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"Wo bist Du, João Gilberto?" von Georges Gachot
Auf der Suche nach der Bossa-Nova-Ikone

Mit einer Mischung aus Samba und Cool Jazz beglückte Bossa Nova ab den späten 1950er Jahren sein Publikum. João Gilberto, Ikone dieser Musik, hat sich seit nunmehr 30 Jahren vor der Öffentlichkeit zurückgezogen. In "Wo bist Du, João Gilberto?" versucht der Filmemacher Georges Gachot ihn zu finden.

Von Hartwig Tegeler |
    Jul. 07, 1963 - ROME, 10th July 1963 - The bossa nova KING arrived to Rome: the troups guided by JOAO GILBERTO presented last night at Foro Italice in a new-open theatre an surding show of mouth-american musics. PHOTO SHOWS:- THE King Joao Gilberto Surrounded by a group of nioo dancers. PUBLICATIONxINxGERxONLY - ZUMAk09 JUL 07 1963 Rome 10th July 1963 The Bossa Nova King arrived to Rome The troups Guided by Joao Gilberto presented Load Night AT Foro in a New Open Theatre to Show of Mouth American musics Photo Shows The King Joao Gilberto surrounded by a Group of Dancers PUBLICATIONxINxGERxONLY ZUMAk09
    "Er ist die Sehnsucht selbst": João Gilberto, Juli 1963 in Rom (imago stock&people / model release)
    Das ist von Anfang klar: Den zu finden, das wird mühselig, heftig, aufwendig, frustrierend, aber am Ende …! Wir werden es zu sehen bekommen.
    Ein Mann, der Filmemacher Georges Gachot, steht am Anfang in seinem Hotelzimmer in Rio, ein Buch in der Hand mit dem Titel "Hobalala", geschrieben vom verstorbenen deutschen Musikjournalisten Marc Fischer. Der hat darin seine Suche nach João Gilberto aufgezeichnet. Eine erfolglose Suche; er hat ihn nicht gefunden. 2011 erschien "Hobalala – Auf der Suche nach João Gilberto". Kurz danach beging Fischer Selbstmord. Der andere Bossa-Nova-Süchtige: Georges Gachot.
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    Szene aus dem Film - Wo bist Du, João Gilberto? “ von Georges Gachot (Stephane Kuthy)
    "Rio ist mein zweites Zuhause. Seit Jahren komme ich hierher. Und ich konnte die berühmtesten brasilianischen Musiker kennenlernen. Nur mit João Gilberto hat es nie geklappt."
    Eine echte Detektivgeschichte
    Nun aber, nun will Georges Gachot das ändern, und davon erzählt uns sein Film. Zeigt Gachot, wie er sich auf die Suche macht. Auf der Basis von Fischers Begegnungen, dessen Aufzeichnungen, Tagebucheintragungen, den Fotos, auch Bild- und Tonaufnahmen. "Wo bist Du, João Gilberto?" ist also eine doppelte Detektivgeschichte: Marc Fischer hat gesucht nach dem großen Geheimnis, das in der Person und in der Aura dieses Musikers liegt, und Georges Gachot macht sich auf die Suche nach Marc Fischer. Und ohne, dass er – außer auf alten Aufnahmen – hier, in dieser melancholischen Musikdoku, auftaucht, zeichnet George Gachot auch das Porträt dieses außergewöhnlichen Musikers João Gilberto.
    Die Klassiker des Bossa Nova - "Girl from Ipanema", "Chega de Saudade" oder "Corcovado" -, sie klingen in George Gachots Film immer wieder auf, formen den Rhythmus seiner Suche, die ihn zu denen führen, die schon mit Marc Fischer bei der Recherche zu dessen Buch sprachen, oder zu denen, die den seit dreißig Jahren von der Bildfläche – im wahrsten Sinne des Wortes – Verschwundenen kennen. Oder nur so tun, also ob. Im Restaurant, wo der Koch zehn Jahre lang immer wieder das Steak zubereitete, das der Sänger, der Gitarrist, die Ikone jeden Tag – jeden Tag? - dann aß im Raum, in dem er verschwunden ist – dem Hotelzimmer?
    Die Suche nach dem perfektem Klang
    "Er aß immer dasselbe: ein Steak mit grobem Salz und Reis. Aber bevor João seine Bestellung aufgab, sollte ich ihm anderthalb Stunden lang am Telefon erklären, welche Gerichte es sonst noch gab, aber dann sagte er," erinnert sich der Koch, während er das Steak brät, "dann sagte er: Ich will das Steak mit grobem Salz." "Haben Sie ihn oft gesehen?" fragt Filmemacher Georges Gachot. "Nein, nie persönlich," meint der Koch. Alle haben etwas gehört von dem Mann, der mit der sanften Stimme und den einschmeichelnden Gitarrentönen offensichtlich, wie alle Marc Fischer erzählten und jetzt auch Georges Gachot erzählen, auf der Suche war nach dem perfekten schönen Klang. Übrigens: Warum João Gilberto verschwunden ist? Viele im Film vermuten, machen sich mit einer Erklärung wichtig. Aber keiner weiß es. Es bleibt in "Wo bist du, João Gilberto?" - der Musikdoku - einfach stehen. Und das ist verdammt spannend.
    Georges Gachots Zweifel übrigens auch: "Warum einen Mann finden, der ganz offensichtlich nicht gefunden werden will? Warum Kontakt aufnehmen zu einem, der keinen Kontakt will? Grund Nummer 1: Weil João Gilberto ein Rätsel ist. Weil nicht klar ist, was ihn antreibt. Oder ihn überhaupt etwas antreibt."
    Da, in dem Hotelzimmer, wo er angeblich lebt. Georges Gachot trifft Leute, die Gilberto kennen, ihn treffen. Könnte man nicht vielleicht über Telefon …? Könnten Sie mir nicht die Nummer …? Ach ja, wiegeln die meisten ab."Wir werden sehen," sagen sie. Machen sich wichtig. Oder auch nicht. Oder folgen nur Gilbertos Wünschen. Und dazwischen immer die Musik. Im Hintergrund, aus einem Fernseher in einem Restaurant. Alte Aufnahmen.
    Ein musikalischer Virus
    Um das alles zu verstehen, muss man Georges Gachot zitieren, wenn der Marc Fischer aus dessen Buch zitiert, wenn er sich erinnert, als er das erste Mal João Gilberto hörte, wie er "Hobalala" spielte, diesen von ihm geschriebenen Song vom 1959er-Album "Chega de Saudade": "Nach zwei Minuten, siebzehn Sekunden war es vorbei. Aber es war natürlich nicht vorbei. Die Musik war immer noch im Raum. Sie hatte sich mit den Gegenständen verbunden. Mit der Luft. Mit uns. Gerade, weil sie so leise gewesen war, war sie noch da. Das Virus war auf mich übergegangen. Was wir gehört hatten, war die Essenz von etwas. Ein Ergebnis."
    Am Ende geht Georges Gachot in ein Hotel, auf den Flur, vor João Gilbertos Zimmer, in dem er sein soll - ein Freund, der das vermittelt hat, geht hinein, der Filmemacher und die Kamera bleiben draußen. Der Gilberto-Maniac lauscht an der Tür. Im Zimmer ist "Hobalala" zu hören. Spielt Gilberto im Zimmer? Wirklich?
    Oder ist es nur eine Platte, von der die Musik zu hören ist wie im Abspann von "Wo bist du, João Gilberto?". Herrlich, die Musik bleibt, das Geheimnis bleibt, leicht; als sei das nicht von dieser Welt. So, wie es sich gehört. Und das ist natürlich die Antwort, die Georges Gachot auf die Frage "Wo bist du?" gibt: Na klar, hier, hör doch einfach. Alles andere: pah! Es bleibt, so endet Marc Fischers Buch, so endet auch Georges Gachots Film: die Sehnsucht, die sich mit dieser Musik verbindet.
    Das erste Bossa Nova Lied, das João Gilberto aufgenommen hat, hieß übrigens "Chega de Saudade", "Genug mit der Sehnsucht". Von wegen? Welche Sehnsucht übrigens? Tja? Nach dem rhythmischen Einklang mit dem, was uns umgibt? Eine Ahnung, nicht mehr, aber immerhin. Sehr melancholisch dieser Film über Musik, Musiker und das Begehren, dass sie mit ihren Fans teilen.