Jetzt ist es spruchreif und nicht mehr nur vorläufig: 2019 war das bisher zweitwärmste Jahr der Wetteraufzeichnungen – und das wärmste ohne einen starken El Nino. Hätte es diese natürliche Klimaschwankung im tropischen Pazifik wieder einmal gegeben, wäre 2019 sicher der neue Rekordhalter geworden, heißt es im neuen Klima-Statusbericht der WMO, der Weltorganisation für Meteorologie.
Auch so lag die globale Mitteltemperatur im vergangenen Jahr bereits um 1,1 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau. Und sie werde weiter ansteigen, sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas jetzt in New York. Dort wurde der neue Report offiziell vorgestellt:
"Die globale Erwärmung hält weiter an. Wir haben erst gerade wieder Rekorde gebrochen. Der Januar war der weltweit wärmste seit 1850. Wir schätzen, dass die Welt-Mitteltemperatur in den kommenden zehn Jahren bis zu 1,65 Grad Celsius über das vorindustrielle Niveau steigen könnte. In diesem Fall wäre das 1,5-Grad-Ziel aus dem Klimaabkommen von Paris schon in Kürze Makulatur. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt bei zehn Prozent."
Bis zum nächsten Rekord ist es nur eine Frage der Zeit
Neue Spitzenwerte auch bei den atmosphärischen Konzentrationen der Treibhausgase aus menschlichen Quellen. Das wichtigste davon ist Kohlendioxid. Sein Gehalt wird in parts per million gemessen, kurz ppm. Der Wert gibt an, wie viel CO2 in einer Million Luftmoleküle enthalten ist. 400 ppm gelten bereits als kritisch:
"Wenn wir uns die allerneuesten Daten vom Mauna Loa auf Hawaii anschauen, wo die längste Messreihe existiert, dann sehen wir: Im Februar lag die CO2-Konzentration bereits bei 415 ppm. Das liegt weit über den Durchschnittswerten für die letzten drei Millionen Jahre."
2019 war auch wieder ein Jahr der Wetterextreme. Weltweit kam es zu ausgeprägten Hitzewellen, auf den Kontinenten wie auch im Meer. Europa, Japan, Indien und Australien meldeten neue Temperaturrekorde. Der WMO-Report erwähnt hier auch Deutschland. Im niedersächsischen Lingen wurden Ende Juli 42,6 Grad Celsius gemessen. In Frankreich war es sogar bis zu 46 Grad heiß.
Ostafrika erlebte eine extreme Dürre im Frühjahr und dann im Herbst außergewöhnlich starke Niederschläge und Überschwemmungen. In der Folge kam es zu einer massiven Heuschreckenplage - auch das laut WMO-Chef Taalas begünstigt durch den Klimawandel.
"Wir erwarten, dass Heuschreckenplage und Klimabedingungen die Ernährungskrise weiter verschärfen, die ohnehin schon besteht – zum Beispiel in Somalia, Kenia und Äthiopien. Aber auch Länder wie der Jemen und Pakistan sind betroffen. Dieser Ausbruch erstreckt sich über ein ziemliches großes Gebiet."
Kritik an den Klimaschutz-Maßnahmen der Industrieländer
Eine "neue Qualität" hatten die Waldbrände im vorigen Jahr für den finnischen Meteorologen:
"Australien litt unter einer Rekorddürre. Sie war einer der Gründe für die massiven Waldbrände dort. Aber auch in Sibirien und großen Teilen der Arktis gab es 2019 ausgedehnte Feuer."
UN-Generalsekretär António Guterres nahm den neuen WMO-Report zum Anlass für eine herbe Kritik an Industrie- und Schwellenländern. Die G20-Staaten seien für 80 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Ihre Regierungen täten aber noch immer viel zu wenig für den Klimaschutz:
"Wir sollten uns keine Illusionen machen. Der Klimawandel führt schon heute zu Katastrophen, und sie werden weiter zunehmen. Die Staaten müssen unbedingt ihre immensen Subventionen für fossile Energieträger stoppen. 2019 sind sie sogar noch gestiegen! Wir brauchen eine Zusage, dass keine Kohle-Kraftwerke mehr gebaut werden. Es ist Zeit, unsere Abhängigkeit von der Kohle zu beenden."