Eines geben die Konjunkturgutachter der Wirtschaftsforschungsinstitute gleich zu Beginn zu Protokoll: Mit einem ungeordneten Austritt Großbritanniens könnte sich die konjunkturelle Entwicklung tatsächlich erheblich abkühlen, die ohnehin schon durch die gestiegenen Unsicherheiten einen Einbruch erfährt:
"Ein wichtiger Grund für die Abkühlung der Konjunktur ist die hohe wirtschaftspolitische Unsicherheit. Denn nach wie vor ist unklar, wie es mit den Handelsstreitigkeiten zwischen den USA auf der einen und China beziehungsweise der Europäischen Union auf der anderen Seite weiter geht. In Europa kommt als zweite Unsicherheit die über den Austritt Großbritanniens aus der EU hinzu,"
erklärt Axel Lindner vom Wirtschaftsforschungsinstitut in Halle. Die aktualisierte Prognose beruht aber noch auf der wohlwollenden Annahme, dass es zu doch noch zu einem geordneten Brexit kommt. Einen Ungeordneten haben die Forscher nicht berechnet, da es dafür auch keinen historischen Vergleich gäbe. Die Folgen wären aber schwer abzusehen.
Mehrere Wachstumsbremsen
Bereits seit Mitte des vergangenen Jahres ist der Einbruch bei der wirtschaftlichen Entwicklung zu spüren. Aber dann haben vor allem die Krise der Automobilindustrie als auch das Niedrigwasser im Rhein als faktische Wachstumsbremse zum Jahresende gewirkt, sagt der Sprecher der Gemeinschaftsgutachter, Professor Oliver Holtemöller:
"Wir erwarten jetzt für das Jahr 2019 nur noch eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts von 0,8 Prozent. Das ist gut ein Prozentpunkt weniger als noch im Herbst."
Damit ist das von allen bislang vorgelegten Konjunkturprognosen die Skeptischste. Allerdings gehen die Forscher nicht davon aus, das aus diesem Einbruch tatsächlich eine Rezession folgen könnte. Eher könnte sich die Wachtsumsrate wieder nach oben entwickeln:
"Wenn es natürlich dennoch zu einem harten Brexit kommen sollte mit erheblichen Beeinträchtigungen des grenzüberschreitenden Güterhandels, dann dürfte sich auch unsere Prognose für Deutschland ungünstiger darstellen, als sie das jetzt in die Zahlen vorfinden."
Stärkerer Zuwachs denkbar
Bleibt dieser harte Schnitt aus, dann dürfte sich die Konjunktur im Laufe des Jahres wieder stabilisieren. Und für das kommende Jahr rechnen die Gutachter sogar wieder mit einem Zuwachs von 1,8 Prozent. Dabei schlägt vor allem die nach wie vor starke Binnennachfrage etwa auf dem Bau durch, wo es bereits deutliche Kapazitätsengpässe gibt, während das produzierende Gewerbe stärker von den internationalen Entwicklungen abhängig bleibt.
Auch die Beschäftigung wird noch weiter zulegen, wenn auch - ob der zunehmenden Engpässe - nicht mehr so stark, wie in der Vergangenheit, was insgesamt eine weiter sinkende Arbeitslosenquote bedeutet.
Die steigenden Löhne und Gehälter sorgen zum einen für eine stabile und noch steigende Binnennachfrage, aber gleichermaßen auch für steigende Staatseinnahmen. Gut 40 Milliarden Euro soll der strukturelle Überschuss im laufenden Jahr betragen, mit dem die Bundesregierung hantieren könnte, sofern die wirtschaftliche Entwicklung tatsächlich der Prognose folgt.