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Wo Lesen Luxus ist, für die Welt der Bücher begeistern

"Open Book Festival" heißt ein neues Literaturfestival in Kapstadt. Vom 21. bis zum 25. September will es die Welt der Bücher möglichst vielen Menschen öffnen. Ein mutiges Vorhaben in einem Land, in dem Lesen Luxus ist. Denn Bücher sind teuer in Südfrika, und die Analphabetenquote beträgt fast 15 Prozent.

Von Kerstin Poppendieck |
    "Wir sind sehr stolz darauf, dass es gerade so viele gute Schriftsteller in Südafrika gibt, allerdings weiß das keiner außerhalb des Landes. Das wollen wir ändern."

    Mervyn Sloman ist passionierter Buchfan. In Kapstadt betreibt er den erfolgreichsten unabhängigen Buchladen der Stadt. Seine große Leidenschaft ist Afrikanische Literatur. Als Sloman die Idee zum neuen Open Book Festival in Kapstadt hatte, war es ihm besonders wichtig, afrikanischen Schriftstellern eine Chance zu geben, sich zu präsentieren. Nicht nur in Südafrika, sondern auf lange Sicht auch international.

    "Zum einen versuchen wir internationale Besucher für unser Festival zu interessieren. Zum anderen stehen wir in Verhandlungen mit anderen Buchfestivals im Ausland und arbeiten an einem Austauschprogramm. Internationale Schriftsteller würden so nach Südafrika kommen und südafrikanische ins Ausland."

    Südafrikanische Autoren wie Sindiwe Magona oder auch der im Land gefeierte Nachwuchsschriftsteller Sifiso Mzobe sind bei der Premiere des Buchfestivals in dieser Woche dabei. Gleichzeitig haben Besucher die Chance, erfolgreiche internationale Autoren zu erleben. Literaturpreisgewinner JMG Le Clezio zum Beispiel und die Berlinerin Jenny Erpenbeck wird ihren Roman "Heimsuchung" vorstellen, der im vergangenen Jahr auch auf englisch veröffentlicht wurde. Veranstalter Mervyn Sloman weiß allerdings, dass es in Kapstadt nicht reicht, einfach nur große Namen zu präsentieren, um ein großes Publikum zu interessieren.

    "Wir haben uns verschiedene Veranstaltungen überlegt, die Menschen anlocken sollen, die normalerweise nicht zu einem Literaturfestival gehen würden. Bei einer Veranstaltung können Zuschauer das Thema vorgeben und verschiedene Autoren müssen auf Zeit dazu Geschichten schreiben. Dann gibt es Abendessen, bei denen Leser und Autoren an einem Tisch sitzen und über Bücher reden können und es wird Lesungen geben, bei denen Schriftsteller aus Büchern lesen, die noch gar nicht erschienen sind."

    Lesen ist ein Luxus in Südafrika, den sich hier nur die Mittelklasse leistet. Zum einen sind Bücher bis zu 50 Prozent teurer als in Deutschland und zum anderen haben viele Menschen gar keine Zeit zu lesen, weil sie damit beschäftigt sind, ihren Alltag zu finanzieren. Dazu kommt eine Analphabetenquote, die mit fast 15 Prozent erschreckend hoch ist. Mike Nicol ist einer der erfolgreichsten Krimiautoren Südafrikas und auch beim Open Book Festival dabei. Obwohl er es gut findet, dass es ein neues Literaturfestival in Südafrika gibt, ist er sich sicher, dass es größtenteils nur von weißen, wohlhabenden Südafrikanern besucht werden wird.

    "Es ist etwas passiert währen der Apartheidzeit. Ich vermute, es hat mit der Bantu-Bildung zu tun, dass die schwarze Bevölkerung das Interesse am Lesen verloren hat. Und erst jetzt fangen Schwarze wieder an, sich für Bücher zu interessieren. Ich glaube, dass ihre Begeisterung für Bücher zurückkommen wird und wir wieder eine Lesekultur entwickeln."

    Das Bantu-Bildungs-Gesetz wurde während der Apartheidzeit erlassen. Schwarze Schüler erhielten dadurch eine schlechtere Ausbildung als weiße. Damit sollte die schwarze Bevölkerung auch auf Grund ihrer mangelnden Bildung von der weißen Bevölkerung getrennt werden. Auch Mervyn Sloman kennt diese Problematik. Deshalb ist es ihm besonders wichtig, dass jeder die Chance hat bei seinem Festival teilzunehmen.

    "Wenn man sich mal das Programm ansieht, stellt man fest, dass es eine ganze Menge kostenloser Veranstaltungen gibt, damit eben nicht nur Leute mit Geld dabei sein können. Wir haben außerdem kostenlosen Karten an Bibliotheken verteilt und an Schüler."

    Für junge Leser gibt es ein spezielles Kinder- und Jugendprogramm unter anderem mit Slam-Poetry Veranstaltungen und Graffiti-Projekten. Und zusammen mit den Besuchern des Literaturfestivals soll eine neue Schulbibliothek in Kayelitsha, dem größten Township in Kapstadt entstehen. Nicht mal zehn Prozent der südafrikanischen Schulen haben eine brauchbare Schulbibliothek. Mervyn Sloman hat eine Auswahl an Büchern zusammengestellt, die die Besucher kaufen können und die dann in die geplante Schulbibliothek nach Kayelitsha gehen. Sloman hofft so, wieder mehr Kinder für das Lesen zu begeistern. Krimiautor Mike Nicol hat mehrere Jahre in Deutschland gelebt und hofft, dass der deutsche Umgang mit Büchern irgendwann auch in Südafrika normal sein wird.

    "Man sieht Leute in öffentlichen Verkehrsmitteln lesen oder in Parks. So etwas gibt es überhaupt nicht in Südafrika. Bücher sind einfach nicht so wichtig für die Menschen hier, dass sie sich in der Öffentlichkeit hinsetzen und lesen. Das zeigt doch welche geringe Bedeutung Bücher in Südafrika haben."

    Open Book Festival - Homepage des Literaturfestivals in Kapstadt (englischsprachig)

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