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Wissenschaft bei YouTube
Warum Science-Influencer so oft geklickt werden

YouTuber erreichen mit Wissenschaftsthemen Hunderttausende Follower, während die Videos von Hochschulen und Forschungseinrichtungen sehr viel weniger geklickt werden. Woran das liegt, hat eine neue Studie herausgefunden: Viele Unis setzen auf die falschen Formate.

Von Annika Schneider |
Der YouTuber und Science Influencer Jacob Beautemps neben einer Weltkugel
Der Wissenschafts-YouTuber Jacob Beautemps hat mehr als eine Viertelmillion Follower (youtube.com/breakinglab)
Jacob Beautemps, runde Brille und Sweatshirt, ist beides: YouTuber und Wissenschaftler. An der Uni Köln schreibt der 27-Jährige seine Doktorarbeit zum Lernen auf YouTube. Gleichzeitig betreibt der studierte Physiker den Kanal "Breaking Lab", auf dem er naturwissenschaftliche Themen erklärt.
Die Videos heißen "Der gefährlichste Baum der Welt" oder "Wie sieht der Mensch in einer Million Jahren aus?" Jacob Beautemps arbeitet nicht nur mit einer professionellen Produktionsfirma, sondern auch mit einem großen Team – von der Cutterin bis zum Rechercheur. Auf YouTube verwendet er die gleichen Methoden wie bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen:
"Wir arbeiten viel mit Studien und wir lesen diese Studien auch. Also schauen wir uns nicht nur das Abstract an, sondern schauen auch die Methode dahinter an, und geben die dann auch im Video so wieder. Und wir blenden an der Stelle im Video ein: Quelle eins, Quelle zwei. Damit die Leute wirklich am Timecode schauen können – also die Quellen sind in der Videobeschreibung verlinkt. Die können dann wirklich die Quellen nachprüfen."

Präsentationsvideos und Animationen kommen gut an

Eine Viertelmillion Menschen folgen Jacob Beautemps, der Kanal ist sein Haupteinkommen. Science-Influencerinnen und -Influencer wie er haben auf der Plattform zum Teil eine größere Reichweite als etablierte Fernsehsender. Und ihre Videos werden sehr viel häufiger geklickt als das, was Hochschulen und Forschungseinrichtungen selbst auf YouTube veröffentlichen – obwohl die ja eigentlich am nächsten dran sind an der aktuellen Wissenschaft.
Handy mit Youtube-Logo vor einer Leinwand, die ebenfalls das Youtube-Logo zeigt
Youtube: Ging es auch mal ohne?
Am 15. Februar 2005 startete Youtube. Die Plattform revolutionierte den Musikkonsum, ermöglichte den Beruf des Influencers und ist längst Teil der Alltagskultur. Verändert hat sie aber auch die politische Meinungsbildung.
Festgestellt hat diesen Unterschied gerade eine Studie der Uni Trier. Häufig geklickt werden demnach Präsentationsvideos, bei denen eine Person durch das Thema führt – wie Jacob Beautemps oder auch die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim. Außerdem mag die YouTube-Community gezeichnete Animationen, wie sie der Kanal "Bytethinks" produziert.

Unterhaltsam ist nicht gleich lehrreich

Wissenschaftseinrichtungen setzten hingegen häufiger auf klassische narrative Erklärvideos – also Formate wie klassische Fernsehbeiträge. Oder auf Expertenvideos, wie "Schärfer als die Theorie erlaubt", in dem ein Physiker der Max-Planck-Gesellschaft begleitet wird.
Grundsätzlich erzielen sowohl Expertenvideos als auch klassische Erklärvideos im Schnitt weniger Klicks. Das ist eine Erklärung, warum Forschungseinrichtungen auf YouTube weniger Reichweite haben. Dass ein Video gut ankommt, heißt aber nicht, dass es auch lehrreich ist, betont der Studienautor und emeritierte Medienwissenschaftler Hans-Jürgen Bucher:
"Je unterhaltsamer ein Video empfunden wird, desto überzeugter sind die Teilnehmer, dass die Fakten korrekt dargestellt wurden, und desto mehr Vertrauenswürdigkeit sprechen sie auch den Akteuren zu. Und dieser Effekt, dass ich was gut verstanden habe, weil es unterhaltsam war, führt natürlich auch dazu, dass ich eventuell den Aufwand, den kognitiven Aufwand, runterschraube und ich dann nur die Illusion habe, dass ich etwas verstanden habe, weil es eben so nett unterhaltsam war."

Faktenwissen bleibt besonders hängen

Die Studienergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass sich Faktenwissen auf YouTube am besten vermitteln lässt. Strukturwissen, also komplexe Zusammenhänge, bleibt bei den Zuschauern weniger gut hängen – und wenn, dann vor allem dank narrativer Erklärvideos, die wiederum weniger häufig geklickt werden.
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Warum die Nutzung von öffentlich-rechtlichen Videos schwierig bleibt
Wenn Lehrkräfte die "Sendung mit der Maus" im Unterricht zeigen wollen, müssen sie erst aufwendig die Rechte klären. Ein Bündnis fordert deswegen mehr freie Lizenzen für Wissens- und Bildungsvideos von ARD und ZDF.
Einen großen Vorteil von YouTube sieht Bucher im Austausch mit der Community – eine Disziplin, die Science Influencer laut der Studie sehr viel besser beherrschen als die meisten Forschungseinrichtungen. Als der Medienwissenschaftler die Kommentarspalten unter Wissenschaftsvideos auswertete, fand er viele inhaltliche Sachbeiträge und nur wenige Beleidigungen und Nonsens. Das deckt sich mit den Erfahrungen von YouTuber Jacob Beautemps:
"Wenn wir irgendetwas falsch machen, dann kann man sich sicher sein, dass unter den ersten drei Top-Kommentaren ein Kommentar ist, der sagt: "Hey, an der Stelle 3‘20 habt ihr irgendwie Euch versprochen, das müsste irgendwie zehn hoch elf sein und nicht zehn hoch neun oder so was."