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Wirtschaftsköpfe 2014
Die oberste Bankenaufseherin Europas

Wenn 2014 die europäische Bankenaufsicht ihre Arbeit aufnimmt, wird an ihrer Spitze eine Frau stehen: Danièle Nouy. Die 62-jährige Französin hat langjährige Erfahrungen bei der Kontrolle von Banken. Sie gilt als entschlossen, weltoffen und stark.

Von Brigitte Scholtes |
    62-jährige Frau mit glatten, blonden, halblangen Haaren, roter Bluse und grauem Jackett, sitzend an einem Tisch, mit gefalteten Händen auf einem Papierstapel abgelegt, von halb unten fotografiert
    "Die Banker stehen stramm", heißt es in Paris, wenn Danièle Nouy kommt. (HO / EUROPEAN PARLIAMENT / AFP)
    Ihre Gestalt passt kaum zu ihrem Ruf. "Die Banker stehen stramm", heißt es in Paris, wenn auf die Wirkung von Danièle Nouy die Rede kommt.
    Dass sie bereits mehr als 60 Geburtstagskerzen ausgepustet hat, wie man in Frankreich sagt, also nicht mehr ganz jung ist, spricht außerdem für sie, denn sie ist damit eine erfahrene Frau. Blonde Haare, zierliche Gestalt, eine Stimme, nicht unbedingt kräftig, aber entschlossen und durchaus weltoffen:
    "The success of the SSM depends on the quality of its cooperation between its different components."
    Etwa, als sie den Europaparlamentariern erklärte, unter welchen Umständen die Bankenaufsicht funktioniert, dass alle Komponenten ineinandergreifen müssen.
    Integration in weltweite Bankenaufsicht
    Erfahrung mit der Bankenaufsicht hat die Mutter zweier erwachsener Töchter reichlich: Seit 2010 leitet die 62-Jährige die französische Bankenaufsicht, zuvor schon hatte sie Banken kontrolliert, 1985 und 1996 für die französische Notenbank in New York, zwischen 1998 und 2003 war sie Vizegeneralsekretärin des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht. Und von 2006 bis 2008 vertrat sie Frankreich im Europäischen Bankenausschuss der EU: Nun also soll sie die europäische Bankenaufsicht aufbauen, die bei der EZB angesiedelt ist. Deren Präsident Mario Draghi bezieht die Französin schon jetzt in seine Überlegungen ein, wenn es um die Besetzung der weiteren Führungspositionen in der neuen Aufsicht geht. Denn je eher das geklärt sei, desto besser, sagte Draghi vor wenigen Wochen:
    "We also want to talk to Danièle Nouy and see what her views are. Our conviction is that the sooner the supervisory board is put in place, the better."
    Neben dem Aufbau der neuen Aufsicht hat die Französin aber auch deren Integration in die weltweite Aufsicht im Blick:
    "Looking now beyond the SSM, achieving the integration of the largest supervisory authority in the world, in the global community of banking supervisors, is of utmost importance."
    Trennung zwischen Geldpolitik und Aufsicht
    Was die Bretonin in ihrem Vorstellungsgespräch in Straßburg sagte, überzeugte die Parlamentarier offenbar, sie bekam eine ausgesprochen breite Mehrheit. Vielleicht lag das auch daran, dass sie zuversichtlich ist, die strikte Trennung zwischen Geldpolitik und Aufsicht bewältigen zu können. Da vertraue sie auf ihre Erfahrung aus Frankreich, sagte sie vor einigen Wochen. Denn dort ist die Bankenaufsicht seit Langem Aufgabe der Zentralbank. Die Nähe zur EZB gebe der neuen Aufsichtsbehörde sogar mehr Macht, glaubt sie. In Deutschland sorgt man sich jedoch, dass geldpolitische Entscheidungen anders ausfallen könnten, wenn man um die Probleme bestimmter Banken wisse. So kann etwa eine Zinserhöhung die Geldhäuser in Schwierigkeiten bringen, falls sie sich falsch positioniert haben.
    An deutsche Besonderheiten wird Madame Nouy sich in den nächsten Monaten und Jahren gewöhnen müssen. Denn sie wird wohl von der Seine an den Main umsiedeln müssen. Vielleicht kann ihr ihre Stellvertreterin den Einstieg erleichtern: Denn sollte die Noch-Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, Sabine Lautenschläger, in das EZB-Direktorium einziehen, dann gilt die Deutsche als aussichtsreiche Kandidatin dafür. Dann müssten die europäischen Banker vor zwei starken und entschlossenen Frauen zittern. Das dürfte eine interessante Erfahrung für sie werden.
    Programmhinweis:
    Teil 2 der Serie "Wirtschaftsköpfe 2014" läuft am Donnerstag, 2. Januar 2014
    Porträtiert wird Tim Höttges, Chef der Deutschen Telekom (Autor: Benjamin Hammer)