Ralf Krauter: Informationen und Einschätzungen von Dagmar Röhrlich. Vielen Dank. Am Telefon mitgehört hat Birger Lühr. Er ist Geophysiker und Experte für Erdbebenrisiken und Frühwarnung beim Deutschen GeoForschungsZentrum in Potsdam. Herr Lühr, wie intensiv verfolgen Sie und Ihre Kollegen diesen Prozess derzeit in Italien?
Birger-Gottfried Lühr: Wir sind natürlich auch sehr gespannt, was da letztendlich bei rauskommt und wie Juristen eben mit so einer Thematik und so einem Problem umgehen. Es ist aber nicht so, dass wir da jetzt jeden Tag drauf lauern. Aber insgesamt: Das Ergebnis interessiert uns schon.
Krauter: Können Sie sich denn erklären, was genau da schiefgelaufen ist im Vorfeld des L'Aquila-Bebens? Offenbar ist ja weder bei der Risikobewertung noch bei der Risikokommunikation mit den Menschen alles vorbildlich gelaufen.
Lühr: Vielleicht von der Begrifflichkeit: Unter "Risiko" verstehen wir eigentlich die Verbindung zwischen Gefährdung, Erdbebengefährdung und der Verwundbarkeit, also was Individuen und eben auch die Gesellschaft und Infrastruktur für Schaden nehmen können. Das sind eigentlich zwei verschiedene Dinge. Hier geht es um die Erdbebengefährdung in erster Linie. Und da würde ich eben Frau Röhrlich auch Recht geben, dass in diesem Fall für uns jetzt auch relativ überraschend hier eben seitens der Wissenschaftler eine Verharmlosung betrieben worden ist - zum Teil sogar mit falschen Aussagen. Letztendlich ist es aber auch so, dass natürlich diese, sage ich mal, der Gott in Weiß wie bei den Ärzten und der Glaube an die Wissenschaft natürlich bei den normalen Bürgern auch seine Grenzen finden sollte. Wissenschaftler sind natürlich auch nur Menschen auf der einen Seite. Aber nichtsdestotrotz: Also Fehlmeldung, Falschmeldung und die Instrumentalisierung der Wissenschaft durch die Politik, die gibt's ja auch in anderen Bereichen. Da sollten eigentlich Wissenschaftler schon aufpassen, dass dieses nicht passiert.
Krauter: Ist das denn diese Instrumentalisierung, die ja in diesem eben gehörten Telefonat durchkam? Da wurden Wissenschaftler vor den politischen Karren eigentlich gespannt, um Menschen zu beruhigen. Ist das ein italienisches Problem oder wäre das auch woanders denkbar?
Lühr: Also von politischer Seite jetzt eine Panik ... und wenn jetzt eine gespannte Situation da war, die anscheinend auch wirklich da gewesen ist, weil die Leute ja diese Beben - Magnitude 4 - und auch die entsprechenden Nachbeben... die sind ja spürbar und das haben die Leute gemerkt. Und dadurch ist natürlich eine Unruhe entstanden. Und dass von politischer Seite da versucht wird, eben eine Paniksituation zu vermeiden, das ist verständlich. Nichtsdestotrotz haben wir Wissenschaftler die Aufgabe, so aufzuklären und die Informationen zu rüberzubringen, wie wir sie eben auch selber mit unserem bisschen Wissen, sage ich mal, verstehen und nicht versuchen, eben da die Interessen der Politik zu vertreten und Dinge anders darzustellen als wir sie eigentlich wirklich unterschreiben können.
Krauter: Das ist natürlich im Einzelfall eine schwierige Gratwanderung. Könnte es denn sein, dass sich Seismologen künftig weigern, offizielle Risikoeinschätzungen abzugeben - aus Angst vor den möglichen Konsequenzen, die da drohen könnten?
Lühr: Ich denke nicht. Denn nochmal: Es geht hier darum, was für Statements man abgibt. Wenn man sachliche Informationen gibt, wenn man sozusagen mit den Füßen am Boden nur das rüberbringt, was man eben selber weiß und wie man eben die Situation einschätzt, dann sehe ich da keine Gefahr. Aber wenn eben da andere Interessen vertreten werden - da kann man auch andere Felder nehmen, Klima oder ähnliche Dinge, die eben im Interesse sage ich mal von anderen, in diesem Fall von Politikern stehen - dann wird's gefährlich. Das sollte man eben nicht tun. Das ist eine Lehre, die man auf jeden Fall daraus ziehen sollte.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Birger-Gottfried Lühr: Wir sind natürlich auch sehr gespannt, was da letztendlich bei rauskommt und wie Juristen eben mit so einer Thematik und so einem Problem umgehen. Es ist aber nicht so, dass wir da jetzt jeden Tag drauf lauern. Aber insgesamt: Das Ergebnis interessiert uns schon.
Krauter: Können Sie sich denn erklären, was genau da schiefgelaufen ist im Vorfeld des L'Aquila-Bebens? Offenbar ist ja weder bei der Risikobewertung noch bei der Risikokommunikation mit den Menschen alles vorbildlich gelaufen.
Lühr: Vielleicht von der Begrifflichkeit: Unter "Risiko" verstehen wir eigentlich die Verbindung zwischen Gefährdung, Erdbebengefährdung und der Verwundbarkeit, also was Individuen und eben auch die Gesellschaft und Infrastruktur für Schaden nehmen können. Das sind eigentlich zwei verschiedene Dinge. Hier geht es um die Erdbebengefährdung in erster Linie. Und da würde ich eben Frau Röhrlich auch Recht geben, dass in diesem Fall für uns jetzt auch relativ überraschend hier eben seitens der Wissenschaftler eine Verharmlosung betrieben worden ist - zum Teil sogar mit falschen Aussagen. Letztendlich ist es aber auch so, dass natürlich diese, sage ich mal, der Gott in Weiß wie bei den Ärzten und der Glaube an die Wissenschaft natürlich bei den normalen Bürgern auch seine Grenzen finden sollte. Wissenschaftler sind natürlich auch nur Menschen auf der einen Seite. Aber nichtsdestotrotz: Also Fehlmeldung, Falschmeldung und die Instrumentalisierung der Wissenschaft durch die Politik, die gibt's ja auch in anderen Bereichen. Da sollten eigentlich Wissenschaftler schon aufpassen, dass dieses nicht passiert.
Krauter: Ist das denn diese Instrumentalisierung, die ja in diesem eben gehörten Telefonat durchkam? Da wurden Wissenschaftler vor den politischen Karren eigentlich gespannt, um Menschen zu beruhigen. Ist das ein italienisches Problem oder wäre das auch woanders denkbar?
Lühr: Also von politischer Seite jetzt eine Panik ... und wenn jetzt eine gespannte Situation da war, die anscheinend auch wirklich da gewesen ist, weil die Leute ja diese Beben - Magnitude 4 - und auch die entsprechenden Nachbeben... die sind ja spürbar und das haben die Leute gemerkt. Und dadurch ist natürlich eine Unruhe entstanden. Und dass von politischer Seite da versucht wird, eben eine Paniksituation zu vermeiden, das ist verständlich. Nichtsdestotrotz haben wir Wissenschaftler die Aufgabe, so aufzuklären und die Informationen zu rüberzubringen, wie wir sie eben auch selber mit unserem bisschen Wissen, sage ich mal, verstehen und nicht versuchen, eben da die Interessen der Politik zu vertreten und Dinge anders darzustellen als wir sie eigentlich wirklich unterschreiben können.
Krauter: Das ist natürlich im Einzelfall eine schwierige Gratwanderung. Könnte es denn sein, dass sich Seismologen künftig weigern, offizielle Risikoeinschätzungen abzugeben - aus Angst vor den möglichen Konsequenzen, die da drohen könnten?
Lühr: Ich denke nicht. Denn nochmal: Es geht hier darum, was für Statements man abgibt. Wenn man sachliche Informationen gibt, wenn man sozusagen mit den Füßen am Boden nur das rüberbringt, was man eben selber weiß und wie man eben die Situation einschätzt, dann sehe ich da keine Gefahr. Aber wenn eben da andere Interessen vertreten werden - da kann man auch andere Felder nehmen, Klima oder ähnliche Dinge, die eben im Interesse sage ich mal von anderen, in diesem Fall von Politikern stehen - dann wird's gefährlich. Das sollte man eben nicht tun. Das ist eine Lehre, die man auf jeden Fall daraus ziehen sollte.
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