Friedbert Meurer: Seit Jahr und Tag erschallt der Ruf nach mehr Frauen in Vorstände und Aufsichtsräte der deutschen DAX-Unternehmen. Aber die Appelle verhallen ungehört. Deswegen hält Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auch nach dem Frauengipfel mit der Wirtschaft gestern an der Quote fest.
O-Ton Ursula von der Leyen: Ich erwarte mehr. Dieses war ein Auftaktgespräch. In kürzester Zeit müssen konkrete Zahlen, Zeitleisten und Ergebnisprognosen der DAX-30 da sein, sonst muss Politik durch gesetzliche Maßnahmen handeln.
Meurer: Die Frauenquote in der Wirtschaft bei den großen Unternehmen kommt also erst einmal nicht. Es blieb beim Treffen von Politik und Wirtschaft in Berlin gestern bei freiwilligen Appellen.
Monika Schulz-Strelow ist Präsidentin des Vereins "Frauen in die Aufsichtsräte" und meine Kollegin Britta Fecke hat sie gestern Abend gefragt, wie sie über den gefundenen Kompromiss denkt.
Monika Schulz-Strelow: Wir halten ihn oder viele und ich nicht für wirklich ausreichend. Nur wenn wir das Angebot der DAX-30-Unternehmen sehen, wie wenig da eigentlich konkret mit Zahlen operiert wird, oder mit Zeitvorgaben, dann kann ich mir vorstellen, dass für die Unternehmen die Forderung von Frau Schröder schon eine ziemliche Qual ist.
Britta Fecke: Nun heißt es aber auch, dass der Grund, dass viele Frauen nicht in die Vorstandsetagen vorrücken, nicht an der quälenden Quote liegt, sondern daran, dass die Infrastruktur, was die Kinderversorgung anbelangt, gar nicht gut ausgebaut ist. Wäre vielen Frauen nicht geholfen, wenn mehr Kita-Plätze da wären?
Schulz-Strelow: Ich glaube, für Frauen, die in der Vorstandsebene sich bewegen oder in der Aufsichtsratsebene, wo ja viele so einen besonderen Blick draufwerfen, da ist das Thema meistens geregelt, weil häufig diese Frauen A in dem Alter sind, dass die eigenen Kinder größer sind, B in der Situation sind, dass, wenn sie Kinder haben, sie sich auch eine gute Versorgung leisten können, oder viele Frauen – und das ist ja auch immer ein Ansatz, wo man sagt, die Frauen, die so weit hochgekommen sind, haben gar keine Kinder. Das Thema "gute Kinderversorgung" halte ich für dringend erforderlich für den Einstieg von jungen Frauen ins Berufsleben für die Entscheidung ihrer ersten zehn Jahre, um da eine Vereinbarkeit von Karriere, Familie und auch letztendlich ihr eigenes Fortkommen zu sichern.
Fecke: Sie haben es ja jetzt selber schon angesprochen, nämlich diese mittlere Führungsebene. Jetzt ist der Fokus ständig auf die Aufsichtsräte gerichtet, aber wäre es nicht gut, wenn man schon die Frauen viel eher fördert, denn der Weg von der Mitte nach oben ist ja viel weniger lang als von unten nach oben?
Schulz-Strelow: Also, die Förderung muss, glaube ich, auf allen Ebenen deutlich verstärkt werden. Nur wenn sie oben keine Frauen haben, die eine Vorbildfunktion einnehmen können, dann ist es auch ganz schwer, von oben Veränderungen herbeizuführen. Wenn es oben rein männliche Gremien sind, haben sie eigentlich ja relativ wenig Anlass, aus eigenem Antrieb da auf einmal Frauen aufzunehmen. Sind Frauen aber in den Gremien drin, erwarten wir, dass dann auch mehr Frauen nachgezogen werden. Aber es muss genauso, wie Sie es gerade beschrieben haben, von unten sehr viel mehr breiter gefördert werden und sehr viel genauer geschaut werden, wo gehen eigentlich die jungen qualifizierten Frauen verloren.
Fecke: Aber ist dann die Quote die richtige Methode, um in den oberen Etagen Plätze frei zu halten?
Schulz-Strelow: Ja! Aus freien Stücken hat sich doch nichts bewegt. Ich meine, wären in den letzten zehn Jahren, wo es ja diese, sagen wir, Stillhalteabkommen zwischen den Wirtschaftsverbänden und der Politik gegeben hat im Rahmen der freiwilligen Selbstverpflichtung. Wären da wirklich markante Veränderungen aufgetreten, wäre doch das Thema Quote auch gar nicht wieder so hochgekocht. Aber da ist ja nichts passiert!
Fecke: Aber Schweden hat zum Beispiel keine Quote, hat aber erheblich mehr Frauen in Führungspositionen und dort klappt der Ausbau der Kindergartenplätze, oder hat schon lange geklappt, und die Regierung hat sich lange engagiert, dass die Vereinbarkeit zwischen Karriere und Beruf besser funktioniert.
Schulz-Strelow: In Schweden – und das gilt, glaube ich, für alle nordischen Länder – muss man eines sagen, ist eine sehr viel höhere Akzeptanz von Frauen in der Wirtschaft mit sehr viel mehr Tradition. Und es ist, glaube ich, selbstverständlich, dass die Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau in der Kinderbetreuung, dass also man nicht schief angesehen wird, wenn man nach 17:30 Uhr sagt, ich habe jetzt keine Zeit mehr für diese wunderbaren Abendtermine, sondern ich muss meine Kinder aus der Kita oder dem Kindergarten holen, das ist eine Selbstverständlichkeit. In Schweden haben sie ein Moment, die liegen ja meistens so bei einer Frauenanzahl von irgendwo Mitte der 20er-Prozent, und das schnellt immer dann hoch, wenn eine Quote angedroht ist. Wenn die Quote dann wieder so ein bisschen von der Bildfläche verschwunden ist, geht auch die Zahl der Frauen in Führungspositionen wieder deutlich zurück.
Fecke: Sie sprachen aber die gesellschaftliche Akzeptanz an. Müsste man nicht in diesem Feld viel mehr arbeiten, denn mir macht ein bisschen Bange, dass, wenn eine Quote eingeführt wird, dass dann die Frauen, die es auch ohne Quote geschafft haben, dass deren Leistung eigentlich gemindert wird, weil es dann heißt: Na ja, sie hat es ja nicht wegen ihrer Qualität geschafft, sondern wegen der Quote?
Schulz-Strelow: Haben Sie, wenn wir mal jetzt zurückgucken, je das bei Männern gehört? Ich meine, im Grunde hatten wir ja bisher eine unausgesprochene Männerquote. Aber ich gebe Ihnen recht, die Förderung muss auf den Ebenen darunter sehr viel umfassender passieren. Und da scheinen ja auch die DAX-Unternehmen zumindest gewillt zu sein, das haben sie ja in ihren sieben Punkten, die sie heute zusammengefasst haben, auch deutlich gemacht.
Fecke: Müssten Frauen nicht schon viel früher gefördert werden, beziehungsweise die Seile schon viel eher geknüpft werden? Ich denke da an die vielen Männerbünde, die im Arbeitsleben noch greifen, aber die schon während der Studentenzeit auch in Verbindungen geknüpft werden. So was gibt es bei Frauen ja gar nicht, oder selten. Müsste nicht da schon angesetzt werden?
Schulz-Strelow: Im Grunde genommen, sagen wir mal, so schlagende Studentenverbindungen, was wir beide jetzt ja gerade im Kopf haben, aber was wir ja nicht ganz ernst meinen, wollen wir ja nicht fördern. Aber das stimmt! Es gibt viele Untersuchungen, die sagen, Männerbünde, egal ob es nun Karnevalsverein, Fußballverein, Verbindungen im Studentenumfeld sind, sind bei Männern sehr viel ausgeprägter. Und da fehlt Frauen häufig auch dieses, sagen wir, gekonnte Netzwerken, weil Frauen da ein Manko auch für sich sehen und das eigentlich eher gerne mit gemischten Netzwerken doch stärker ausgefüllt sehen wollen.
Meurer: Frauenquote in der Wirtschaft ja oder nein. Meine Kollegin Britta Fecke sprach mit Monika Schulz-Strelow, der Präsidentin des Vereins "Frauen in die Aufsichtsräte".
O-Ton Ursula von der Leyen: Ich erwarte mehr. Dieses war ein Auftaktgespräch. In kürzester Zeit müssen konkrete Zahlen, Zeitleisten und Ergebnisprognosen der DAX-30 da sein, sonst muss Politik durch gesetzliche Maßnahmen handeln.
Meurer: Die Frauenquote in der Wirtschaft bei den großen Unternehmen kommt also erst einmal nicht. Es blieb beim Treffen von Politik und Wirtschaft in Berlin gestern bei freiwilligen Appellen.
Monika Schulz-Strelow ist Präsidentin des Vereins "Frauen in die Aufsichtsräte" und meine Kollegin Britta Fecke hat sie gestern Abend gefragt, wie sie über den gefundenen Kompromiss denkt.
Monika Schulz-Strelow: Wir halten ihn oder viele und ich nicht für wirklich ausreichend. Nur wenn wir das Angebot der DAX-30-Unternehmen sehen, wie wenig da eigentlich konkret mit Zahlen operiert wird, oder mit Zeitvorgaben, dann kann ich mir vorstellen, dass für die Unternehmen die Forderung von Frau Schröder schon eine ziemliche Qual ist.
Britta Fecke: Nun heißt es aber auch, dass der Grund, dass viele Frauen nicht in die Vorstandsetagen vorrücken, nicht an der quälenden Quote liegt, sondern daran, dass die Infrastruktur, was die Kinderversorgung anbelangt, gar nicht gut ausgebaut ist. Wäre vielen Frauen nicht geholfen, wenn mehr Kita-Plätze da wären?
Schulz-Strelow: Ich glaube, für Frauen, die in der Vorstandsebene sich bewegen oder in der Aufsichtsratsebene, wo ja viele so einen besonderen Blick draufwerfen, da ist das Thema meistens geregelt, weil häufig diese Frauen A in dem Alter sind, dass die eigenen Kinder größer sind, B in der Situation sind, dass, wenn sie Kinder haben, sie sich auch eine gute Versorgung leisten können, oder viele Frauen – und das ist ja auch immer ein Ansatz, wo man sagt, die Frauen, die so weit hochgekommen sind, haben gar keine Kinder. Das Thema "gute Kinderversorgung" halte ich für dringend erforderlich für den Einstieg von jungen Frauen ins Berufsleben für die Entscheidung ihrer ersten zehn Jahre, um da eine Vereinbarkeit von Karriere, Familie und auch letztendlich ihr eigenes Fortkommen zu sichern.
Fecke: Sie haben es ja jetzt selber schon angesprochen, nämlich diese mittlere Führungsebene. Jetzt ist der Fokus ständig auf die Aufsichtsräte gerichtet, aber wäre es nicht gut, wenn man schon die Frauen viel eher fördert, denn der Weg von der Mitte nach oben ist ja viel weniger lang als von unten nach oben?
Schulz-Strelow: Also, die Förderung muss, glaube ich, auf allen Ebenen deutlich verstärkt werden. Nur wenn sie oben keine Frauen haben, die eine Vorbildfunktion einnehmen können, dann ist es auch ganz schwer, von oben Veränderungen herbeizuführen. Wenn es oben rein männliche Gremien sind, haben sie eigentlich ja relativ wenig Anlass, aus eigenem Antrieb da auf einmal Frauen aufzunehmen. Sind Frauen aber in den Gremien drin, erwarten wir, dass dann auch mehr Frauen nachgezogen werden. Aber es muss genauso, wie Sie es gerade beschrieben haben, von unten sehr viel mehr breiter gefördert werden und sehr viel genauer geschaut werden, wo gehen eigentlich die jungen qualifizierten Frauen verloren.
Fecke: Aber ist dann die Quote die richtige Methode, um in den oberen Etagen Plätze frei zu halten?
Schulz-Strelow: Ja! Aus freien Stücken hat sich doch nichts bewegt. Ich meine, wären in den letzten zehn Jahren, wo es ja diese, sagen wir, Stillhalteabkommen zwischen den Wirtschaftsverbänden und der Politik gegeben hat im Rahmen der freiwilligen Selbstverpflichtung. Wären da wirklich markante Veränderungen aufgetreten, wäre doch das Thema Quote auch gar nicht wieder so hochgekocht. Aber da ist ja nichts passiert!
Fecke: Aber Schweden hat zum Beispiel keine Quote, hat aber erheblich mehr Frauen in Führungspositionen und dort klappt der Ausbau der Kindergartenplätze, oder hat schon lange geklappt, und die Regierung hat sich lange engagiert, dass die Vereinbarkeit zwischen Karriere und Beruf besser funktioniert.
Schulz-Strelow: In Schweden – und das gilt, glaube ich, für alle nordischen Länder – muss man eines sagen, ist eine sehr viel höhere Akzeptanz von Frauen in der Wirtschaft mit sehr viel mehr Tradition. Und es ist, glaube ich, selbstverständlich, dass die Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau in der Kinderbetreuung, dass also man nicht schief angesehen wird, wenn man nach 17:30 Uhr sagt, ich habe jetzt keine Zeit mehr für diese wunderbaren Abendtermine, sondern ich muss meine Kinder aus der Kita oder dem Kindergarten holen, das ist eine Selbstverständlichkeit. In Schweden haben sie ein Moment, die liegen ja meistens so bei einer Frauenanzahl von irgendwo Mitte der 20er-Prozent, und das schnellt immer dann hoch, wenn eine Quote angedroht ist. Wenn die Quote dann wieder so ein bisschen von der Bildfläche verschwunden ist, geht auch die Zahl der Frauen in Führungspositionen wieder deutlich zurück.
Fecke: Sie sprachen aber die gesellschaftliche Akzeptanz an. Müsste man nicht in diesem Feld viel mehr arbeiten, denn mir macht ein bisschen Bange, dass, wenn eine Quote eingeführt wird, dass dann die Frauen, die es auch ohne Quote geschafft haben, dass deren Leistung eigentlich gemindert wird, weil es dann heißt: Na ja, sie hat es ja nicht wegen ihrer Qualität geschafft, sondern wegen der Quote?
Schulz-Strelow: Haben Sie, wenn wir mal jetzt zurückgucken, je das bei Männern gehört? Ich meine, im Grunde hatten wir ja bisher eine unausgesprochene Männerquote. Aber ich gebe Ihnen recht, die Förderung muss auf den Ebenen darunter sehr viel umfassender passieren. Und da scheinen ja auch die DAX-Unternehmen zumindest gewillt zu sein, das haben sie ja in ihren sieben Punkten, die sie heute zusammengefasst haben, auch deutlich gemacht.
Fecke: Müssten Frauen nicht schon viel früher gefördert werden, beziehungsweise die Seile schon viel eher geknüpft werden? Ich denke da an die vielen Männerbünde, die im Arbeitsleben noch greifen, aber die schon während der Studentenzeit auch in Verbindungen geknüpft werden. So was gibt es bei Frauen ja gar nicht, oder selten. Müsste nicht da schon angesetzt werden?
Schulz-Strelow: Im Grunde genommen, sagen wir mal, so schlagende Studentenverbindungen, was wir beide jetzt ja gerade im Kopf haben, aber was wir ja nicht ganz ernst meinen, wollen wir ja nicht fördern. Aber das stimmt! Es gibt viele Untersuchungen, die sagen, Männerbünde, egal ob es nun Karnevalsverein, Fußballverein, Verbindungen im Studentenumfeld sind, sind bei Männern sehr viel ausgeprägter. Und da fehlt Frauen häufig auch dieses, sagen wir, gekonnte Netzwerken, weil Frauen da ein Manko auch für sich sehen und das eigentlich eher gerne mit gemischten Netzwerken doch stärker ausgefüllt sehen wollen.
Meurer: Frauenquote in der Wirtschaft ja oder nein. Meine Kollegin Britta Fecke sprach mit Monika Schulz-Strelow, der Präsidentin des Vereins "Frauen in die Aufsichtsräte".