Vier Männer in roten Roben singen und spielen auf traditionellen Holzinstrumenten. Ein fünfter gräbt ein Loch in den Sand unter einem großen Baum, füllt es mit Wasser und vollzieht ein langes und kompliziertes Ritual. Die Gruppe sogenannter Witchdoctors soll einen Fluch aufheben, den die Bewohner des kleinen Dorfs Loma für ihre Armut verantwortlich machen. Der Glaube an Hexen, Dämonen und Voodoo ist weit verbreitet in Kenia:
"Ja, es gibt Hexerei. Das ist erwiesen, sie existiert."
Danstone Asalbedi ist allerdings einer der wenigen, die ihre Überzeugung so offen aussprechen. Gerade in Nairobi geben die Menschen sich lieber aufgeklärt und skeptisch:
"Ich hab gehört, dass viele zu den Witchdoctors gehen. Aber ich glaube nicht daran."
Geldschneiderei oder Medizin?
Amkele Baming'a hält die traditionelle Medizin für reine Geschäftemacherei:
"Vielleicht haben Sie ein Problem mit ihrer Hand. Sie gehen zum Witchdoctor und der heilt die Hand, verursacht aber in Problem mit Ihrem Bein. So kommen Sie immer wieder. Das ist ein Geschäft, damit sie Geld zu verdienen."
Was natürlich heißt, dass die Magie doch funktioniert. Das Wartezimmer in einem kleinen Haus in Nakuru ist voll. Junge Paare mit kleinen Kindern, ältere Damen und gut gekleidete Männer sitzen auf den bunt gemusterten Sofas, bis Annet Mutheu Zeit für sie hat.
"Ich habe meine Kräfte von meiner Großmutter geerbt. Wir haben Geister mit der Macht, uns die richtige Medizin zu zeigen."
Damit sind keineswegs nur Kräuterarzneien gemeint. Annet Mutheu demonstriert einen Zauber für untreue Ehemänner: Eine Flasche mit Steinen, einem Ei und Pflanzen darin. Dazu ein phallusartig geschnitztes Holzstück, das man öffnen kann.
"Das ist der Zauber. Wir legen Zettel mit den Namen hinein. Dann machen wir es zu und tun es zu der Flasche. Die alarmiert uns und wir wissen dann, ob er immer noch eine Affäre hat."
In diesem Fall trifft ihn ein Fluch. Über die peinlichen Folgen berichten regelmäßig sogar die Hauptnachrichten im kenianischen Fernsehen:
"Der Moment der Leidenschaft wurde zum Alptraum", sagt der Reporter. "Sie sind steckengeblieben. Das ehebrecherische Pärchen wird - mitten im Liebesakt an strategischer Stelle zusammengehext - quer durch eine johlende Menge Gaffer getragen."
Zu Annet Mutheu, die sie befreit. Solche Berichte bringen sogar bekannte Unternehmen dazu, Magie zu Hilfe zu rufen, wenn es nicht so gut läuft.
Mit Voodoo bei Geschäften nachhelfen
"Ich arbeite für die Supermarktkette Nakumatt. Die Geschäfte in ganz Kenia gehen immer schlechter, wir hatten nicht genug Kunden. Also haben meine Bosse mich gebeten, zu Baba Nyuki zu gehen, damit er unsere Geschäfte ankurbelt. Und jetzt haben wir wieder eine Menge Kunden."
Linda Apiyo hat eine ascheartige Substanz vor dem Eingang des Supermarkts verstreut, die ihr der Witchdoctor gegeben hat. Baba Nyuki - oder zu Deutsch Vater der Bienen - erklärt, dass solche Medizin auch für Politiker auf Wahlstimmenfang funktioniert:
"Ich habe die Macht, Menschen dazu zu bringen, dich zu lieben. Wenn ein Kandidat zu mir kommt, gebe ich ihm Medizin, in der er baden kann oder die er in den Mund nimmt, bevor er mit den Leuten redet. Dann kriegt er definitiv den Sitz, den er will."
Die Presse ist voll mit Berichten über Politiker, die ihrem Wahlkampf mit Voodoo auf die Sprünge helfen. Redakteur Charles Kerich von der Tageszeitung Star:
"Das ist nichts Neues, es passiert dauernd. Viele Leute haben da keine Skrupel. Aber in einigen Regionen ist es politischer Selbstmord, wenn man mit so etwas in Verbindung gebracht wird."
"Wenn 'Hexen' getötet werden, sind Behörden nachsichtig"
Im mehrheitlich christlichen und streng gläubigen Kenia wird Voodoo als Teufelswerk betrachtet. Amkele Baming'a:
"Diese Witchdoctors benutzen satanische Kräfte. Denn Dämonen sind real. Das steht sogar in der Bibel: Mit satanischen Kräften kann man Wunder wirken."
Und das macht Angst. Allein 2015 wurden in Kenias abergläubischer Küstenregion 50 Menschen der Hexerei beschuldigt und getötet. Verdächtig viele von ihnen waren ältere Menschen, deren Verwandten ein größeres Erbe zu erwarten hatten. Teddy Mwambire, der Vizechef des Lokalparlaments:
"Die Regierung tut sehr wenig dagegen, denn wenn eine angebliche Hexe getötet wird, dann sind die Behörden plötzlich sehr nachsichtig mit ihrer Untersuchung. In diesen 50 Fällen wurde niemand verhaftet oder auch nur des Mordes verdächtigt."
Annet Mutheu hält solche Vorwürfe, dass sie satanische Kräfte benutzen könnte, denn auch für vorgeschoben. Sie ist selbst gläubige Christin, sagt sie, und besucht regelmäßig den Gottesdienst:
"Wir halten niemanden davon ab, in die Kirche zu gehen. Denn Gott hat alle Macht. Er hat die Medizin geschaffen, die wir benutzen."