Kurz vor elf am Morgen, im Saal der Königlich Schwedischen Akademie: Via Internet lässt sich weltweit mitverfolgen wie drei Jurymitglieder des Nobelpreiskommitees den Saal betreten und nach kurzer Begrüßung die diesjährigen Preisträger bekannt geben:
"Oliver Hart und Bengt Holmström for their contribution in contract theory"
Contract Theory also Vertragstheorie ist ein vergleichsweise mathematisches und theorielastiges Feld der Wirtschaftswissenschaft. Es geht darum, Verträge sinnvoll zu gestalten und besser zu verstehen. Da Verträge die Grundlage jedes gesellschaftlichen Zusammenlebens sind, sei die Arbeit der Forscher relevant für jeden Einzelnen, begründete das Komitee die Entscheidung:
"Contracts is a very fundamental phenomena that effects all of us in society. And the theories of Holmström and Hart are incredibly important to understand these kind of contracts in institutions.”
Wer im Team arbeitet, ist oft fauler
Die Forscher stellen bei ihrer Arbeit allerdings unterschiedliche Aspekte in den Fokus.
Holmström, geboren 1949 in Helsinki und heute Professor am renommierten MIT, hat sich seit den späten 70er Jahren mit der Frage beschäftigt, wie Verträge so gestaltet werden können, dass keiner der Beteiligten einen Anreiz hat von dem Vertrag abzuweichen. Holmström sei der Erste gewesen, der theoretisch bewiesen habe, dass Teamarbeit oft zu Faulheit einlade, sagt Daniel Krähmer, Professor für Mikroökonomie und Vertragstheoretiker an der Universität Bonn:
"Das ist erst mal die Beobachtung, dass wenn wir in Teams organisiert sind und dann gibt es hinterher einen gemeinsamen Output und man kann nicht genau zuschreiben, wer wie viel dazu beigetragen hat, dann führt das zu Anreizproblemen."
Etwa, weil ein Teammitglied weniger arbeitet, aber gleich viel kassiert. Holmströms Lösung:
"Dass man im Prinzip die Löhne sehr detailliert bedingen sollte, auf alle möglichen Leistungsmaße."
Das könnten bei Managern Kennzahlen wie Rendite oder bei Vertrieblern die Zahl der verkauften Produkte sein.
Manche Dinge macht man am besten selbst
Während Holmström also zeigt, wie mit Verträgen bestimmte Anreize gesetzt werden können, geht Hart von der Annahme aus, dass es viele Faktoren gibt, die in Verträgen nicht berücksichtigt werden können.
Ein klassisches Beispiel: Ein Autohersteller beauftragt einen Zulieferer ein bestimmtes Bauteil zu entwickeln. Der Zulieferer ist der einzige Wettbewerber, der über die Maschinen verfügt, um das Teil zu bauen. Am Ende kann er daher vom Autobauer also fast jeden Preis verlangen – egal, was vorab vereinbart war. Hart ist der Frage nachgegangen, wie man mit solchen Situationen umgehen kann und hat daraus eine Theorie entwickelt, wann es für Firmen besser ist, Dinge auszulagern und wann nicht:
"Man nennt das die Make-or-Buy-Decision. Also wann mache ich etwas selbst, innerhalb des Unternehmens, und wann kaufe ich etwas ein. Und dafür gab es bis zu dem Zeitpunkt keine vernünftige Theorie."
Lob von deutschen Ökonomen
Klassischerweise geht es bei Nobelpreisverleihungen nicht nur um große Theorien, sondern auch um große Gefühle. Bengt Holmström zeigte sich von der Auszeichnung so überrascht, dass bei der Bekanntgabe nur wenige Wort fand, um seine Freude zu beschreiben:
"Well, I am slitely nervous, but I am very happy.”
Zumindest eine kleine Überraschung war die Nominierung wohl auch für viele seiner Kollegen. Dennoch gab es unter deutschen Ökonomen viel Zustimmung für die Auszeichnung. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung folgte dabei der Begründung des Nobelpreiskommittees:
"Die Vergabe des Wirtschaftsnobelpreises an Oliver Hart und Bengt Holmström ist eine hervorragende Wahl. Die Forschung der beiden betont die zentrale gesellschaftliche Bedeutung von Verträgen und Institutionen."
Und Dennis J. Snower, Präsident des Institut für Weltwirtschaft in Kiel, betonte, beide Forscher hätten auf Ihrem Gebiet "fundamentale" Erkenntnisse geliefert.