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Wirtschaftspersönlichkeiten fehlen im neuen Bundestag

Die Aussicht auf eine Große Koalition im Bund verfolgen viele Wirtschaftsvertreter mit Sorge. Sie fragen sich, wer im Deutschen Bundestag nun ihre Interessen vertritt, nachdem die FDP sich bei der Wahl so sang- und klanglos verabschiedet hat.

Von Stefan Maas | 18.10.2013
    Sie sind eine Minderheit im Bundestag. Die klassischen Unternehmer. 35 sind es in der neuen Legislaturperiode.

    Unternehmer wie der Berliner Raumausstatter und CDU-Politiker Frank Steffel etwa, mit seinen 700 Mitarbeitern. Oder Thomas Gambke. Der gründete 2006 Lithoglas, ein Spezialglasunternehmen mit 15 Mitarbeitern. Gambke sitzt seit 2009 für die Grünen im Bundestag. Und eine Minderheit in dieser Minderheit bilden die Handwerksunternehmer. Wie Lena Strothmann. Die CDU-Politikerin ist Damenschneidermeisterin und Geschäftsführerin einer Maßschneiderei. Ihr Parteikollege Eckhard Pols ist Glasermeister. Und einen Müllermeister gibt es auch. Selbst wenn der diesen Beruf zuletzt vor ziemlicher langer Zeit ausgeübt hat. Dafür hat Peter Ramsauer sein Amt als Verkehrsminister nicht viel Zeit gelassen.

    Rechnet man zu diesen 35 "klassischen" Unternehmern die Land- und Forstwirte hinzu steigt die Zahl. Ein wenig: auf 42.

    Eine kleine Gruppe waren die Unternehmer aber auch schon früher. Auch vor der Wahl im September. Mit dem Ausscheiden der FDP habe sich daran nicht viel geändert, sagt Thomas Sigmund, der im Hauptstadtbüro des Handelsblatts viele Jahre über die Liberalen berichtet hat:

    "In der FDP-Fraktion waren ja auch nur wenige Unternehmer. Ansonsten waren auch in der FDP-Fraktion viele Anwälte oder auch Vertreter aus der Versicherungsbranche. Aber klassische Unternehmer waren wenige zu finden."

    Juristen gehören auch in der nun 18. Legislaturperiode – neben Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes - zu den besonders häufigen Berufsgruppen. 80 sind es – bei 631 Abgeordneten insgesamt. Und auch Bankkaufmänner und -frauen, Betriebs- und Volkswirte und Wirtschaftsberater sind nach dem Ausscheiden der Liberalen häufig zu finden unter den Abgeordneten. Allein in der 64-köpfigen Linkenfraktion sitzen zehn studierte Ökonomen.

    Zwar habe auch die FDP in den letzten Jahren für die Wirtschaft wichtige Themen nicht umgesetzt, wie etwa Steuervereinfachungen und Bürokratieabbau, heißt es bei Wirtschaftsverbänden. Dennoch, mit dem Ausscheiden der FDP gehe ein wichtiges wirtschaftliches Korrektiv verloren. Denn oft seien es die Liberalen gewesen, die darauf hingewiesen hätten, dass das Geld, das die Politiker ausgeben wollten, auch erst einmal eingenommen werden muss.

    "Ich denke, dass es jetzt mehr auf den Wirtschaftsflügel der Union ankommt."

    Sagt Carsten Linnemann, der vor Kurzem neu gewählte Chef eben jenes MIT, der Unions-Mittelstandsvereinigung. Und selber Bundestagsabgeordneter.

    "Wir haben 311 Abgeordnete insgesamt. Davon gibt es 167 Abgeordnete, die ein Mittelstandparteibuch, wenn ich das so sagen darf, haben. Und der Parlamentskreis, der Wirtschaftsflügel der Fraktion hat circa 160 Mitglieder. Also mehr als die Hälfte auf beiden Seiten ein starker Flügel."

    Doch auch das ändert nichts daran. Unternehmer bleiben Mangelware. Doch es sei ja nicht nur die fachliche Kompetenz, die dazu beitrage, einem Thema Gehör zu verschaffen, sagt Thomas Sigmund vom "Handelsblatt". Eines fehle in allen Parteien – auch in der Union:

    "Wirtschaftspersönlichkeiten, oder Persönlichkeiten, die für diese Themen standen, wie Friedrich Merz sind einfach nicht mehr im Bundestag vertreten, die ganz klar auch die Sorgen und Nöte der Wirtschaft formulieren können."

    Diese Stimme müsse erst einmal wieder gefunden werden.