"Interview der Woche" im DLF
Wirtschaftshistoriker Tooze: USA werden weiter auf Protektionismus setzen - egal, wer die Wahl gewinnt

Die Vereinigten Staaten werden nach Ansicht des Wirtschaftshistorikers Adam Tooze von der New Yorker Columbia Universität auch in Zukunft verstärkt auf protektionistische Maßnahmen setzen - und zwar unabhängig vom Ausgang der Präsidentschaftswahl im November. Das sagte Tooze im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks.

    Das Bild zeigt Toozes Oberkörper im Anzugsjackett. Er blickt vor einem grauen Hintergrund ernst in die Kamera.
    Der britische Wirtschaftshistoriker Adam Tooze (picture alliance / Ger Harley / EdinburghElitemedia)
    Er unterstrich, auch die Kandidatin der US-Demokraten, Harris, sei letztlich protektionistisch eingestellt. Die Welthandelsorganisation mit ihren Streitschlichtungs- und Entscheidungsverfahren finde in den USA keine Unterstützer mehr. Tooze wörtlich: "Das ist Geschichte. Das ist vorbei. Sie finden niemanden mehr in Washington, der dazu steht."

    Neuer Handelsstreit?

    Zudem erwartet der Wissenschaftler einen erneuten Handelsstreit zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union, sollte der Bewerber der Republikaner, Ex-Präsident Trump, erneut ins Weiße Haus einziehen. Gerade wegen der Handelsungleichgewichte zu Lasten Amerikas sei mit einem Wirtschaftskonflikt zu rechnen.

    Erwartungshaltung gegenüber EU und Deutschland - auch bei US-Demokraten

    Zugleich rechnet Tooze mit einer stärkeren Fokussierung der USA auf den Wettbewerb mit China. Das habe auch Folgen für Europa: Zwar würden zumindest die US-Demokraten die EU weiterhin als Alliierten sehen. Aber auch bei ihnen gebe es die Erwartungshaltung, dass die EU - und Deutschland - mehr für die eigene Selbständigkeit investieren müssten, auch und gerade in der Sicherheitspolitik.
    Der Wirtschaftshistoriker sagte, grundsätzlich sei eine Wahl von Kamala Harris zur Präsidentin aber "natürlich für Europa viel besser" als Trump. Das sei klar, denn es sei etwa in der Außenpolitik eine Kontinuität zu erwarten.

    Programmhinweis

    Das "Interview der Woche" mit Adam Tooze wird am Sonntag um 11:05 Uhr im Deutschlandfunk gesendet. Nachlesen können Sie es aber schon jetzt.
    Diese Nachricht wurde am 10.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.