 waren ja bewusst von der OPEC herbeigeführt durch Beschlüsse über reduzierte Fördermengen. Diesmal ist es ja offensichtlich so, dass die Förderkapazitäten nicht ausreichend, dem sprunghaften Anstieg der Nachfrage zu folgen, besonders in den USA. Hinzu kommt jetzt eben dieser Anschlag auf eine Erdölleitung, der allen Sorge macht, dass die Fördermengen auch noch reduziert werden könnten.
Engels: Die traditionell nervösen internationalen Börsen haben gestern schon mit Verlusten auf diesen Schub reagiert. Wie lange dauert es denn der Erfahrung nach, bis dieser Ölpreisanstieg auch auf die reale Weltkonjunktur durchschlägt?
Prof. Kromphardt: Das hängt vor allem davon ab, wie lange der Ölpreis so hoch bleibt wie er jetzt ist. Es ist ja nicht anzunehmen, dass er auf frühere Niveaus zurückkehren wird, aber dass er dieses jetzige Niveau behält, das ist hoffentlich nur eine vorübergehende Erscheinung, denn die Nachfrage auf den Rohölmärkten wird eben auch sehr stark von spekulativen Überlegungen bestimmt, dass man jetzt ordert, weil man fürchtet, in vier Wochen ist das Öl noch teuerer, und wenn dann dieser Anstieg ausbleibt, dann geht auch der Ölpreis wieder zurück. Es bestehen also durchaus Chancen, dass wir wieder auf einen Preis jedenfalls deutlich unter 40 € zurückkommen.
Engels: Die EU-Kommission sagte gestern - wir haben es im Beitrag gehört -, wenn der Ölpreis auf diesem vergleichsweise hohen Niveau verharren würde, könnte es sein, dass die europäische Wirtschaft um 0,2 Prozentpunkte weniger wächst, also in diesem Jahr 1,5 statt 1,7% Wachstum. Halten Sie das für realistisch?
Prof. Kromphardt: Ich will mich nicht auf diese Prozentzahl festlegen, aber in der Tendenz ist das schon richtig, dass es ein etwas geringeres Wachstum gibt, denn für viele Verbraucher bedeutet dies eben, dass sie jetzt mehr Geld für ihr Benzin oder Heizöl ausgeben müssen und dass dann zum Teil wieder einsparen beim Kauf anderer Güter. Sie können das natürlich auch aus ihren Ersparnissen nehmen, aber vermutlich wird eben ein Teil der Verbraucher weniger andere Güter kaufen.
Engels: Da sind wir beim Thema, Herr Kromphardt. Die Opposition ruft ja mal wieder nach einem Benzingipfel, will die Ökosteuer aussetzen, um den Autofahrer nicht zu überlasten, gerade mit Blick auf die ohnehin zu schwache Binnennachfrage. Solche Rufe kennen wir schon von früheren Preisschüben. Trotzdem: ist da etwas dran? Sollte die Ökosteuer ausgesetzt werden?
Prof. Kromphardt: Nein, das sollte sie sicherlich nicht. Erstens muss man sich eben daran gewöhnen, dass der Ölpreis auch mal sehr hoch steigt. Das wird sich auch irgendwann wiederholen. Wir müssen auch mehr Energie sparen als das bisher der Fall war. Zweitens würde man ja mit einem Senken der Ökosteuer nur eine Lücke bei den Rentenhaushalten aufreißen und das hieße, dass entweder die Rentner oder die Beitragszahler dann die Zeche für die hohen Ölpreise zahlen müssen, statt dass es die Autofahrer tun, die ja nun die Verursacher sind.
Engels: Dann nicht die Ökosteuer, möglicherweise aber die Mineralölsteuer etwas aussetzen. Wäre das ein Ansatz?
Prof. Kromphardt: Genauso wenig, weil das Geld ja auch nicht irgendwo deponiert wird, sondern wieder ausgegeben wird. Außerdem kommt ja hinzu, dass der Ölpreis sehr stark schwankt, während eine Steueränderung etwas sein sollte, was dauerhaft überlegt ist und dann auch mittelfristig beibehalten wird. Man kann nicht auf die kurzfristigen Schwankungen auf den Ölmärkten immer mit Rauf und Runter von irgendwelchen Steuern reagieren.
Engels: Bleibt denn der Politik überhaupt eine Möglichkeit zu handeln? Die europäischen Finanzminister haben ja angesichts des Ölpreises ein koordiniertes Handeln gefordert. Was kann denn das im einzelnen sein?
Prof. Kromphardt: Ich könnte mir vorstellen, dass das Koordinieren darin besteht, dass man sagt wir machen keine Einzelmaßnahmen im Gegensatz zum Jahre 2000, wo das ja der Fall war, dass einzelne Länder sich irgend etwas ausgedacht haben, sondern sie sagen gemeinsam es ist nicht unsere Aufgabe, auf diese kurzfristigen Schwankungen zu reagieren. Wenn man langfristig etwas machen will, dann ist das mehr im Energiesparbereich. Da ist Deutschland ja sehr gut, aber andere Länder liegen dort sehr zurück.
Engels: Nun warnen ja Experten auch davor, dass ein langfristig hoher Ölpreis möglicherweise auch die Inflation im Euro-Raum anheizen könnte. Sind dort Zinserhöhungen zu fürchten und ist das eigentlich die Gefahr dieses Ölpreisanstiegs?
Prof. Kromphardt: Auch da hat ja die Kommission etwas vorgerechnet und gesagt, die Inflationsrate könnte um 0,2% höher sein. Das ist so lange keine Gefahr, wie dann nicht allgemein gefordert wird, nun auch die Löhne entsprechend zu erhöhen um diese höhere Inflationsrate. Aber bei der jetzigen Situation auf den Arbeitsmärkten und der Macht-Balance zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern braucht man dort keine Sorge zu haben, so dass es vielleicht einen kleinen Schub gibt bei der Inflationsrate, aber dass die dann irgendwie in Fahrt kommt und dass es weiter geht, damit muss man eigentlich nicht rechnen.
Engels: Sie haben es eben schon angedeutet. Nehmen wir einmal an, die politische Lage in Saudi-Arabien stabilisiert sich wieder und die derzeitigen Ängste legen sich, wird der Ölpreis trotzdem mittelfristig auf diesem Niveau verharren?
Prof. Kromphardt: Auf dem jetzigen Niveau sicherlich nicht, aber man weiß ja, dass die Ölreserven erschöpflich sind, und schon jetzt können die Länder außer Saudi-Arabien kurzfristig gar nicht mehr produzieren als sie produzieren, abgesehen vielleicht vom Irak. Die Ölreserven werden aber irgendwann zur Neige gehen, so dass auf jeden Fall im Laufe der nächsten zwei, drei Jahrzehnte das Öl knapp werden wird. Deswegen ist es auch wichtig, dass die Leute mitkriegen, dass Öl eben teuer ist und teuerer wird und man sich überlegt, was können wir alternativ machen: seien es erneuerbare Energieressourcen, sei es eben Energie sparen.
Engels: Sie geben mir das Stichwort. Die Anhänger der erneuerbaren Energien frohlocken ja derzeit auf der aktuellen Konferenz in Bonn. Werden Wasser, Wind, Sonne und Biomasse nun erst durch den hohen Ölpreis tatsächlich konkurrenzfähig?
Prof. Kromphardt: Das ist abgestuft zu beurteilen. Es kommt immer auf die einzelne Technik an. Aber noch ist es eben so, dass das Gewinnen von Sonnenenergie - und Sonnenenergie steht uns ja auf der Erde praktisch unbegrenzt zur Verfügung - noch subventioniert werden muss, damit es konkurrenzfähig ist. Auch dort würde durch eine Massenproduktion, wenn von bestimmten Anlagen kleinerer Art sehr viele Mengen hergestellt werden, das natürlich billiger werden. Von daher ist ein hoher Ölpreis immer ein Anreiz für alle Leute, die dort investieren und innovieren, sich etwas Neues zu überlegen, damit durch Massenproduktion die Sache billiger wird.
Engels: Auf der anderen Seite bemängeln ja Kritiker, dass die erneuerbaren Energien auch in Deutschland gerade ganz extrem subventioniert werden und dass man letztendlich damit den Markt verzerrt.
Prof. Kromphardt: Ja. Sie werden noch subventioniert in unterschiedlichem Umfang, aber solch neue Techniken brauchen eben einen Vorlauf. Man muss Erfahrungen sammeln, man muss die Techniken weiterentwickeln. Der Markt entwickelt natürlich nur dann Techniken weiter, wenn sie schon lohnend sind durch Subventionen, aber langfristig eben auch von alleine konkurrenzfähig werden. Das wird der Fall sein, erstens wie gesagt durch die technischen Neuerungen, die einem dann einfallen werden, und zweitens dadurch, dass langfristig der Ölpreis auf jeden Fall ansteigen wird.
Engels: Um 1,20 € kostet derzeit der Liter Benzin an den Zapfsäulen. Wird der noch auf 1,30 € steigen?
Prof. Kromphardt: Das hängt sehr davon ab, welche Strategie die Mineralölkonzerne fahren. Der Rohölpreis ist ja nur ein ganz kleiner Teil des gesamten Preises am Benzin, den wir an der Zapfsäule zahlen müssen. Die aktuellen Preise, zum Beispiel jetzt diese 42 Dollar, das ist ja nicht der Preis, den die Ölgesellschaften für das Öl bezahlt haben, das jetzt als Benzin an den Tankstellen ist. Das ist ja viel früher gekauft. Diese 42 Dollar sind der aktuelle Preis für den aktuellen Kauf, aber die Benzinproduktion erfolgt aus früher gekauften Ölmengen. Von daher müssen die Gesellschaften den Benzinpreis nicht sofort erhöhen, wenn der Rohölpreis steigt. Das ist deren preistaktische Überlegung, ob sie das noch mal machen, damit die Leute sich hinterher freuen, wenn er wieder weniger wird, oder ob sie sagen wir bleiben bei den 1,20 €. Das ist eine marktstrategische Entscheidung.
Engels: Wir sprachen mit Professor Jürgen Kromphardt. Er ist Volkswirt und war bis März Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Ich bedanke mich für das Gespräch!