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Wissenschaftsrat
Zu viele spezielle Studiengänge?

Warum nicht Wein-Bachelor werden oder angewandte Sexualwissenschaft studieren? Es gibt auch ein Studium des Coffeemanagments, der Kosmetikwissenschaften oder Technische Kybernetik. Rund 18.000 Studiengänge gibt es in Deutschland und es werden immer mehr. Der Wissenschaftsrat beklagt einen Wildwuchs an Studiengängen in Deutschland.

Von Susanne Lettenbauer |
    Studenten sitzen in einem Hörsaal der Universität Koblenz-Landau
    Die jetzt vom Wissenschaftsrat vorgelegte Zahl von 18.000 Studiengängen, Tendenz steigend, sei Ausdruck einer Selbstverantwortung der Hochschulen. (picture alliance / dpa / Thomas Frey)
    "Naja ich meine, die Hochschulen versuchen, das ist ja auch Teil des Gedankens der Autonomie, interessante, attraktive Angebote zu machen. Ich sehe das erst mal nicht als das zentrale Problem, das muss jede Hochschule selbst verantworten, welche Studiengänge sie anbietet."
    Münchens Präsident der Ludwig-Maximilians-Universität Bernd Huber gibt sich gelassen. Die jetzt vom Wissenschaftsrat vorgelegte Zahl von 18.000 Studiengängen, Tendenz steigend, sei Ausdruck einer Selbstverantwortung der Hochschulen. Wenn man genau hinschaue, würden sich die Studiengangsinhalte ja sowieso stellenweise doppeln. Das sei die Folge des Bologna-Prozesses. Damit ist er sich mit vielen Hochschulchefs auf dem Münchner Hochschulsymposium einig:
    "Es ist im Übrigen natürlich so, dass man auch sagen mus, im Zuge der Bologna-Reform jetzt erst mal vieles an Studiengängen eingerichtet wird und sicherlich wird man sich irgendwann die Frage stellen müssen, ist jedes dieser Studienangebote sinnvoll und muss das aufrechterhalten werden oder kann das modifiziert werden."
    "Also ich glaube wir brauchen eine Vielfalt der Studiengängen, wir brauchen die Möglichkeit, dass für spezifische Felder auch entsprechende Studiengänge angeboten werden. Ich kann mich aber dieser Wildwuchsformulierung auch ein Stück weit anschließen."
    Vielfalt ja, Beliebigkeit nein. Professorin Ursula Waltenhorst von der Uni Osnabrück begrüßt generell die Vielfalt an Studiengängen an deutschen Hochschulen. Sie wägt aber auch ab: Die unübersichtliche Zahl von Studiengängen in Deutschland übersteige oftmals den Bedarf. Das kenne sie aus ihrem Fach, der Medizin. Da seien in den vergangenen Jahren Angebote entstanden, die Studienanfänger verunsichern würden, was tatsächlich hinter dem Studium steckt.
    Kritisch hinsehen
    Der Vorschlag der Osnabrücker Medizinprofessorin: Nach dem Wildwuchs jetzt eine gewisse Eigenbeschränkung der Unis empfehlen:
    "Man muss schon sehr gut hingucken, wenn es um neue Studiengänge geht. Also ich glaube, man wird jetzt nicht einfach die Studiengänge reduzieren können, aber wenn es um die Neuentwicklung geht und da sehe ich die Akkreditierungsagenturen auch immer als ein mögliches Korrektiv, dann muss man kritisch hinsehen."
    Der Warner vor dem Angebotswildwuchs an deutschen Hochschulen ist Manfred Prenzel, Vorsitzender des Wissenschaftsrates. Als beratendes Gremium mache man sich derzeit Sorgen, wohin diese Entwicklung führen wird:
    "Der Wissenschaftsrat hat immer empfohlen, Bachelor eher immer breit anzulegen, damit eine gute Grundlage zu schaffen, die anschlussfähig ist für weitere Studien aber auch für Tätigkeiten im Arbeitsmarkt. Aber die sollten nicht zu spezialisiert sein, weil der Arbeitsmarkt auch nicht einfach prognostizierbar ist. Wir wissen nicht welche Anforderungen in fünf oder zehn Jahren gestellt werden."
    Universale Bildung war gestern
    Wenn ein Studiengang "ausschließlich auf spezifische berufliche Tätigkeiten oder sogar konkrete Arbeitsplätze hin ausgerichtet" sei, so der Wissenschaftsrat, könne man nicht mehr von Hochschulbildung sprechen. Universale Bildung war gestern. Man versuche schon dagegen anzusteuern, sagt Prenzel, vor allem bei der Akkreditierung der Studiengänge:
    "Also es gibt ja bereits Ansätze gerade bei der Systemakkreditierung, dass man eben bei Hochschulen, die eine Systemakkreditierung anstreben, von ihnen eben auch einen bestimmten kritischen Blick erwartet auf das, was sie als Studienangebot entwickeln und in dieser Hinsicht kann ich mir vorstellen, dass es schon auch Gestaltungsmöglichkeiten gibt, die über den Rat hinausgehen."
    Beate Schücking; die Rektorin der Uni Leipzig sieht ein wenig auch die Politik in der Verantwortung. In Deutschland werde eine Vielfalt an Angeboten gefordert. Profilierung heißt das Zauberwort, auch wenn Abiturienten nicht mehr genau wüssten, was sie mit ihrem Studium eigentlich hinterher anfangen können:
    "Profilierung ist ja auch etwas, was auch politisch gewünscht wird, wie sollen wir es denn tun, wenn nicht in unseren hoheitlichen Gebieten, Lehre und Forschung. Und hier reden wir über die Lehre."
    Wildwuchs an deutschen Hochschulen? Es gibt Stimmen, die das ganz anders sehen. Gunilla Budde, Vizepräsidentin der Uni Oldenburg würde die Diskussion nicht so hochhängen:
    "Also es gibt keinen Wildwuchs an den Universitäten. Jeder Studiengang muss ja sehr geprüft werden, das ist ein langer Prozess. Da gibt es ganz viele Reglementierungen, die das verhindern würden und einen Studiengang einfach so einzurichten, das geht schlichtweg nicht. Wildwuchs ist das falsche Wort."