Virologen, Infektiologinnen und Epidemiologinnen sind die neuen Stars in Talkshows. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind nicht nur gern gesehene Gäste bei Maischberger und Co, ihre Konterfeis finden sich auch auf T-Shirts und anderen Gebrauchsgegenständen. Die Punkband ZSK und der Klavierkabarettist Bodo Wartke haben Christian Drosten sogar Songs gewidmet.
Soziale Medien als Erfolgsbooster
Die meisten Forscher arbeiten immer noch im Verborgenen, stehen nicht im Licht der Öffentlichkeit, denn "zum Star gehört das Besondere, die Präsenz und ein bisschen Inszenierung", erklärte der Medienpsychologe Frank Schwab im Dlf. Derzeit seien die Virologinnen und Virologen, "die uns die Welt erklären und einige haben eine große Präsenz in den Medien".
Obwohl Christian Drosten nur noch selten in Talkshows im Fernsehen auftaucht, ist er der Bekannteste, was unter anderem an seiner Präsenz in den sozialen Medien liegt. "Da sind oft jüngere Rezipienten mit einer Neigung, eine Art Fankult zu entwickeln."
Virologe als Starschnitt
Aber auch die Auftritte im Fernsehen führen bei vielen Menschen dazu, dass sie eine Art soziale Beziehung entwickeln. "Diese Leute sind wie Nachbarn, wie ein guter Freund, teilweise auch ein Schwarm."
Die Beziehung zu den Virologinnen und Virologen könne sogar durchaus romantisch geprägt sein und "es würde mich nicht so sehr wundern, wenn es auch einen Starschnitt gibt, wo ein Virologe auftaucht."
Das ganze Interesse sei ein bisschen ulkig für Wissenschaftler, sagte Medienpsychologe Schwab, denn der "öffentliche Diskurs ist ganz anders als der wissenschaftliche, es gibt andere Dinge zu beachten, andere Kränkungen."
Dennoch sei es auch für Wissenschaftler schön: "Wenn der eigene Narzissmus bedient wird und man freut sich, wenn der Scheinwerfer ab und zu auf einen gerichtet ist."
Weniger Wissenschaftsverachtung
Dennoch werde das Interesse mit dem Ende der Pandemie an den derzeit so gefeierten Virologinnen und Virologen abnehmen und dies im Zweifel für den ein oder anderen schmerzhaft sein, glaubt Schwab:
"Es wäre toll, wenn Wissenschaftsverachtung, Wissenschaftsunkenntnis abnehmen würden und diese Personen es relativieren könnten und es in die Öffentlichkeit tragen könnten, sodass Wissenschaft ihre Kraft dann auch entfalten kann.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.