Beim Fleischverzehr standen lange bestimmte Zubereitungsformen als risikoreich im Fokus: Grillen, scharf Anbraten, Pökeln – als Quellen für krebserregende Nitrosamine und Kohlenwasserstoffe. Problematisch in dieser Hinsicht sind aber nicht Fisch und Geflügel, sondern rotes, also Rindfleisch. Auch in anderer Hinsicht vermutet der Medizin- Nobelpreisträger Harald zur Hausen: Viren in rohem oder nicht durchgebratenem Rindfleisch könnten Dickdarmkrebs mit verursachen. Belege gibt es noch nicht, betont der 77-Jährige. Und er rate auch nicht generell von Fleisch ab. Aber:
"Das, was ich vorsichtig sagen würde, ist, Sie sollten Ihren rohen Fleischkonsum und nicht gut durchgebratenen Fleischkonsum reduzieren. Dafür haben wir keine ganz eindeutig harten Belege, dass dem so ist, aber die Verdachtsmomente sind aus meiner Sicht hinreichend, um zu empfehlen, dass das nicht intensiv gemacht werden sollte."
Unter Verdacht stehen also: Roastbeef, Tatar, Carpaccio, nicht durchgebratene Steaks und luftgetrockneter Schinken. Unter positivem Verdacht, vor Krebs zu schützen, standen lange roher Brokkoli, überhaupt Obst und Gemüse. Klar nachweisen konnte die große europäische Bevölkerungsstudie Epic deren vorbeugende Wirkung nicht. Doch immer noch führen Forscher Indizien dafür an, dass insbesondere Brokkoli-Sprossen gegen Krebs wappnen. Auch grüner Tee, gläschenweise über den ganzen Tag verteilt getrunken, könnte schützen. Vielleicht. In der Frage, was schadet, weiß man dagegen mehr, so Epic-Studienleiter Rudolf Kaaks vom Deutschen Krebsforschungszentrum. Zum Beispiel:
"Dass Alkohol Krebsrisiko steigernd wirkt, für einige Krebsarten – Mundhöhle, Speiseröhre – extrem stark, vor allem in Zusammenhang mit Rauchen. Da können die Risiken bis zu 100-fach erhöht sein."
Etwas geringer wirkt sich Alkoholkonsum auf Brust- und Darmkrebs aus. Auf Tabak verzichten, Bier und Wein nicht täglich konsumieren und es – wenn überhaupt - bei einem Glas belassen, rät der aus Holland stammende Forscher. Alkohol macht dick, genauso wie Softdrinks und fettes, süßes Essen.
"Übergewicht ist ein sehr deutlicher Risikofaktor nicht nur für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern auch für Krebs. Das wird sogar immer deutlicher. Die Krebsarten, die am stärksten mit Übergewicht zusammenhängen, sind Gebärmutterkrebs bei Frauen."
Um das Drei-bis Vierfache erhöht Übergewicht das Erkrankungsrisiko dafür. Etwas geringer für Darmkrebs und andere Krebsarten, deren Liste immer länger wird, beobachtet Professor Kaaks. Und sein Kollege Stephan Herzig ergänzt als Stoffwechsel-Experte: Übergewicht überhole die anderen Risikofaktoren und avanciere zum wichtigsten:
"Das Problem ist, dass es zu massiven Änderungen in unserem Hormonhaushalt kommt, wie zum Beispiel erhöhten Insulinspiegeln, die normalerweise gut sind, weil wir unseren Blutzuckerspiegel dadurch senken können, aber Insulin ist eben auch ein Wachstum förderndes Hormon. Und wenn man da sehr hohe Spiegel hat, führt das auch dazu, dass ein vorhandener Tumor schneller und besser wachsen kann."
Übergewicht - ein chronisch entzündlicher Zustand.
"Gleichzeitig wissen wir, dass natürlich Entzündungsreaktionen extrem wichtig sind für Tumor-Erkrankungen, und das sind zwei Beispiele, wo man ganz unmittelbar einen Bogen schlagen kann zwischen Übergewicht, den Veränderungen im Hormon-Stoffwechsel, im Entzündungsstatus des Körpers, und Tumor-Erkrankung."
Wer träge ist, nimmt zu, und Speck auf den Hüften macht wiederum träge. Treppe statt Aufzug, Fußmarsch oder Strampeln auf dem Rad statt Autofahren auch auf Kurzstrecken lässt den Teufelskreis gar nicht erst entstehen. Übergewicht zu vermeiden, halten die Wissenschaftler für besser, als sich vergeblich abzumühen, es wieder loszuwerden. Internationale Studien zeigen laut Professor Kaaks,
"... dass mehr Bewegung zu niedrigeren Risiken führt von Darmkrebs, Brustkrebs und wahrscheinlich auch weiteren Krebsarten."
Ernährungstipps für Erkrankte haben die Forscher nicht parat. Die Zusammenhänge sind kompliziert, eine heilende Krebsdiät kennt niemand. Doch zunehmend setzen Therapeuten auch im Krankheitsfall auf die körperlich und psychisch wohltuenden Effekte von Alltagsbewegung und Sport.
Zusatzinformation:
Fragen beantwortet der Krebsinformationsdienst (des DKFZ) täglich von 8 bis 20 Uhr kostenfrei unter 0800-420 30 40, Mail: krebsinformationsdienst@dkfz.de. Weitere Informationen finden Sie auch unter www.krebsinformationsdienst.de.