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Wirtschaftsprofessor fordert stärkere Bankenaufsicht

Der Bankenexperte Hans-Peter Burghof hält nichts von einer Rekapitalisierung von Banken mit der Rasenmähermethode. Hätte Deutschland eine starke Bankenaufsicht, könnte diese sich um Institute kümmern, die tatsächlich Kapital bräuchten.

Hans-Peter Burghof im Gespräch mit Bettina Klein |
    Christoph Heinemann: Die Euro-Krise wirkt sich zunehmend auf die deutsche Wirtschaft aus. Deutschland droht nach zwei Aufschwungjahren eine Vollbremsung in Sachen Konjunktur. Die führenden Forschungsinstitute haben ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland deutlich nach unten berichtigt. Für das nächste Jahr rechnen die Wirtschaftsforscher nur noch mit einem geringen Wachstum von 0,8 Prozent, verbunden mit reichlich Kritik an dem Krisenmanagement der Bundesregierung. Darüber hat meine Kollegin Bettina Klein mit dem Finanz- und Bankenexperten Professor Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim gesprochen und ihn gefragt, ob die Regierung denn auch irgendetwas richtig macht.

    Hans-Peter Burghof: Na ja, es ist immer sehr schwierig, wenn man so tief in die Krise hineingeraten ist, etwas wirklich einfach nur richtig zu machen, weil jede Entscheidung hat Nebenwirkungen und man setzt sich der Kritik aus. Ich denke, man geht richtig vor, wenn man sich jetzt einfach mal der griechischen Krise wirklich stellt, und alles, was wir im Moment sehen, deutet ja darauf hin, dass man tatsächlich einen Schuldenschnitt bei Griechenland wagen möchte. Wenn der gut vorbereitet ist und wenn er dann gut durchgeführt ist, dann haben die Regierungen etwas richtig gemacht.

    Bettina Klein: Und diesen Schuldenschnitt, diesen höheren Schuldenschnitt würden Sie auch befürworten?

    Burghof: Ja, natürlich. Ich meine, Griechenland braucht einen fairen Neustart und die Griechen müssen am Ende selber entscheiden, wo sie hingehen wollen, was für ein Staat sie sein wollen, ob sie im Euro sein wollen oder draußen, ob sie sich in der Lage sehen, seriös zu finanzieren oder eben nicht. Das sind alles letztendlich Entscheidungen der Griechen und ich glaube, Europa sollte da aufhören, so zu bevormunden.

    Klein: Was meinen Sie mit bevormunden?

    Burghof: Ja nun, wir versuchen ja um jeden Preis, Griechenland zu retten, wir schreiben ihnen vor, wie sie ihren Staat organisieren sollen, dass sie privatisieren sollen, was sie alles ändern sollen. Das mag alles richtig sein und dennoch ist Griechenland ein souveräner Staat und das griechische Volk ist der Souverän dieses Staates und sie müssen sich entscheiden, was sie wollen.

    Klein: Ja gut. Aber die Frage ist ja immer wieder die nach der Alternative, und die kann ja dann nur bedeuten, wenn man Mechanismen nicht einführt, die darauf hinwirken, dass die Wirtschaft sich stabilisiert und der Euro gesichert wird, Griechenland raus aus der Euro-Zone.

    Burghof: Das ist richtig. Wenn die Griechen das selber nicht so wollen? – Ich meine, das eine ist der Schuldenschnitt. Den kann man machen, egal, ob die im Euro drin bleiben oder nicht. Aber danach muss halt eine Entscheidung in Griechenland kommen, in welche Richtung man sich bewegen möchte, und die steht halt einfach aus. Im Moment hat auch Griechenland keine faire Chance, eine solche Entscheidung zu treffen, denn natürlich werden sie von diesen Schulden einfach erdrückt und jede Politik, die da nun hemmungslos einspart, führt ja auch dazu, dass die Wirtschaft noch schlechter läuft.

    Klein: Gut. Also Griechenland könnte selbst entscheiden, auszutreten aus der Eurozone. Wir diskutieren darüber seit Wochen und Monaten im Grunde genommen und bisher wurde die Abwägung eigentlich so vorgenommen, dass man gesagt hat, es wäre für alle Beteiligten eigentlich schlecht. Aber Sie sehen schon oder Sie gehören zu denjenigen, die sagen, Sie sehen den Punkt kommen, wo das unvermeidbar und vielleicht sogar günstiger für alle Beteiligten werden könnte?

    Burghof: Nein, eigentlich nicht. Ich glaube unverändert, dass Griechenland bessere Chancen für einen Neustart hat, wenn es im Euro bleibt. Nur dann muss man sich bestimmten Realitäten stellen. Dann muss man halt auch nur Gehaltsniveaus akzeptieren, die der Produktivität des Landes entsprechen, und dann muss man sich halt einen Staatshaushalt leisten, den man auch finanzieren kann, und das fällt eben sehr, sehr schwer. Deswegen kann es sein, dass man aus solchen politischen Gründen dann doch aus dem Euro rausgehen möchte, weil man halt nicht mehr ständig Geld aus Europa geschenkt bekommt.

    Klein: Lassen Sie uns noch einen weiteren Punkt ansprechen. Die Rekapitalisierung der Banken ist von den Wirtschaftsforschern gefordert worden. Es deutet sich auch an, dass das auf EU-Ebene gewünscht und angestrebt wird. Gleichzeitig haben deutsche Banken zum Beispiel schon ganz klar gesagt, das kann nicht sein, das ist kein Weg, sie haben sich vehement dagegen ausgesprochen. Was halten Sie davon?

    Burghof: Na ja, man geht hin und sagt, die Banken brauchen mehr Kapital; das stimmt ja gar nicht. Es gibt bestimmte Banken, die brauchen mehr Kapital, andere haben für ihr Geschäftsmodell absolut ausreichendes Kapital, andere sind auch gar nicht so sehr von der Griechenland-Krise betroffen. Hätten wir eine starke Bankenaufsicht, die sich was traut, die was kann, die die entsprechenden Kompetenzen hat, dann würde sich die halt auf die Banken konzentrieren, die tatsächlich Kapital brauchen. So geht das zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung immer mit dem Rasenmäher, die Banken brauchen, die Banken sollen. Am Ende wird von allen Banken das Gleiche gefordert, und das ist gar nicht gut, weil die Banken sind unterschiedlich. Und wenn wir auf die Finanzkrise zurückgucken: Es ist sogar sehr gut, dass die Banken sehr unterschiedlich sind, gerade in Deutschland, weil dann sind halt auch nicht alle Banken gleichzeitig von den gleichen Problemen betroffen.

    Klein: Also die Idee ist nicht Grund falsch nach Ihrer Meinung, sondern die Pläne sind einfach noch nicht ganz ausgegoren und noch nicht ausreichend präzisiert?

    Burghof: Richtig. Wir haben aber – und das ist das Schlimme daran – keine Institution, die das leisten kann im Moment. Wir sind ja im Grunde genommen bei der Neugestaltung der Bankenaufsicht mitten drin stecken geblieben, gerade in Deutschland. Da fehlt was.

    Klein: Aber die Regierungen könnten das ja anschieben von sich aus, oder wäre das nicht möglich?

    Burghof: Oh, das wäre schon möglich. Das müssen sie machen. Aber gerade in Deutschland sieht man ja, wie schwer es ist, gegen den Widerstand der Verwaltung dann so eine neue Bankenaufsicht aufzustellen. Letztendlich: Wir haben eine lange Diskussion gehabt, wir hatten eigentlich so was wie eine Entscheidung, das war damals die Idee, dass die Bankenaufsicht zur Bundesbank geht, und wir haben es nicht durchgesetzt.

    Heinemann: Bettina Klein im Gespräch mit dem Finanz- und Bankenexperten Professor Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

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