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Bundesverkehrsminister Wissing (FPD)
"Ich plane keine Abwrackprämie oder eine höhere E-Mobilitätsprämie"

Er schließe eine „absurd hohe Förderung“ für den Kauf von E-Fahrzeugen und Abwrackprämien aus, dementierte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) im Dlf entsprechende Medienberichte. Er strebe vielmehr einen Umstieg auf eine klimaneutrale Mobilität mit Hilfe marktwirtschaftlicher Anreize an.

Volker Wissing im Gespräch mit Moritz Küpper |
Volker Wissing während der Präsentation des ICE 3neo der Deutschen Bahn.
Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Verkehr und Digitales (picture alliance / dpa / Fabian Sommer)
"Mein Haus hat weder irgendwelche Vorschläge gemacht, noch plane ich eine Abwrackprämie und eine höhere E-Mobilitätsprämie", sagte Wissing in den Informationen am Morgen. Die Berichterstattung könne er sich nicht erklären. Das „Handelsblatt“ hatte geschrieben, Wissing plane, anders als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen), die Bundesbürger mit massiven Zuschüssen zum Kauf von E-Autos zu bewegen. Umweltverbände und Vertreter aus den Reihen der Koalitionspartner SPD und Grüne hatten darauf mit Kritik reagiert.

Mehr Zusammenarbeit in der Cybersicherheit wegen Ukraine-Krieg

Wissing, der in der Bundesregierung auch für das Ressort Digitales zuständig ist, forderte zudem vor der Digitalministerkonferenz der G7-Staaten im Hinblick auf den Ukraine-Krieg mehr internationale Zusammenarbeit bei der Cybersicherheit. Er plädiere für ein gemeinsames und geschlossenes Vorgehen. "Cyberangriffe sind jederzeit möglich. Die Abwehr von Cyberangriffen ist eine Daueraufgabe, der wir uns gemeinsam stellen wollen und müssen", sagte der FDP-Politiker. Dazu müssten die Staaten mit gemeinsamen Wertevorstellungen modernste Systeme einsetzen und diese untereinander austauschen.

Küpper: Herr Wissing, was kann Deutschland der Ukraine im Bereich Cyber überhaupt anbieten?
Wissing: Dieser Überfall Russlands auf die Ukraine hat uns alle erschüttert und er hält uns auch weiterhin im Bann. Deswegen war klar, dass wir das Thema Cyber-Sicherheit und Sicherheit auch der Netzinfrastruktur heute aufsetzen. Der ukrainische Kollege ist auch zugeschaltet. Wir wollen einen unmittelbaren Eindruck bekommen, wie die Situation in der Ukraine sich darstellt, und wir wollen auch ein klares Signal in Sachen Cyber-Sicherheit und Selienz senden.

Geschlossenes Vorgehen beim Thema Netzsicherheit

Küpper: Nach Ihrer Einschätzung – wir sehen da Bilder von einem sehr herkömmlichen Krieg. Welche Rolle spielt dieser Bereich Cyber in diesem Konflikt?
Wissing: Das Internet und die digitale Infrastruktur spielen eine große Rolle. Wir wissen alle, dass wir auf Digitalisierung angewiesen sind. Viele Dinge sind bereits digitalisiert und damit sind wir auch verletzbar an einer Stelle, die gravierende Folgen haben kann. Deswegen brauchen wir hier Netzsicherheit und brauchen auch ein gemeinsames und entschlossenes Vorgehen.
Küpper: Wo gibt es denn da bereits Angriffe?
Wissing: Cyber-Angriffe sind jederzeit möglich und wir sind auch in diesen Zeiten besonders vorsichtig, um unsere sensible Infrastruktur zu schützen. Die Abwehr von Cyber-Angriffen ist eine Daueraufgabe, der wir uns gemeinsam stellen wollen und auch stellen müssen.
Küpper: Die Bundesregierung hat hierzulande eine Serie von Cyber-Angriffen auf deutsche Behörden und Ministerien bestätigt. Es sollen aber keine Schäden entstanden oder Daten abgeflossen sein. Eine russische Gruppe hatte sich zu den Taten bekannt. Nimmt das zu, dieses Phänomen?
Wissing: Eindeutig ja, und deshalb müssen auch die Abwehrsysteme gestärkt werden, und das können wir gemeinsam am besten auf den Weg bringen. Wir haben gemeinsame Wertevorstellungen. Uns verbinden die Werte der Demokratie, der Verteidigung der Freiheit, der Meinungsfreiheit, und deswegen ist es wichtig, dass wir hier uns eng abstimmen und mit großer Geschlossenheit vorgehen.

Sensible Infrastruktur schützen

Küpper: Wie stärkt man sich da gegenseitig?
Wissing: Indem man sich austauscht, indem man die gegenseitigen Systeme sich auch zur Verfügung stellt und indem man modernste Technologien miteinander teilt.
Küpper: Geht das so weit, dass man gemeinsame Armeen schafft?
Wissing: Hier geht es ja nicht nur um eine militärische Frage, sondern die Cyber-Abwehr ist auch eine Frage, die wir uns außerhalb von Seiten des Krieges stellen müssen. Unsere sensiblen Infrastrukturen werden zunehmend digital. Wir sind in Deutschland dabei, beispielsweise die Bahn immer stärker zu digitalisieren. Das bedeutet natürlich, dass die Infrastruktur, wenn man sich ein Stellwerk anschaut, dann auch immer Gegenstand von Cyber-Angriffen sein kann. Aus der Ferne kann man in diesen Fällen großen Schaden anrichten und deswegen ist es so wichtig, dass wir gewappnet sind, dauerhaft, und immer auf dem neuesten Stand.
Küpper: Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD will im Zuge dieser Auseinandersetzung, dieser Angriffe aus der Ferne, wie Sie es gerade genannt haben, Hackbacks erlauben, Gegenschläge. Wie stehen Sie dazu?
Wissing: Das muss man sich im Einzelfall anschauen. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass wir dafür sorgen müssen, dass wir hier stark sind und dass wir auch gerade auf der G7-Ebene gemeinsame Wertevorstellungen entwickeln müssen und unsere Überzeugungen in großer Geschlossenheit leben. Das heißt, ich halte Alleingänge in diesem Bereich nicht für gut und bin deswegen sehr motiviert, dass wir heute auf der G7-Digitalministerkonferenz auch gemeinsame Signale senden, indem wir gemeinsame Positionen vereinbaren.

Freier Datenfluss statt Protektionismus

Küpper: Ein Punkt ist ja der Bereich digitale Abschottung. China hat sich mit seinem Netz teilweise schon losgelöst vom Rest der Welt. Russland scheint, das Ganze auch zu planen. Wie wollen Sie da einen Schritt nach vorne in einer globalisierten Welt machen, sprich gleiche Regeln für alle Länder?
Wissing: Das ist eine große Herausforderung. Aber Abschottung kommt nicht in Betracht. Wir wollen keine Summe von Intranetzen haben, sondern wir wollen ein Internet haben, das ganz im Sinne der Erfinder freien Zugang ermöglicht. Wir wollen keinen Protektionismus, sondern freien Datenfluss, und das muss am Ende …
Küpper: Aber Abschottung scheint, angesichts der Weltlage, ja eher wahrscheinlicher zu sein, oder?
Wissing: Wenn wir uns abschotten, dann können wir die Potenziale der Digitalisierung nicht mehr nutzen. Die Digitalisierung basiert auf einem globalen Netzwerk und deswegen brauchen wir den freien Datenfluss. Wir brauchen den freien Datenaustausch, aber natürlich in einem Raum, der Regulierung enthält. Es muss Datenschutz gewährleistet sein und es muss auch eine faire Wettbewerbssituation sichergestellt werden, und dazu brauchen wir internationale Regeln. Die können wir am besten unter G7 abstimmen und dann auch dafür sorgen, dass sie umgesetzt werden und dass das Netz offen bleibt, frei bleibt und gleichzeitig geschützt.

Freier Datenaustausch soll möglich sein

Küpper: Das Netz offen bleibt. – Wir haben über China gesprochen. Es gibt jetzt den Krieg mit Russland und der Ukraine. Es gibt aber auch aus den USA durchaus Anzeichen dafür, dass man dort misstrauisch sein kann. Datensicherheit ist das andere. Es gab auch Spionageangriffe auf die Bundesrepublik. Ist da nicht ein Umfeld von Misstrauen auch gegeben?
Wissing: Selbstverständlich muss man vorsichtig sein und es gibt überhaupt keinen Grund, Russland in irgendeiner Frage noch zu vertrauen. Gleichwohl müssen wir dafür sorgen, dass das Internet ein Raum der Freiheit bleibt. Ansonsten können wir das Potenzial nicht nutzen. Freier Datenaustausch ist sehr wichtig und wenn wir das Internet zu einer Summe von Intranetzen herunterstufen, dann bleiben wir unter unseren Möglichkeiten. Deswegen wollen wir das erreichen, was uns wichtig ist, nämlich die Freiheit im Netz und zugleich die notwendige Sicherheit und das Vertrauen stärken.
Küpper: Können Sie denn den USA und den Tech-Konzernen dort vertrauen?
Wissing: Wir haben gleiche Wertegemeinschaften und brauchen Regeln. Wir vertrauen uns gegenseitig, dass wir die gemeinsamen Regeln einhalten.

Keine Abrwackprämie in Planung

Küpper: Herr Wissing, Sie sind ja nicht nur Digital-, sondern auch Verkehrsminister. Ein Thema noch, das gerade viel diskutiert wird, ist ein Vorschlag, der gestern aus Ihrem Haus kam - so hat es zumindest das Handelsblatt berichtet -, die Förderung von Elektroautos massiv zu erhöhen. Bei Twitter war gestern dann ein erhobener Zeigefinger zu lesen auf Ihrem Twitter-Account. „Nein, das plant er nicht“, haben Sie da zu diesem neuen sogenannten E-Auto-Hammer geschrieben, sprich die Subventionierung für diese elektrischen Autos. Was stimmt denn nun?
Wissing: Das, was ich gesagt habe. Mein Haus hat weder gestern irgendwelche Vorschläge gemacht, noch plane ich eine Abwrackprämie oder eine höhere E-Mobilitätsprämie. Insofern ist damit alles gesagt. Ich kann mir diese Berichterstattung nicht erklären.
Küpper: Sie können nicht erklären, dass das aus Ihrem Haus kommt? Das Handelsblatt hat in dem Fall falsch berichtet?
Wissing: Na ja, zwischen den Ministerien mag auf Arbeitsebene es einen Austausch geben, in dem bestimmte Positionen zur Diskussion gestellt werden. Die Position des Verkehrsministers ist das allenfalls eindeutig nicht.
Küpper: Sie schließen das damit für diese Legislaturperiode aus und verweisen auf das, was im FDP-Wahlprogramm steht, wo es heißt, es sind keine Subventionen in diesem Bereich geplant?
Wissing: Zunächst einmal machen Sie es richtig, indem Sie den Verkehrsminister fragen, was für eine Meinung er hat, und nicht die Meinung des Verkehrsministers veröffentlichen, ohne dass man ihn vorher gefragt hat. Aber zurück zum Kern des Themas: Ich schließe aus, dass wir eine Abwrackprämie einführen. Ich schließe auch aus, dass wir eine absurd hohe Förderung für den Kauf von E-Fahrzeugen einführen, und kann Ihnen ganz klar sagen, dass ich den Umstieg auf klimaneutrale Mobilität durch marktwirtschaftliche Anreize erreichen möchte. Jeder, der mich fragt, bekommt diese Auskunft. Ich empfehle auch generell, bevor man meine Meinung veröffentlicht, mich danach zu fragen.
Küpper: Das konnten wir heute Morgen hier machen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.