Bei der anstehenden Fußball-Weltmeisterschaft in Russland berichten ARD und ZDF aus einem gemeinsamen Sendezentrum in Baden-Baden. Ein Großteil der Teams beider Sender wird dort im Einsatz sein statt wie bisher bei Fußball-Weltmeisterschaften im Land des Ausrichters. Die Sender könnten auf diese Weise etwa die Hälfte des Personals sparen, betonte ARD-Programmdirektor Volker Herres bereits am Montag bei der Vorstellung der Pläne von ARD und ZDF.
Ergänzt werden die Fußball-Übertragungen durch zahlreiche Reportagen über Russland. "Wir haben immer bei solchen Veranstaltungen das Geschehen auch kritisch begleitet", sagte Herres im Gespräch mit @mediasres. Dies werde - wie bei früheren Sport-Großveranstaltungen wie den Olympischen Spielen im russischen Sotschi und Rio de Janeiro oder der Fußball-WM in Brasilien - auch dieses Mal geschehen.
"Zu wenig Kritisches im Begleitprogramm"
Der Autor und Kommunikationswissenschaftler Jörg-Uwe Nieland vermisst allerdings grundsätzlich die kritische Begleitung der Sportereignisse. "ARD und ZDF leisten sehr Vieles und sehr Gutes im Vorfeld der Wettkämpfe. Das hat man vor allem bei den Olympischen Spiele gesehen. Da wird auf Umweltzerstörung, da wird auf Umsiedlung, da wird auf schlechte städtische Planung hingewiesen, auf Sicherheitsprobleme in Brasilien, und so weiter und so fort. Aber sobald die Wettkämpfe am Start sind, sobald die Olympische Flamme brennt, sobald der Ball rollt, sieht man davon wenig im Begleitprogramm", sagte Nieland im Deutschlandfunk.
Ein Vorwurf, der bereits in der Vergangenheit laut wurde: Obwohl es viele Ansprechpartner gibt, werden dennoch nicht journalistische Fragen gestellt. "Mittlerweile ist das negative Drumherum so, dass es wie ein Schatten über den Spielen liegt", sagte der Journalist Holger Gertz von der Süddeutschen Zeitung über die Olympischen Spiele in Südkorea. Die positiven Ereignisse, die den Blick auf viele Großveranstaltungen im Sport geprägt haben, werden aus seiner Sicht zunehmend "überlagert von so vielen negativen Themen". Als Beispiele nannte er Umweltverschmutzung, Korruption, Doping.
DFB-Personal als "ARD-Experten"
Ein weiterer, aktueller Punkt: Bei der anstehenden Fußball-WM in Russland werden mit Stefan Kunz und Phillip Lahm zwei ehemalige Fußballer als "ARD-Experten" tätig sein, die gleichzeitig noch an den DFB gebunden sind. Kritiker befürchten, dass diese Experten sich nicht unabhängig an der Berichterstattung beteiligen können. Stefan Kunz ist seit 2017 DFB-Trainer der U21-Nationalmannschaft, Phillip Lahm wirbt als DFB-Botschafter für die deutsche Bewerbung für die EM 2024.
ARD-Programmdirektor Volker Herres widersprach dieser Darstellung im Deutschlandfunk: "Die Fußball-Experten haben eine ganz eigene Rolle, sie sollen Insiderwissen zu Verfügung stellen."