"Ich hatte vor 15 Jahren einen Alte-Musik-Kurs in Holland, in Tilburg bei Rebecca Stuart. Und die Art und Weise, wie sie diese Musik musiziert hat, hat mich so inspiriert, ich war so begeistert und dachte, es kann nur so sein! Und es gibt in Deutschland und Europa kein Festival, das sich dieser Musik widmet. Und dadurch war das die Initialzündung!"
Thomas Höhne, Lautenist und Leiter einer privaten Musikschule in Wittenberg hat mit dem Wittenberger Renaissancemusikfestival tatsächlich, zumindest in Ostdeutschland, eine Marktlücke geschlossen. Es gab vor 15 Jahren bereits mit montalbâne ein sehr profiliertes Festival für die Musik des Mittelalters und es gab zahlreiche Festivals für Barockmusik, Schütz, Bach, Händel, Telemann usw.
"Diese Lücke hat auch dazu geführt, dass wir 15 Jahre durchgehalten haben, und dass es so wachsen konnte."
Thomas Höhne, Lautenist und Leiter einer privaten Musikschule in Wittenberg hat mit dem Wittenberger Renaissancemusikfestival tatsächlich, zumindest in Ostdeutschland, eine Marktlücke geschlossen. Es gab vor 15 Jahren bereits mit montalbâne ein sehr profiliertes Festival für die Musik des Mittelalters und es gab zahlreiche Festivals für Barockmusik, Schütz, Bach, Händel, Telemann usw.
"Diese Lücke hat auch dazu geführt, dass wir 15 Jahre durchgehalten haben, und dass es so wachsen konnte."
Jubiläum mit Einschränkungen und Luther
Das Besondere am Wittenberger Renaissancemusikfestival ist, dass die oft prominenten Gastinterpreten auch als Dozenten tätig sind, im Rahmen der Workshops, die von Anfang an zum Programm gehören. Da hat man sich Alte-Musik-Festivals in den Niederlanden und den USA zum Vorbild genommen. In diesem Jahr musste man allerdings coronabedingt Abstriche machen. So konnte die Grande Dame des englischen Renaissancesangs Emma Kirkby nicht als Interpretin und Dozentin anreisen. Außerdem wurde der traditionelle Renaissancetanzball abgesagt. Davon abgesehen konnte man das Programm durchführen. Wie so oft in den letzten Jahren, sagt Thomas Höhne augenzwinkernd, ergaben sich in der dramaturgischen Planung wieder Bezüge zu Martin Luther.
Thomas Höhne: "Man denkt erst: Dieses Jahr ist Luther nicht dabei – und dann erwischt es einen wieder ganz anders und das ist auch gar nicht so schlimm."
"Er hatte einen Musikinstinkt", sagt der Wittenberger Stadtpfarrer Johannes Block über den Reformator. "Er hatte singende Eltern, er hat das als Schüler erlebt, als Kurrendesänger in der Kirche. Und er scheint auch sehr begabt gewesen zu sein, hat mehrere Instrumente gespielt, unter anderem die Laute."
Motto des Festivals: "Aus den Schatzkammern eines Murmeltiers"
In diesem Jahr lautete das Festivalmotto "Aus den Schatzkammern eines Murmeltiers". Es nimmt, so Leiter Thomas Höhne, deutlich Bezug auf den "Beschützer" Luthers, Kurfürst Friedrich den Weisen, der in Wittenberg residierte.
"Ein Gesandter des Papstes hat Friedrich den Weisen als ein ‚kleines, fettes Murmeltier‘ bezeichnet. Nun, Friedrich der Weise war kein fettes Murmeltier. Er war sehr klug, er förderte Kunst und Kultur und die Bildung, hatte eine eigene Hofkapelle – insofern lohnt es sich, in seinen Schatzkammern zu suchen."
Die Hofkapelle Friedrichs des Weisen war fast so berühmt wie die von Kaiser Maximilian. Ihr Repertoire zur Zeit Luthers war riesig, das lässt sich aus den sogenannten Jenaer Chorbüchern ersehen.
"Es sind Geschenke an Friedrich den Weisen vom Kaiser Maximilian, und er hatte diese bei all seinen Reisen dabei, das ist vor allem liturgische Musik, die darin aufgeschrieben ist."
"Ein Gesandter des Papstes hat Friedrich den Weisen als ein ‚kleines, fettes Murmeltier‘ bezeichnet. Nun, Friedrich der Weise war kein fettes Murmeltier. Er war sehr klug, er förderte Kunst und Kultur und die Bildung, hatte eine eigene Hofkapelle – insofern lohnt es sich, in seinen Schatzkammern zu suchen."
Die Hofkapelle Friedrichs des Weisen war fast so berühmt wie die von Kaiser Maximilian. Ihr Repertoire zur Zeit Luthers war riesig, das lässt sich aus den sogenannten Jenaer Chorbüchern ersehen.
"Es sind Geschenke an Friedrich den Weisen vom Kaiser Maximilian, und er hatte diese bei all seinen Reisen dabei, das ist vor allem liturgische Musik, die darin aufgeschrieben ist."
Also Musik, die bei den Gottesdiensten in den Kirchen der Residenzen Friedrichs in Wittenberg und Torgau aufgeführt wurden.
Zum 500. Todestag des Wittenberger Hofkapellmeister
Besonders interessant darin sind Werke von Adam Rener, der aus Lüttich stammte und zwischen 1507 und 1517 Hofkapellmeister war, also am Vorabend der Reformation. Rener starb vor 1520, also vor 500 Jahren.
"Er hat wenig komponiert, wenn dann aber Magnificate – und die sind alle sehr, sehr schön", sagt Thomas Höhne. Eine dieser Vertonungen des Lobgesangs der Maria kam im Eröffnungskonzert des Festivals zur Aufführung, mit dem Ensemble 1684 aus Leipzig unter Leitung von Gregor Meyer. Höchstwahrscheinlich ist diese Musik nach über 500 Jahren erstmals wieder am Ursprungsort, der Wittenberger Schlosskirche erklungen!
Die Musik Adam Reners steht auf einer Stufe mit der seiner Kollegen Heinrich Isaac und Ludwig Senfl, die Luther nachweislich geschätzt hat. Für die Mitglieder des Ensembles 1684 war das Werk ein spannendes Wagnis, sind sie doch spezialisiert auch Werke des 17. Jahrhunderts, etwa von Johann Rosenmüller und Heinrich Schütz.
Die Musik Adam Reners steht auf einer Stufe mit der seiner Kollegen Heinrich Isaac und Ludwig Senfl, die Luther nachweislich geschätzt hat. Für die Mitglieder des Ensembles 1684 war das Werk ein spannendes Wagnis, sind sie doch spezialisiert auch Werke des 17. Jahrhunderts, etwa von Johann Rosenmüller und Heinrich Schütz.
"Die Komponisten der Renaissancezeit verstehen ihr Komponieren noch mehr als ein Aufdecken einer gottgegebenen Struktur", sagt der Leiter des Ensembles Gregor Meyer. "Wo es noch nicht so sehr (darum) geht, die persönliche Empfindung hineinzubringen, sondern Musik in gewisser Weise auch als mathematisches Konstrukt, das durch seine Perfektion natürlich wunderschon ist und auch Emotionen im Hörer auslöst, ist aber trotzdem was Anderes als Musik der Barockzeit."
Da Adam Rener für die Besetzung seiner Magnificat-Vertonungen keine Vorschriften gemacht, sprich die Stimmen der Sänger und Instrumentalisten gleich behandelt hat, entschied sich Gregor Meyer dafür, den Raum der Schlosskirche weitläufig auszunutzen.
"Wir haben in drei Gruppen agiert: Eine Gruppe in relativer Nähe zum Publikum, eine am Altar und eine auf der Empore – und auf diese Art und Weise gab es dann so eine Art Wechselgesang."
Welche Musik hat Luther gehört?
Man fragt sich beim Hören der Musik von Adam Rener unweigerlich, ob Martin Luther als Augustinermönch und Theologieprofessor mit seinem Musikinstinkt, - wie es Pfarrer Johannes Block nennt - sich nicht gelegentlich in die Schlosskirche geschlichen hat, um sie zu erleben.
"Es wäre hochinteressant, zu wissen, was er wirklich gehört hat in seiner Zeit - wir wissen es nicht! Wir können nur abschätzen von seinen Briefen, von seinen Bemerkungen zu berühmten Komponisten."
Definitiv geschätzt, so Johannes Block, hat Luther die Musik von Josquin Desprez. Die ihm zugeschriebene Chanson "Mille Regretz" war eines der populärsten weltlichen Werke der Zeit. Mitglieder der Wittenberger Hofkapelle unter Leitung des Festivalchefs Thomas Höhne führten sie in coronagerechter Kammerbesetzung im Saal des ehemaligen Wohnhauses des Reformators auf.
Wittenberger Hofkapelle
Mit der Wittenberger Hofkapelle, die Thomas Höhne vor 15 Jahren wiedergegründet hat, hatte das Renaissancemusikfestivals von Anfang an ein passende "Ensemble in Residence". Die Variabilität der Gruppe machte sich in dieser Saison besonders bezahlt, konnte man doch mehrere Konzerte in unterschiedlichen Kammerbesetzungen realisieren und so das kleine Jubiläum trotz aller Einschränkungen eindrücklich begehen.