KGO 810, San Franciscos Lokalsender, bringt alle auf den neuesten Stand in Sachen Verkehr in der City by the Bay. Wer von Norden kommt, zur Arbeit in die Stadt am Pazifik will, der steht im Stau. Aber dieser Stau ist nicht zu vergleichen mit dem auf der A3 am Heumarer Dreieck. Auf der Golden Gate Bridge, die Marin County mit der Halbinsel San Francisco verbindet, machen sogar die Blechlawinen irgendwie Spaß.
"Jedes Mal, wenn ich auf dem Weg zur Arbeit bin und ich sehe die Brücke, dann schlägt mein Herz ganz stark. Wirklich. Es ist ein großartiger Job. Ich liebe diesen Ort."
Dennis Dellarocca streicht seit fast dreißig Jahren die Brücke mit der offiziellen Golden Gate Bridge Farbe an. Das "International Orange" hat seine Arbeitskleidung für immer und ewig markiert und die Kollegen, die ihn liebevoll Rocky nennen, sagen, dass er am liebsten auch noch sein Haus in der offiziellen Farbe der Brücke aller Brücken anstreichen würde. Rocky sagt, er träume sogar in Orange.
"Wir sind alle unglaublich stolz auf das, was wir hier tun. Es ist kein gewöhnlicher Job, weil wir uns schließlich um eine weltberühmte Ikone kümmern. Und das ist der Grund, warum die meisten Kollegen 25 oder sogar dreißig Jahre hier arbeiten. Wer bei uns in den Ruhestand geht, hinter dem steht sofort der nächste, der seinen Job haben will."
Wenn Rocky ganz viel Glück hat, dann erlebt er zum Ende seiner Berufstätigkeit als Anstreicher der Golden Gate Bridge vielleicht, dass er sich einmal von einem Ende der Brücke bis zum anderen durchgestrichen hat. Nur um dann gleich wieder von vorne anzufangen. Die Brücke ist nichts für Menschen, die ein Projekt auch mal zu Ende bringen wollen. Sie war von Anfang an ein Ding der Unmöglichkeit und ist es noch immer. Und fast hätte es sie gar nicht gegeben. Grund Nummer eins: Das Meer.
Die Golden Gate Strait, also die Wasserstraße, die direkt unter der Brücke verläuft und die ihr ihren Namen gegeben hat, diese Golden Gate Strait hat es in sich. Ein Drittel des Wassers, das in Kalifornien niederregnet oder in den Bergen schmilzt, fließt zweimal am Tag aus der Bucht von San Francisco hinaus und jede Menge frisches Pazifikwasser fließt hinein. Extreme Strömungen in der engen Wasserstraße sind die Folgen. An den Fundamenten der Brücke haben sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als das Meisterwerk geplant wurde, zahlreiche Ingenieure die Zähne ausgebissen. Schnell trug das 2,7 Kilometer lange Projekt den Titel "Die Brücke, die nicht gebaut werden kann". Ein Deutsch-Amerikaner nahm die Herausforderung an. Joseph Strauss wollte die größte Hängebrücke der Welt bauen und er baute sie. Für die über 200 Meter hohen Pfeiler konstruierte er Spezial-Fundamente von der Größe eines Footballfeldes. Bis heute meistern sie die extremen Strömungen bravourös. Doch was sollte er gegen Feind Nummer zwei unternehmen? Den Nebel.
"Heute sei das Wetter super, aber meistens scheint es ihr wie ein Mythos, dass da draußen eine Brücke sein soll. Dann ist da nur kalter Nebel, sagt Celia Kuppersmith, die früher für den Verkehr auf der Brücke verantwortlich war."
San Francisco ist berüchtigt für seinen Nebel, vor allem morgens, aber manchmal auch mittags, abends und auch mal zwischendurch. Und dieser Nebel, zusammen mit dem starken Wind vom Pazifik, ist schuld am Wetter in San Francisco, das eindeutig schlechter sind als sein Ruf. Dem US-Schriftsteller Mark Twain wird gar der Satz in den Mund gelegt: "The coldest winter I ever spent was a summer in San Francisco. Der kälteste Winter, den ich je verbrachte, war ein Sommer in San Francisco." Für Rocky Dellarocca, Anstreicher aus Passion, ist alles eine Frage der richtigen Ausrüstung.
"Wir tragen alle Thermokleidung und dicke Jacken. Nur ab einer Windstärke von mehr als 56 Kilometern pro Stunde verlassen wir die Brücke, weil dann die Farbe seitlich wegspritzt. Es ist ein toller Job auch wenn er sehr hart ist und körperlich extrem anstrengend, was vor allem am Wetter liegt. Aber daran darf man nicht zu sehr denken."
Über Hunderte von Kilometern ist die Golden Gate Strait die einzige Lücke in der Küstenlinie, durch die Wasser und Wind in Richtung Landesinnere vordringen können. Und mit dem Wind und dem Nebel kommt das Salz. Dagegen helfen nur die richtige Antirost-Farbe und unermüdliche Handwerker. Ken Hopper hält einen Bolzen hoch, oder vielmehr das, was der Rost davon noch übrig gelassen hat.
Seit 28 Jahren steht der braun gebrannte, wettergegerbte Metallarbeiter auf der Brücke und tauscht die Metallteile aus. Allein die Nieten sind so schwer, dass sie einem den Zeh brechen könnten, wenn man sie drauf fallen ließe. Ken und Rocky und all die anderen Kollegen vor ihnen haben die Brücke in den 75 Jahren ihrer Existenz einmal fast komplett ausgetauscht: Die Kabel, mit denen man dreimal die Erde umrunden könnte. Die 300.000 Nieten. Die Fahrbahn, über die jährlich 40 Millionen Autos fahren – die Strecke nach San Francisco hinein kostet übrigens sechs Dollar, hinaus ist es kostenlos. Und dabei ist es eigentlich am schönsten, über die Brücke zu laufen, sagt auch Mary Currie, die für die Betreiberfirma arbeitet.
"Ich bin zum ersten Mal rüber gelaufen als ich dreizehn war und habe mich sofort verliebt. Sie ist ein unbeschreiblich schönes Symbol für menschlichen Einfallsreichtum und Vorstellungskraft. Sie ist wunderschön und sieht jeden Tag anders aus. Die Farbe verändert sich, hier treffe und sehe ich viele unterschiedliche Menschen und Dinge jeden Tag. Es wird einfach nie langweilig."
Die Golden Gate Bridge ist eine der wenigen Autobahnbrücken in den USA, auf denen man auch zu Fuß unterwegs sein darf. Wer vom Süden, also von der San Francisco Seite auf die Brücke geht, an der kleinen Statue von Erbauer Joseph Strauss vorbei, sieht die alte Militäranlage unter dem Brückenpfeiler und die Surfer, die sich in der Brandung vor dem Fundament in die Wellen werfen. Einmal oben, gilt es alles festzuhalten, was man lose am Körper trägt. Mit Bewunderung betrachten die anderen Fußgänger eine Braut, die sich nebst frisch gebackenem Ehemann auf der Westseite der Brücke fotografieren lassen möchte und dabei versucht, sich den Schleier um die blau gefrorenen Schultern zu legen. Die Menschen in San Francisco sind es gewohnt, das Wahrzeichen ihrer Stadt mit Menschen aus aller Herren Länder zu teilen. Mona Bartolomai ist aus Deutschland angereist, um einmal drüber zu laufen, über die berühmteste Brücke der Welt.
"Groß, mächtig, beeindruckend, wie das alles zustande gekommen ist, ich bin das erste Mal da und es ist super. Komm, wir machen mal ein Picture."
Der Blick von hier oben ist atemberaubend – wenn der Nebel sich verzogen hat. In der Mitte der Bucht die berühmt-berüchtigte ehemalige Gefängnisinsel Alcatraz, daneben die Skyline von San Francisco mit dem merkwürdig dreieckigen Transamerica Gebäude. Zur anderen Seite öffnet sich der dunkelblaue pazifische Ozean, hier und da leuchtet ein weißes Segel. Die Brücke vibriert vom Wind und von den vielen Autos, die unterwegs sind. An einem Pfeiler hängt ein Telefon, das direkt mit einer Hotline verbindet. Die Brücke ist eine Schönheit, aber auch eine tödliche, berichtet Scott. Er lebt auf der anderen Seite der Bucht, in Sausalito und er kommt fast täglich.
Wenn du diese Welt verlassen willst, warum nicht an einem Ort, der ästhetisch ist und auch dramatisch, sagt Scott und nimmt seinen kleinen Hund Lily auf den Arm. Die Golden Gate Bridge hält den traurigen Selbstmord-Weltrekord. Wie viele es genau waren, weiß niemand, Schätzungen gehen von 1000 in den 75 Jahren der Brücke aus, aber wahrscheinlich waren es viel mehr, die der Ozean einfach verschluckt hat. Der Sprung aus 75 Metern Höhe ist nahezu todsicher. Ein Thema, über das die Brückenmitarbeiter nicht gerne sprechen. Sie alle haben schon Menschen springen sehen oder mehr oder weniger erfolglos versucht, sie davon abzuhalten. Die Maler und Metallarbeiter, sie alle bekommen psychologische Unterstützung, wenn sie sie brauchen, sagt Mary Currie von der Brückenfirma.
"Wir spüren Menschen auf, die sich Schaden zufügen wollen. Wir sprechen mit ihnen und bringen sie von der Brücke. Ich weiß nicht, warum sie hier sterben wollen. Es ist ein Teil unserer Arbeit, über die ich aber nicht sprechen möchte, weil sie zu persönlich ist."
Wenn erst genug Geld gesammelt ist, soll ein Netz unter die Brücke gespannt werden. Bis dahin müssen Mary und ihre Kollegen mit dem Selbstmordtourismus aus der ganzen Welt leben. Viel lieber als über dieses traurige Thema spricht sie aber über ein Projekt, das vor dem Abschluss steht. Die Brücke, die nicht gebaut werden konnte und dann doch gebaut wurde, muss sich nämlich nicht nur gegen den Wind, den Nebel und das Meer wehren. In unmittelbarer Nachbarschaft verläuft der Sankt Andreas Graben durch den pazifischen Ozean. Experten erwarten seit Jahren "The Big One", ein Erdbeben nie gekannten Ausmaßes. Niemand weiß, wann es kommt. Aber die Brücke, diese elegante Schönheit aus orange-rotem Stahl, die soll auch danach noch stehen. Für 400 Millionen Dollar wird die Brücke saniert, damit sie einem Beben der Stärke 8,3 Stand halten kann, sagt Mary Currie.
"Wir stellen die Brücke neu ein, genauso wie wir ein Piano stimmen würden. Die Golden Gate Brücke soll die seismischen Kräfte entweder absorbieren oder abbauen."
Zu diesem Zweck wurden riesige Hydraulikanlagen maßgeschneidert, um die Pfeiler der Brücke während der Sanierung zu stützen. Und zwar so, dass sie nach dem Umbau exakt genauso aussieht wie vorher. Eine optische Veränderung ist bei der der Mutter aller Brücken, der Golden Gate Bridge, vollkommen undenkbar. Weil sie, das meint zumindest Howard Levitt, ein besonderes Kunststück vollbringt. Und er muss es wissen, schließlich verbringt er sein Arbeitsleben in der Ranger-Uniform des Golden Gate National Park Service auf einem Logenplatz mit Aussicht.
"Die Golden Gate Meeresstraße selbst ist schon zauberhaft. Sie trennt die Landzunge im Norden und die Klippen im Süden auf einer Distanz von 2,4 Kilometern. Auf Bildern des Fotografen Ansel Adams kann man diese Meeresstraße sehen, bevor die Golden Gate Brücke gebaut wurde. Die Brücke wertet diesen Anblick tatsächlich auf. Es ist wirklich selten, dass ein von Menschen gemachtes Objekt ein natürliches Bild verschönert. Die Golden Gate Bridge schafft das."
"Ich werde den Anblick der Golden Gate Bridge niemals leid. Sie macht mich stolz am Leben zu sein und stolz in San Francisco zu leben."
"Jedes Mal, wenn ich auf dem Weg zur Arbeit bin und ich sehe die Brücke, dann schlägt mein Herz ganz stark. Wirklich. Es ist ein großartiger Job. Ich liebe diesen Ort."
Dennis Dellarocca streicht seit fast dreißig Jahren die Brücke mit der offiziellen Golden Gate Bridge Farbe an. Das "International Orange" hat seine Arbeitskleidung für immer und ewig markiert und die Kollegen, die ihn liebevoll Rocky nennen, sagen, dass er am liebsten auch noch sein Haus in der offiziellen Farbe der Brücke aller Brücken anstreichen würde. Rocky sagt, er träume sogar in Orange.
"Wir sind alle unglaublich stolz auf das, was wir hier tun. Es ist kein gewöhnlicher Job, weil wir uns schließlich um eine weltberühmte Ikone kümmern. Und das ist der Grund, warum die meisten Kollegen 25 oder sogar dreißig Jahre hier arbeiten. Wer bei uns in den Ruhestand geht, hinter dem steht sofort der nächste, der seinen Job haben will."
Wenn Rocky ganz viel Glück hat, dann erlebt er zum Ende seiner Berufstätigkeit als Anstreicher der Golden Gate Bridge vielleicht, dass er sich einmal von einem Ende der Brücke bis zum anderen durchgestrichen hat. Nur um dann gleich wieder von vorne anzufangen. Die Brücke ist nichts für Menschen, die ein Projekt auch mal zu Ende bringen wollen. Sie war von Anfang an ein Ding der Unmöglichkeit und ist es noch immer. Und fast hätte es sie gar nicht gegeben. Grund Nummer eins: Das Meer.
Die Golden Gate Strait, also die Wasserstraße, die direkt unter der Brücke verläuft und die ihr ihren Namen gegeben hat, diese Golden Gate Strait hat es in sich. Ein Drittel des Wassers, das in Kalifornien niederregnet oder in den Bergen schmilzt, fließt zweimal am Tag aus der Bucht von San Francisco hinaus und jede Menge frisches Pazifikwasser fließt hinein. Extreme Strömungen in der engen Wasserstraße sind die Folgen. An den Fundamenten der Brücke haben sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als das Meisterwerk geplant wurde, zahlreiche Ingenieure die Zähne ausgebissen. Schnell trug das 2,7 Kilometer lange Projekt den Titel "Die Brücke, die nicht gebaut werden kann". Ein Deutsch-Amerikaner nahm die Herausforderung an. Joseph Strauss wollte die größte Hängebrücke der Welt bauen und er baute sie. Für die über 200 Meter hohen Pfeiler konstruierte er Spezial-Fundamente von der Größe eines Footballfeldes. Bis heute meistern sie die extremen Strömungen bravourös. Doch was sollte er gegen Feind Nummer zwei unternehmen? Den Nebel.
"Heute sei das Wetter super, aber meistens scheint es ihr wie ein Mythos, dass da draußen eine Brücke sein soll. Dann ist da nur kalter Nebel, sagt Celia Kuppersmith, die früher für den Verkehr auf der Brücke verantwortlich war."
San Francisco ist berüchtigt für seinen Nebel, vor allem morgens, aber manchmal auch mittags, abends und auch mal zwischendurch. Und dieser Nebel, zusammen mit dem starken Wind vom Pazifik, ist schuld am Wetter in San Francisco, das eindeutig schlechter sind als sein Ruf. Dem US-Schriftsteller Mark Twain wird gar der Satz in den Mund gelegt: "The coldest winter I ever spent was a summer in San Francisco. Der kälteste Winter, den ich je verbrachte, war ein Sommer in San Francisco." Für Rocky Dellarocca, Anstreicher aus Passion, ist alles eine Frage der richtigen Ausrüstung.
"Wir tragen alle Thermokleidung und dicke Jacken. Nur ab einer Windstärke von mehr als 56 Kilometern pro Stunde verlassen wir die Brücke, weil dann die Farbe seitlich wegspritzt. Es ist ein toller Job auch wenn er sehr hart ist und körperlich extrem anstrengend, was vor allem am Wetter liegt. Aber daran darf man nicht zu sehr denken."
Über Hunderte von Kilometern ist die Golden Gate Strait die einzige Lücke in der Küstenlinie, durch die Wasser und Wind in Richtung Landesinnere vordringen können. Und mit dem Wind und dem Nebel kommt das Salz. Dagegen helfen nur die richtige Antirost-Farbe und unermüdliche Handwerker. Ken Hopper hält einen Bolzen hoch, oder vielmehr das, was der Rost davon noch übrig gelassen hat.
Seit 28 Jahren steht der braun gebrannte, wettergegerbte Metallarbeiter auf der Brücke und tauscht die Metallteile aus. Allein die Nieten sind so schwer, dass sie einem den Zeh brechen könnten, wenn man sie drauf fallen ließe. Ken und Rocky und all die anderen Kollegen vor ihnen haben die Brücke in den 75 Jahren ihrer Existenz einmal fast komplett ausgetauscht: Die Kabel, mit denen man dreimal die Erde umrunden könnte. Die 300.000 Nieten. Die Fahrbahn, über die jährlich 40 Millionen Autos fahren – die Strecke nach San Francisco hinein kostet übrigens sechs Dollar, hinaus ist es kostenlos. Und dabei ist es eigentlich am schönsten, über die Brücke zu laufen, sagt auch Mary Currie, die für die Betreiberfirma arbeitet.
"Ich bin zum ersten Mal rüber gelaufen als ich dreizehn war und habe mich sofort verliebt. Sie ist ein unbeschreiblich schönes Symbol für menschlichen Einfallsreichtum und Vorstellungskraft. Sie ist wunderschön und sieht jeden Tag anders aus. Die Farbe verändert sich, hier treffe und sehe ich viele unterschiedliche Menschen und Dinge jeden Tag. Es wird einfach nie langweilig."
Die Golden Gate Bridge ist eine der wenigen Autobahnbrücken in den USA, auf denen man auch zu Fuß unterwegs sein darf. Wer vom Süden, also von der San Francisco Seite auf die Brücke geht, an der kleinen Statue von Erbauer Joseph Strauss vorbei, sieht die alte Militäranlage unter dem Brückenpfeiler und die Surfer, die sich in der Brandung vor dem Fundament in die Wellen werfen. Einmal oben, gilt es alles festzuhalten, was man lose am Körper trägt. Mit Bewunderung betrachten die anderen Fußgänger eine Braut, die sich nebst frisch gebackenem Ehemann auf der Westseite der Brücke fotografieren lassen möchte und dabei versucht, sich den Schleier um die blau gefrorenen Schultern zu legen. Die Menschen in San Francisco sind es gewohnt, das Wahrzeichen ihrer Stadt mit Menschen aus aller Herren Länder zu teilen. Mona Bartolomai ist aus Deutschland angereist, um einmal drüber zu laufen, über die berühmteste Brücke der Welt.
"Groß, mächtig, beeindruckend, wie das alles zustande gekommen ist, ich bin das erste Mal da und es ist super. Komm, wir machen mal ein Picture."
Der Blick von hier oben ist atemberaubend – wenn der Nebel sich verzogen hat. In der Mitte der Bucht die berühmt-berüchtigte ehemalige Gefängnisinsel Alcatraz, daneben die Skyline von San Francisco mit dem merkwürdig dreieckigen Transamerica Gebäude. Zur anderen Seite öffnet sich der dunkelblaue pazifische Ozean, hier und da leuchtet ein weißes Segel. Die Brücke vibriert vom Wind und von den vielen Autos, die unterwegs sind. An einem Pfeiler hängt ein Telefon, das direkt mit einer Hotline verbindet. Die Brücke ist eine Schönheit, aber auch eine tödliche, berichtet Scott. Er lebt auf der anderen Seite der Bucht, in Sausalito und er kommt fast täglich.
Wenn du diese Welt verlassen willst, warum nicht an einem Ort, der ästhetisch ist und auch dramatisch, sagt Scott und nimmt seinen kleinen Hund Lily auf den Arm. Die Golden Gate Bridge hält den traurigen Selbstmord-Weltrekord. Wie viele es genau waren, weiß niemand, Schätzungen gehen von 1000 in den 75 Jahren der Brücke aus, aber wahrscheinlich waren es viel mehr, die der Ozean einfach verschluckt hat. Der Sprung aus 75 Metern Höhe ist nahezu todsicher. Ein Thema, über das die Brückenmitarbeiter nicht gerne sprechen. Sie alle haben schon Menschen springen sehen oder mehr oder weniger erfolglos versucht, sie davon abzuhalten. Die Maler und Metallarbeiter, sie alle bekommen psychologische Unterstützung, wenn sie sie brauchen, sagt Mary Currie von der Brückenfirma.
"Wir spüren Menschen auf, die sich Schaden zufügen wollen. Wir sprechen mit ihnen und bringen sie von der Brücke. Ich weiß nicht, warum sie hier sterben wollen. Es ist ein Teil unserer Arbeit, über die ich aber nicht sprechen möchte, weil sie zu persönlich ist."
Wenn erst genug Geld gesammelt ist, soll ein Netz unter die Brücke gespannt werden. Bis dahin müssen Mary und ihre Kollegen mit dem Selbstmordtourismus aus der ganzen Welt leben. Viel lieber als über dieses traurige Thema spricht sie aber über ein Projekt, das vor dem Abschluss steht. Die Brücke, die nicht gebaut werden konnte und dann doch gebaut wurde, muss sich nämlich nicht nur gegen den Wind, den Nebel und das Meer wehren. In unmittelbarer Nachbarschaft verläuft der Sankt Andreas Graben durch den pazifischen Ozean. Experten erwarten seit Jahren "The Big One", ein Erdbeben nie gekannten Ausmaßes. Niemand weiß, wann es kommt. Aber die Brücke, diese elegante Schönheit aus orange-rotem Stahl, die soll auch danach noch stehen. Für 400 Millionen Dollar wird die Brücke saniert, damit sie einem Beben der Stärke 8,3 Stand halten kann, sagt Mary Currie.
"Wir stellen die Brücke neu ein, genauso wie wir ein Piano stimmen würden. Die Golden Gate Brücke soll die seismischen Kräfte entweder absorbieren oder abbauen."
Zu diesem Zweck wurden riesige Hydraulikanlagen maßgeschneidert, um die Pfeiler der Brücke während der Sanierung zu stützen. Und zwar so, dass sie nach dem Umbau exakt genauso aussieht wie vorher. Eine optische Veränderung ist bei der der Mutter aller Brücken, der Golden Gate Bridge, vollkommen undenkbar. Weil sie, das meint zumindest Howard Levitt, ein besonderes Kunststück vollbringt. Und er muss es wissen, schließlich verbringt er sein Arbeitsleben in der Ranger-Uniform des Golden Gate National Park Service auf einem Logenplatz mit Aussicht.
"Die Golden Gate Meeresstraße selbst ist schon zauberhaft. Sie trennt die Landzunge im Norden und die Klippen im Süden auf einer Distanz von 2,4 Kilometern. Auf Bildern des Fotografen Ansel Adams kann man diese Meeresstraße sehen, bevor die Golden Gate Brücke gebaut wurde. Die Brücke wertet diesen Anblick tatsächlich auf. Es ist wirklich selten, dass ein von Menschen gemachtes Objekt ein natürliches Bild verschönert. Die Golden Gate Bridge schafft das."
"Ich werde den Anblick der Golden Gate Bridge niemals leid. Sie macht mich stolz am Leben zu sein und stolz in San Francisco zu leben."