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WM-Übertragung in den USA
DNA-Test als Entscheidungshilfe beim Anfeuern

Was tut man als TV-Sender, wenn das eigene Land nicht für die Fußballweltmeisterschaft in Russland qualifiziert ist? Fox Sports aus den USA wirbt mit einer kreativen Lösung: Fußballfans sollen doch einfach einen DNA-Test machen, um das Land zu finden, in dem sie ihre Wurzeln haben. Ob das die Quoten rettet?

Von Heiko Oldörp | 01.07.2018
    Russischer Torjubel im Spiel gegen Saudi Arabien.
    Russischer Torjubel im Spiel gegen Saudi Arabien. (imago sportfotodienst)
    Es klingt nach reichlich Verzweiflung oder auch dem berühmten Griff nach einem rettenden Strohhalm. Und irgendwie können auf diese Idee auch nur Amerikaner kommen - verzweifelte Amerikaner. Wie die von Fox Sports. Der Fernsehsender wirbt für die Fußball-Weltmeisterschaft - und erzählt den Menschen in einem Clip, dass sie durch ihre DNA mit dieser WM verbunden seien: "Can you feel it? You’re connected to the World Cup. It’s in your DNA."
    Dies dürfte vielen zwischen New York und Los Angeles reichlich egal sein - falls sie denn überhaupt wissen, dass es irgendwo auf dem Globus derzeit eine Fußball-WM gibt. Denn zum einen ist Soccer auch 2018 in den USA immer noch eine Randsportart. Und zum anderen ist das US-Team gar nicht dabei, hatte erstmals seit 1986 eine WM-Qualifikation verpasst.
    2014 herrschte noch WM-Euphorie in den USA
    Und genau das bringt Fox Sports nun in die Bredouille. Der TV-Sender hatte Kontrahent ESPN ausgestochen, sich für rund 200 Millionen Dollar die Übertragungsrechte gesichert - und somit scheinbar ein Schnäppchen gemacht. Denn bei der WM vor vier Jahren gab in den USA tatsächlich für einige Wochen große Fußballbegeisterung.
    Amerikaner hatten sich bei den Spielen der von Jürgen Klinsmann trainierten US-Mannschaft quer übers Land in den Großstädten erstmals zum Public Viewing versammelt. Ein Team, eine Nation, ein fester gemeinsamer Glaube an den Sieg.
    Bis zu zu 25 Millionen Menschen verfolgten die Partien - und jubelten, als John Brooks, damals in Diensten von Bundesligist Hertha BSC, gegen Ghana das 2:1-Siegtor köpfte. Seitdem die USA im Oktober überraschend die WM verpasst hatten, war Fox Sports klar, dass die Vermarktung der WM schwierig werden würde. Und so kamen die Verantwortlichen auf die Idee von "Root for your roots."
    DNA-Tests um sein "ganz persönliches" WM-Team zu finden
    Man solle also das Land unterstützen, in dem man seine Wurzeln habe. Denn laut Fox Sports hätten bei einer Umfrage 76 Prozent angegeben, dass sie "mehr WM-Spiele gucken würden, wenn ein Land ihrer Vorfahren dabei wäre."
    Um es im Einwanderungsland USA den Menschen leichter zu machen, herauszufinden, aus welchem Winkel der Welt ihre Vorjahren einst kamen, hat sich der Fernsehsender mit einem Erbgut-Tester zusammengetan, der anhand einer Speichelprobe die DNA ermittelt - und so, wie es im Werbespot heißt, einem helfe, das entsprechende Team zu finden.
    Und dann holen sie ganz weit aus. Selbst, wenn man die Sprache nicht spreche, noch nie in dem Land seiner Vorfahren gewesen sei oder die Helden der jeweiligen Nation nicht kenne - so sei man doch durch seine DNA mit einem WM-Teilnehmer verbunden, heißt es in dem Werbefilmchen.
    Schwache Einschaltquoten in der Vorrunde
    Doch die Vorrunde hat gezeigt, dass diese Rechnung nicht aufgeht. An den ersten acht Turniertagen verfolgten im Schnitt nur 1,8 Millionen Menschen die Partien. Die Einschaltquoten waren gegenüber 2014 um 44 Prozent gesunken. Dies liegt zum einen am Fehlen des US-Teams, zum anderen begründet Fox Sports die Zahlen mit dem großen Zeitunterschied. Von Moskau sind es bis zur US-Ostküste sieben und rüber nach Kalifornien sogar zehn Stunden. Die Partien wurden also mitunter in der amerikanischen Nacht ausgetragen.
    In der zweiten Turnierwoche verzeichnete Fox Sports einen Anstieg. So sahen 5,4 Millionen Menschen den 2:1-Sieg der Deutschen gegen Schweden. Die Verantwortlichen hoffen nun, dass das Interesse in der Ko-Runde zunimmt. Doch eines sollten sie bedenken: die Amerikaner mögen aufgrund ihrer DNA zwar Deutsche, Brasilianer, Russen oder Mexikaner sein - doch sie sind eben zu allererst Amerikaner. Sie berauschen sich an ihrem Land, an ihrem Nationalstolz - und immer auch ein bisschen an sich selbst.