Archiv

Wirtschaftsköpfe 2014
Der Zahlenmann an der Spitze der Telekom

Timotheus Höttges ist neuer Vorstandschef der Deutschen Telekom und damit Nachfolger von René Obermann. Der frühere Finanzvorstand gilt als Mann der Zahlen - künftig muss er sich aber auch auf anderen Feldern beweisen.

Von Benjamin Hammer |
    Wenn Tim Höttges über die Telekom spricht, dann kann sich das schon mal so anhören.
    "Revenue has declined by 1.2 percent year on year. Our main positive driver were call fixed line revenues which declined at 2.7 percent, thereby showing an improvement versus the previous quarters."
    Kaum etwas verstanden? Keine Sorge. So sprach Höttges mit Finanzprofis im November 2013, damals war er im Vorstand noch für die Finanzen der Telekom zuständig. Als Vorstandschef muss er aber für mehr stehen als für spröde Kalkulationen. Höttges weiß das - und sprach es schon auf der letzten Telekom-Hauptversammlung im Mai an.
    "Sie kennen mich inzwischen vor allem als Finanzvorstand, als Mann der Zahlen. Aber ich habe in den letzten Jahren einen ganzheitlichen Blick auf das Geschäft der Telekom gewinnen können. Ich weiß um die Bedeutung innovativer kundenfreundlicher Produkte. Ich werde die Wünsche unserer Kunden stets in den Mittelpunkt unserer Überlegung stellen."
    Und dennoch: Ein bisschen wird Tim Höttges immer jener "Mann der Zahlen" bleiben, das zeigt seine Karriere. Der 51-Jährige wurde in Solingen geboren und studierte Wirtschaft in Köln. Nach Stationen als Berater und Controller bei anderen Unternehmen landete er im Jahr 2000 bei der Mobilfunktochter der Telekom. Und lernte dort einen gewissen René Obermann kennen.
    "Ich bin froh, dass der Aufsichtsrat Herrn Höttges für diese Position gewinnen konnte",
    hatte Obermann auf der Hauptversammlung gesagt.
    "Er ist aus meiner Sicht erste Wahl. Ich kann das nach 13-jähriger Zusammenarbeit voller Überzeugung sagen."
    Obermann und Höttges sind Freunde geworden. Sie wohnten eine Zeit lang in Bonn direkt nebeneinander, teilten sich einen Garten, tranken nach der Arbeit auch mal ein Bier, engagierten sich für ihre Nachbarschaft. Das klingt ein bisschen nach Typen, die es jedem Recht machen wollen. Aber das stimmt so nicht.
    Telekom-Chef René Obermann spricht am Montag (26.03.2012) in Bochum während einer Pressekonferenz, auf der die Kooperation zwischen der Telekom und der Wohnungsbaugesellschaft Deutsche Annington vorgestellt wird.
    René Obermann hat den Posten Ende 2013 verlassen. (picture alliance / dpa / Caroline Seidel)
    Beispiel Internet-Tarife: Im Deutschlandfunk-Interview gab sich Obermann im Juli kämpferisch. Die Kritik an einer Drosselung der Geschwindigkeit ab einer gewissen Datenmenge riss damals nicht ab.
    "Nur wenige Prozent von Kunden haben solche enormen Nutzungsmengen, aber für diese Kunden würden wir es etwas teurer machen müssen. Das war der ganze Ausgangspunkt der Diskussion. Und das wurde reduziert auf ‚Drossel‘ und das schlicht und ergreifend unsachlich. Aber verkauft sich halt toll und kann man auf die Telekom draufhauen und macht manchen Medien auch Spaß, ich will’s einfach mal etwas kritisch anmerken dürfen."
    Ein Telekom-Chef darf nicht dünnhäutig sein, muss auch mal austeilen. Das macht auch Obermanns Nachfolger Tim Höttges deutlich.
    "Natürlich können wir bei unseren Entscheidungen nicht immer populär sein. Und wer mich kennt: Mir geht es nicht darum, gut anzukommen. Sondern ich will beste Ergebnisse erzielen."
    Mit besten Ergebnissen ist das aber so eine Sache. Bei der sogenannten Drosselkom-Debatte machte ein Kölner Gericht den beiden Telekom-Managern einen Strich durch die Rechnung. Wo Flatrate draufsteht, muss auch Flatrate drin sein, urteilten die Richter - ohne Datenbremse. Obermann und Höttges mussten einlenken.
    Hart bleiben will Höttges hingegen bei seinen Sanierungsplänen der Konzerntochter T-Systems. Nach Angaben der Gewerkschaft ver.di will die Telekom in diesem Bereich etwa 6000 Stellen streichen. Die Techniksparte bringt der Telekom zwar Prestige, aber keine Rendite. Und das gefährdet Höttges Anspruch.
    "Die Deutsche Telekom ist stark, verlässlich und erfolgreich."
    Der neue Chef braucht viel Geld. Allein in Deutschland sollen in diesem und im nächsten Jahr acht Milliarden Euro in den Netzausbau gesteckt werden.
    Der Ausbau und die Verhandlungen mit ver.di um den Stellenabbau – das werden Höttges zentrale Aufgaben. Außerdem ist er jetzt der erste Lobbyist seines Unternehmens im hochregulierten Telekommunikationsbereich. Schon auf der Klausurtagung der CSU in Wildbad Kreuth wird er auf den neuen Digitalminister Alexander Dobrindt treffen.
    Ein einstiges Sorgenkind der Telekom entwickelt sich hingegen erfolgreich. Die Konzerntochter in den USA. Bald könnte es mit einem Verkauf klappen, der Milliarden in die Kassen der Telekom spülen würde. Der Zahlenmann Tim Höttges würde sich darüber freuen.
    Hinweise:
    Teil 1 der Serie, "Die oberste Bankenaufseherin Europas" über Danièle Nouy, können Sie hier nachlesen.
    Teil 3 der Serie "Wirtschaftsköpfe 2014" läuft am Freitag, 3. Januar 2014. Vorgestellt wird Reiner Hoffmann, der im Mai 2014 neuer Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes werden soll.