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Wirtschaftspolitik des US-Präsidenten
"Trump betreibt im Grunde eine Art Günstlingswirtschaft"

Der neue US-Präsident Donald Trump übergehe Strukturen, Regeln und Institutionen, die sonst dafür da seien, wirtschaftliche Entscheidungen vorzubereiten, sagte Henning Vöpel vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut im DLF. Jetzt müssten Manager einen direkten Draht zu ihm haben. Sie hätten Angst, "seine Gunst nicht zu bekommen."

Henning Vöpel im Gespräch mit Silke Hahne |
    US-Präsident Donald Trump (31.01.2017)
    Viele Manager wollen sich gut mit Donald Trump stellen - sie versprechen sich davon Vorteile. (dpa / picture alliance / Ron Sachs)
    Silke Hahne: Politik für kleine Leute will Donald Trump machen, für hart arbeitende Stahlarbeiter zum Beispiel und offenbar auch für hart arbeitende Banker. Nach seinem Wahlsieg hatte er es angekündigt, heute will er es wahr machen. Die US-Bankenregulierung, infolge der Finanzkrise verschärft, soll wieder aufgeweicht werden. So hieß es aus Washington. Donald Trumps Wirtschaftspolitik, sie besteht aus Zuckerbrot und Peitsche.
    Seine Außenpolitik eher nur aus Peitsche; wie eben bekannt wurde, verhängen die USA neue Sanktionen gegen den Iran nach einem Raketentest. Über beides spreche ich nun mit Henning Vöpel, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts. Guten Tag, Herr Vöpel.
    Henning Vöpel: Guten Tag, Frau Hahne.
    Hahne: Der Ton in der US-Außenpolitik verschärft sich graduell und jetzt kommen auch erste konkrete Handlungen dazu, beziehungsweise die Freihandelsabkommen aufzukündigen war natürlich auch schon recht konkret. Wie ordnen Sie denn nun die iranischen Sanktionen wirtschaftspolitisch ein?
    Vöpel: Ja, das reiht sich tatsächlich nahtlos in die bisherigen Aktionen von Donald Trump ein. Das immer wiederkehrende Prinzip ist, im Grunde die Welt mit seinen harten, sehr schnellen, fast zerstörenden Entscheidungen auf Kurs zu bringen. Das ist gewissermaßen sein Erfolgsrezept, das er jetzt zunehmend auch in der Außenpolitik einsetzt. Sie haben erwähnt: TPP hat er aufgekündigt, er hat sich gegenüber Australien sehr barsch verhalten und jetzt auch das Atomabkommen mit dem Iran im Grunde wieder aufgekündigt, indem er erneut Sanktionen verhängt hat. Auch hier in der Außen- und Sicherheitspolitik ist das Prinzip Donald Trump erkennbar.
    "Er übergeht Strukturen, Regeln, Institutionen"
    Hahne: Für Empörung hat ja auch der Einreisestopp für Bürger aus sieben Staaten gesorgt. Der Chef des Fahrdienst-Vermittlers Uber, Travis Kalanick, ist deswegen sogar aus Trumps Beratergremium zurückgetreten. Wenn Manager mit Trump reden wie in so einem Gremium, ist das, wie Kalanick gesagt hat, wie eine politische Unterstützung für so eine Politik?
    Vöpel: Ich glaube nicht, dass es eine politische Unterstützung ist. Es ist auch hier das Prinzip Trump, das offenbar sehr erfolgreich wirkt, nämlich die Angst der Manager, seine Gunst nicht zu bekommen. Das heißt, es ist im Grunde so eine Art Günstlingswirtschaft, die er betreibt, und er übergeht damit im Grunde Strukturen, Regeln, Institutionen, die sonst dafür da sind, wirtschaftliche Entscheidungen vorzubereiten. Jetzt muss man den direkten Draht zu ihm haben. Das ist sein Prinzip. Insofern ist es keine Unterstützung, aber es ist wie die Flucht sozusagen zu Donald Trump, um wirtschaftspolitischen Einfluss zu behalten.
    Hahne: Das Großaufgebot der Manager im Trump Tower war ja nach der Wahl doch recht beeindruckend. Die Ankündigungen in den USA, Fabriken zu bauen, Jobs zu schaffen, haben sich quasi überschlagen. Da konnte ja schon der Eindruck entstehen, dass da Manager zu Kreuze kriechen. Ist das vielleicht auch eine Stilfrage?
    Vöpel: Ja, ganz bestimmt. Das ist ja von Anfang an der Stil, den Donald Trump bemüht, und die ersten sind gewissermaßen auf Linie gebracht.
    Hahne: Auch eine Stilfrage seitens der Manager, meine ich, wie man damit umgeht?
    Vöpel: Ja, definitiv! Wir sehen ja auch, dass sich Widerstand regt, dass sich Widerstand formiert gegen die Politik Donald Trumps, die im Übrigen gar nicht im Interesse der USA sein kann. Insofern ist es tatsächlich auch eine Stilfrage, wie man sich heute verhält. Es gibt solche, die sagen, wir machen da nicht mit, weil es nicht gut ist für unsere Volkswirtschaft, und andere, die sagen, ich suche hier mal meinen eigenen individuellen Vorteil dadurch, dass ich die Nähe zum Präsidenten suche. Das hat natürlich auch etwas mit ethischem Verhalten zu tun. Das ist eine Frage des Stils.
    "Entweder er hat Erfolg damit, oder er wird sehr schnell scheitern"
    Hahne: Nicht gut für die USA, haben Sie gesagt. Lobbyismus, der Einfluss von Wirtschaft auf Politik ist ja an sich nicht ungewöhnlich. Wäre es denn fahrlässig, nicht mit Trump zu reden?
    Vöpel: Das ist offenbar der Eindruck, den viele gewinnen: Wir müssen mit ihm reden, wir müssen irgendwie mit ihm auskommen, wir müssen seine Gunst erlangen. Das ist das Prinzip von ihm, mit dem er Politik macht, und das ist natürlich fatal, weil es sämtliche Institutionen, sämtliche Regeln, die es nun mal gibt, umgeht, und das ist natürlich jetzt so eine Frage, inwieweit er damit erfolgreich ist.
    Wenn er es wirklich schafft, die Wirtschaft, die Wirtschaftslenker, die Führer auf seinen Kurs zu bringen, dann kann er wirklich damit erfolgreich sein. Wenn ihm das nicht gelingt, wenn der Widerstand zu groß wird, dann wird das irgendwann scheitern, und an dieser Stelle sind wir jetzt. Entweder er hat Erfolg damit, oder er wird sehr schnell scheitern.
    Hahne: Jetzt haben Sie auch die Gegenwehr schon angesprochen. Der Aufstand kam hauptsächlich aus dem Silicon Valley. Es gibt aber auch eine Initiative des Einzelhandels gegen Trumps Steuerpläne. Wirtschaft und Politik, entfremden die sich gerade in den USA?
    Vöpel: Ja, den Eindruck kann man bekommen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Wirtschaft der USA im Grunde immer gelebt hat von Zuwanderung, von Einwanderern, die auch die Ideen, von denen die USA leben, die Innovationsfähigkeit der Volkswirtschaft ausmachen, immer zur DNA der USA gehört hat. Die USA sind ja gegründet worden von Einwanderern und immer war das das Erfolgsrezept der Wirtschaft.
    Und auf einmal handelt die eigene Politik, die eigene Regierung gegen dieses Erfolgsrezept, indem sie sich zurückzieht, nationale Interessen in den Vordergrund stellt, Protektionismus betreibt. Insofern gibt es auch einen Konflikt gewissermaßen der Kulturen, einer Wirtschaft, die auf Zuwanderung angewiesen ist, Vielfalt möchte, und einer Politik, die das offenbar jetzt ablehnt.
    Hahne: Was heißt das, vielleicht ganz kurz noch, auch für andere Volkswirtschaften und die USA, wenn da jetzt so ein Bruch stattfindet?
    Vöpel: Zweierlei kann das bedeuten. Zum einen, dass Donald Trump durch seine Maßnahmen wirklich den Rest der Welt, die anderen Volkswirtschaften auf seine Linie bringt, auf seinen Kurs bringt. Oder es kann ebenfalls bedeuten, dass der Rest der Welt einfach sagt, America first, mag sein, wir kümmern uns nicht darum, wir machen weiter, wir finden unser eigenes Modell, und dann würde Donald Trump die eigene Wirtschaft, die USA in die Isolation führen und dann wird Donald Trump sicherlich auch politisch schnell scheitern.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.