Kommentar zur WM-Vergabe 2034
Der DFB verrät seine Werte

Die Fußball-WM 2034 wird wahrscheinlich in Saudi-Arabien stattfinden. Der DFB, der nach der WM in Katar Werte wie Menschenrechte und Transparenz hochhalten wollte, schweigt. Dabei hätte es längst einen Aufschrei geben müssen, kommentiert Marcus Bark.

Ein Kommentar von Marcus Bark | 04.11.2023
DFB-Präsident Bernd Neuendorf während des Länderspiels der der deutschen Nationalmannschaft der Frauen gegen Wales
DFB-Präsident Bernd Neuendorf (picture alliance / Eibner-Pressefoto / Eibner-Pressefoto / Memmler)
Gianni Infantino ist skrupellos. Der Präsident des Fußballweltverbandes FIFA gibt sich nicht einmal mehr Mühe, seine diktatorische Machtfülle zu verschleiern.
Via Instagram teilte er mit, wo die beiden kommenden Weltmeisterschaften ausgetragen werden sollen. Dabei wird formell erst in der zweiten Jahreshälfte 2024 darüber abgestimmt. Formell sind nicht einmal die Bewerbungen abgegeben worden. Das muss bis Juli nächsten Jahres passieren.

DFB-Präsident Neuendorf nickte Infantino-Entscheid ab

Dem Deutschen Fußball-Bund passt das gut in den Kram, denn so kann er mit einem perfiden Spiel auf Zeit übertünchen, dass er sich vom mächtigen Infantino mit einwickeln lassen hat.
Der DFB ist mit Präsident Bernd Neuendorf im Rat der FIFA vertreten, quasi der Regierung des Weltverbandes. Neuendorf nickte mit ab, was Infantino präsentierte. Nun ließ der DFB ausrichten, dass er sich erst die Bewerbung Saudi-Arabiens genau ansehen wolle, bevor er die höchstwahrscheinliche Vergabe an den Wüstenstaat für das Turnier 2034 kommentieren wolle.
Vielleicht will der DFB schlicht diplomatisch sein, um seine geringen Chancen aufrecht zu erhalten, im nächsten Jahr von Infantinos Claqueuren bei der FIFA den Zuschlag für die Ausrichtung der Frauen-WM 2027 im Verbund mit Belgien und den Niederlanden zu bekommen. Das wäre zumindest aus Sicht von Neuendorf verständlich.

Saudi-Arabien missachtet Menschenrechte

Zu akzeptieren wäre es nicht, denn es gibt keine Zeit zu verlieren, um gegen eine WM in Saudi-Arabien zu protestieren. Der als Kronprinz verniedlichte Mohammed bin Salman führt dort ein Regime an, das die Menschenrechte missachtet, leiseste Kritiken am Königshaus und deren Herrschaft mit Gefängnis bestraft. Ein Regime, das nach Auskunft von Menschenrechtsorganisationen die Todesstrafe nach Prozessen verhängt, die mit rechtsstaatlichen Prinzipien nichts zu tun haben.
Der DFB kündigte nach der in jeder Hinsicht desaströsen WM in Katar an, das künftig bei der Vergabe von großen Turnieren auf Faktoren wie Menschenrechte geachtet werden müsse. Der Verband, der mehr als sieben Millionen Mitglieder vertritt und damit der größte Einzelsportverband der Welt ist, redet von Werten, die er hochhalten wolle. Werte, auf denen das Grundgesetz fußt.
Kommt es zur Nagelprobe, verrät der DFB diese Werte. Schon die Zustimmung zur Wiederzulassung russischer Nachwuchsteams unter dem Deckmantel, es gehe ja um Kinder, belegte das. Nun gibt es das große Schweigen zu Saudi-Arabien, das schon vor Wochen hätte gebrochen werden müssen.

WM-Vergaben das Gegenteil von Transparenz

Da hätte es einen Aufschrei geben müssen, dass die FIFA - also Gianni Infantino - mir nichts dir nichts nach Hinterzimmergeschacher verkündet, dass die WM 2030 in sechs Ländern auf den drei Kontinenten Südamerika, Afrika und Europa ausgetragen wird. Zusammengerechnet mit der WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada sind so alle bedient. Nur Verbände aus Asien und Ozeanien durften sich aufgrund der FIFA-Regeln somit für 2034 bewerben. Ein schlauer wie perfider Plan, um Saudi-Arabien den Weg freizuräumen.
Transparenz - auch die forderte der DFB - ist das genaue Gegenteil von dem, was da passierte.
Es muss nicht gleich ein Aufruf zum Boykott des Turniers in Saudi-Arabien sein. Dialog ist vermutlich der bessere Weg. Allerdings zeigen die vergangenen Jahre, dass Schweigen und Kuschen nicht hilft, um Werte - wie sie der DFB vertritt - zu fördern. China mit Olympischen Spielen im Sommer und Winter, Russland mit der Fußball-WM 2018, Katar vier Jahre später. Was soll da besser geworden sein? Es war Sportswashing in Reinkultur, und die aktuell besten in diesem Genre sind die Saudis. Zumindest das könnte und müsste jetzt schon gesagt werden.