
US-Präsident Donald Trump treibt den Plan „Project 2025“ voran. Er will den Staat umbauen und seine Macht ausweiten – auch auf Kosten der Wissenschaft. Bereits in den ersten Wochen seiner zweiten Amtszeit kürzt er per präsidentieller Verordnung die Mittel von Hochschulen und Forschungsbehörden. Wissenschaftler werden entlassen. Ganze Forschungsfelder stehen womöglich vor dem Aus. Die Folgen reichen über die USA hinaus.
Inhalt
- Wie führt Trump seinen Kampf gegen die Wissenschaft?
- Welche Folgen haben die Kürzungen für die Wissenschaft in den USA?
- Welche globalen Auswirkungen hat Trumps Politik auf die Wissenschaft?
- Wie wehren sich Wissenschaftler und Organisationen?
- Wie könnte die Unabhängigkeit der Wissenschaft dauerhaft geschützt werden?
Wie führt Trump seinen Kampf gegen die Wissenschaft?
Schon in seiner ersten Amtszeit zensierte Trump Forschung, kürzte Budgets und setzte politische Vorgaben durch. Jetzt verschärft er den Kurs, wie die Plattform Silencing Science-Tracker der Columbia University zeigt. Noch nie gab es mehr Dekrete und Drohungen gegen die Wissenschaft als in den ersten Wochen von Trumps zweiter Amtszeit, so Jennifer Jones von der Union of Concerned Scientists.
Schon am Tag seiner Amtseinführung verbot Trump per Verordnung alle DEI-Programme (Diversity, Equity, Inclusion). Es blieb nicht dabei: Eine Liste verbotener Begriffe wie Diversity, Transgender oder Covid wird genutzt, um selbst bereits bewilligte Forschungsprojekte zu prüfen. Wer diese Wörter verwendet, riskiert den Entzug von Fördergeldern oder ein Arbeitsverbot.
Kürzungen und Stellenabbau
Angestellte von Bundesbehörden berichten von Loyalitätstests. Auf den Websites staatlicher Behörden wurden sämtliche Hinweise auf den Klimawandel entfernt. Die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) löschten wichtige Gesundheitsdaten.
Neben Budgetkürzungen streicht die Regierung Stellen in zentralen Forschungseinrichtungen. Einige Beispiele: 65 Prozent der Angestellten der Umweltschutzbehörde sollen ihre Stellen verlieren. Bei der US-Wissenschaftsstiftung NSF sollen 50 Prozent der Stellen gestrichen werden und bei der Klimaschutzbehörde NOAA sollen laut BBC mehr als 880 Mitarbeitenden gekündigt werden.
Beim National Institutes of Health (NIH), einem der größten medizinischen Forschungsinstitute der USA, verlieren rund 1165 Forschende ihre Jobs. Kündigungen aufgrund angeblich unzureichender Performance erfolgen zum Teil fristlos und trotz als „exzellent“ bescheinigter Leistung.
Welche Folgen haben die Kürzungen in den USA?
In den USA fördert die Regierung Forschung mit Zuschüssen, die neben der Studie auch indirekte Kosten wie Labore und Verwaltung abdecken. Bisher machten diese 50 Prozent der Förderung aus.
Die neue Regelung der US-Regierung senkt den Anteil auf 15 Prozent. Das könnte bis zum Fiskaljahresende ein Loch von bis zu fünf Milliarden US-Dollar in die Universitätsbudgets reißen. Besonders öffentliche Hochschulen sind betroffen: Manche müssen Forschungsprogramme kürzen, andere die Studiengebühren erhöhen.
Trumps Strategie: Chaos, Verwirrung, Einschüchterung
Jennifer Jones von der Union of Concerned Scientists sieht in Trumps Vorgehen eine gezielte Strategie: „Chaos zu säen, Verwirrung zu stiften, Wissenschaftler einzuschüchtern.“ Die Einschränkungen bedrohen unter anderem das Gesundheitswesen – von der Bekämpfung von Pandemien wie der Vogelgrippe bis zur Überwachung der Luft- und Wasserqualität. Jeffrey Flier, ehemaliger Dekan der Harvard Medical School, warnte auf X, die NIH-Kürzungen würden „Chaos verursachen und der biomedizinischen Forschung sowie Forschern in Krankenhäusern, Schulen und Instituten im ganzen Land schaden".
Laut US-Politikwissenschaftler Daniel Ziblatt gibt es belastbare Erhebungen, die zeigen, dass Institutionen und Behörden mit einem progressiven Ruf mit viel größerer Wahrscheinlichkeit von den Einschnitten betroffen sind. Trump gehe es nicht primär um Einsparungen oder um Effizienz, er wolle politische Gegner mundtot machen, einschüchtern und ausschalten. Das seien klare Hinweise, dass Trump ein Autokrat ist, der an einer Gleichschaltung öffentlicher Institutionen arbeite, so Ziblatt.
Politische Einflussnahme
Dass die Unabhängigkeit der Wissenschaft durch politische Einflussnahme bedroht wird, zeigt sich auch in Trumps Personalentscheidungen. So soll der Geschäftsmann und Milliardär Jared Isaacman neuer NASA-Chef werden. Er ist Investor bei SpaceX, dem Raumfahrtunternehmen von Elon Musk. Das erhält NASA-Gelder - ein Interessenkonflikt, denn Isaacman würde über Mittel für ein Unternehmen entscheiden, an dem er selbst beteiligt ist.
Zum Gesundheitsminister ernannte Trump Robert F. Kennedy Jr., einen bekannten Impfskeptiker. Die Technologiepolitik übernimmt David Sacks, ein Anwalt und Risikokapitalgeber. Wissenschaftsberater des Präsidenten wird Michael Kratzius, ein Unternehmer ohne naturwissenschaftlichen Hintergrund, der ein Silicon-Valley-Unternehmen für künstliche Intelligenz leitet. Laut Physiker und Wissenschaftspolitik-Experte Michael Lubell setzt Trumps Regierung vor allem auf KI und Kryptowährungen: „Das zählt bisher als Wissenschaft für die Regierung.“
Einziger Wissenschaftler unter Trumps Spitzenpersonal ist Jay Bhattacharya, der die National Institutes of Health (NIH) leiten soll. Doch auch er ist in der Kritik: Während der Coronapandemie vertrat er Außenseitermeinungen, in der Fachwelt gilt er als wenig angesehen.
Welche globalen Auswirkungen gibt es?
Die globale Wissenschaftscommunity betrachtet die Entwicklung in den USA mit Entsetzen. Trumps Politik erschwert unter anderem den internationalen Austausch. Die USA sind einer der wichtigsten Kooperationspartner der Max-Planck-Gesellschaft und das gilt für viele in Europa, sagt Max-Planck-Präsident Patrick Cramer.
Milliardenkürzungen in der Gesundheitsforschung und der US-Ausstieg aus der WHO gefährden den weltweiten Kampf gegen Aids, Malaria und Tuberkulose.
Auch in der Klimapolitik zieht sich die Regierung weiter zurück. Die USA sind aus dem Pariser Abkommen ausgetreten und stoppen nun die Teilnahme von US-Wissenschaftlern an UN-Klimabewertungen. Dadurch fehlen sie bei einer zentralen Sitzung des Weltklimarats (IPCC) in China – ein Rückschlag für internationale Zusammenarbeit und Klimaforschung.
Wie wehren sich Wissenschaftler in den USA?
Die meisten Wissenschaftsorganisationen halten sich bedeckt, bislang fehlt eine koordinierte Reaktion. Einzelne Stimmen melden sich zu Wort: So erklärte etwa die Gesellschaft für Meteorologie ihre Solidarität mit Betroffenen.
Die American Association for the Advancement of Science (AAAS) warnt vor Angriffen auf wissenschaftliche Werte. Besonders bei den laufenden Haushaltsverhandlungen sei Widerstand entscheidend, da bis Mitte März weitere Kürzungen drohen. Passend dazu ruft auch der Chefredakteur der Zeitschrift "Science" in einem Artikel zum Zusammenhalt auf.
Auch private Wissenschaftsorganisationen fürchten um ihre Finanzierung. Die Gesellschaft für Mikrobiologie löschte vorsorglich Artikel etwa zum Thema Vielfalt; nach Kritik stellte sie sie wieder online. Auf der Website steht jetzt auch ein Statement, in der sich die Gesellschaft klar zu Vielfalt, Inklusion und Teilhabe bekennt.
Auch die National Academies entfernten ihren Fünf-Jahres-Plan für Vielfalt, Teilhabe und Inklusion und strichen bestimmte Begriffe aus Studien. Dagegen haben 100 Mitglieder in einem offenen Brief protestiert.
Widerstand wächst
Trotz Zurückhaltung großer Organisationen wächst der Protest. Auf der AAAS-Tagung gründeten Doktoranden die Bewegung "Stand Up for Science", die unter anderem eine Demonstration am 7. März 2025 plant. Entlassene Wissenschaftler klagen gegen ihre Kündigungen, unterstützt von Gewerkschaften.
Wie kann die Unabhängigkeit der Wissenschaft geschützt werden?
„Die Wissenschaft muss unabhängig sein von Einflussnahme", sagt Jennifer Jones von der Union of Concerned Scientists: "Jene, die sie betreiben, müssen mit dem Rest der Welt kommunizieren können.“ Um diese Unabhängigkeit zu schützen, haben einige US-Regierungsbehörden in der Vergangenheit spezielle Science Integrity Policies eingeführt, Richtlinien zum Schutz wissenschaftlicher Integrität.
Doch bisher fehlt eine gesetzliche Verankerung. Daher setzt sich ihre Organisation für eine dauerhafte Lösung ein. „Wir hoffen, dass der US-Kongress in naher Zukunft eine neue Gesetzesvorlage zur wissenschaftlichen Unabhängigkeit einbringt: den Scientific Integrity Act“, sagt Jones.
Das Gesetz würde wissenschaftliche Behörden und ihre Mitarbeitenden vor staatlicher Einflussnahme schützen. „Ich hoffe, wir werden schon sehr bald eine neue Entwicklung sehen hinsichtlich des neuen Scientific Integrity Act.“
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