Archiv

"Wir Wochenendrebellen"
Die lange Suche nach dem Lieblingsverein

Vater-Sohn-Gespanne gibt es in deutschen Stadien viele - meistens beim immer gleichen Lieblingsverein. Seit 2011 sind Jason und Mirco von Juterczenka auf der Suche nach ihrem Lieblingsverein. Ihre Geschichte wurde jetzt verfilmt.

Von Nele Hüpper |
Szene aus dem Film Wochenendrebellen.
Ungewöhnliches Stadionduo: Die Wochenenendrebellen im Film (Leonine Studios)
„Du suchst Dir nicht deinen Verein aus, sondern dein Verein sucht sich Dich aus.“ Das schrieb schon Nick Hornby. Und das schreiben auch Mirco und Jason von Juterczenka, auf ihrem Blog „Wochenendrebell“. Die Abenteuer, die die beiden seit 2011 erleben, war Grundlage für einen Blog und Podcast, einen Roman – und jetzt einen Kinofilm, der ab dem 28. September in den deutschen Kinos läuft.
Seit 2011 sind Jason und Mirco von Juterczenka unterwegs, auf der Suche nach Jasons Lieblingsverein. Den hat er nicht in die Wiege gelegt bekommen, wie andere Menschen. Jason ist Autist. Er denkt sehr logisch, forscht am Schülerforschungszentrum Nordhessen zum Thema Chaosphysik. Seine Wahrnehmung auf die Welt ist anders als bei neurotypischen Menschen. Mal ist er hochfunktional, es gibt aber auch Situationen, die ihn überfordern. Und als Kind hat er viele Sprichwörter wörtlich genommen, so auch das mit dem Fußballverein und der Wiege.

Kein Fußballverein in der Wiege

Weil er eben keinen Fußballverein in die Wiege gelegt bekommen hat, machen sein Vater und er sich auf den Weg einen Verein für Jason zu finden. Und weil Jason ein Freund von Regeln und Struktur ist, müssen alle Fußballvereine geschaut werden, bevor entschieden wird, welcher der Lieblingsverein ist. Seit seinem sechsten Lebensjahr sind sie unterwegs, Jason ist jetzt 18 Jahre alt. Auf der Suche sind sie laut Jason immer noch: „Es ist relativ klar, dass der Lieblingsverein niemals gefunden wird. Also nicht zu 100 Prozent. Aber ich würde sagen, das ist unwahrscheinlich. Aber wir suchen trotzdem weiter. Es ist ja auch eine Freude, auf der Suche zu sein.“
Und jetzt der Film über ihre Geschichte, der sich sehr an die echten Dialoge aus dem Buch hält. Der Film zeigt ein Kind auf dem autistischen Spektrum auf der Suche nach einem Fußballverein. Mit allen Höhen und Tiefen, mit allen Wutanfällen weil etwas nicht Jasons‘ Regeln entspricht. Jason: „Der Gedanke war auch im Film unsere Geschichte zu erzählen, mit dem Minimalanspruch, das auf keinen Fall Autismus falsch dargestellt wird, also nicht noch Schaden anrichtet. Wenn man unsere Geschichte erzählt, so wie sie ist, passiert einiges schon von alleine.“
Jason und Mirco von Juterczenka sitzen im Zug
Filmvorbilder: Die echten Wochenendrebellen Mirco (rechts) und Jason von Juterczenka (Swantje Unterberg)

Autismus, Fankultur, Teilhabe

In dem Film wird sehr nahbar und auch für die Kinobesucher deutlich gezeigt, wie der Film-Jason Dinge wahrnimmt, durch das Sounddesign und die Kameraführung. Mirco von Juterczenka: „Die Szenen, wenn Jason in Schwierigkeiten gerät, sind wirklich aus seiner direkten Perspektive gezeigt und könnten dafür sorgen, dass etwas mehr Verständnis geweckt wird, so insgesamt.“
Jasons Blickwinkel auf Fußball, Fankultur und Stadien ist anders als bei neurotypischen Menschen. Das liegt auch an der unfreundlichen Umgebung Stadion. „Wenn man sich die Reize anschaut und plötzliche Lautstärke, plötzliche Berührungen… Man hat da irgendwie keine Kontrolle über das Geschehen, sondern ist dem was passiert mehr oder weniger ausgeliefert“, erklärt Jason über die Umgebung Stadion. Aber: „Man sieht als Autistin oder Autist vielleicht im Stadion diese Skurrilitäten. Zum Beispiel ein einklappbarer Flutlichtmast oder so. Ich kann mir vorstellen, dass man als Autist*in diese Dinge auch vielleicht mehr wertschätzt.“

„Es ist eine Freude auf der Suche zu sein.“

Florian David Fitz und Cecilio Andresen in einer Szene des Films "Wochenendrebellen".
Florian David Fitz und Cecilio Andresen spielen die "Wochenendrebellen" im Film. (Leonine)
Die Geschichte von Mirco und Jason von Juterczenka ist eine über Wertschätzung, Liebe zum Fußball, die Freude dass sowohl Vater als auch Sohn ein Hobby teilen können. Und eine übers Fan sein. Jason von Juterczenka: „Für mich bedeutet Fan sein von Stadion zu Stadion zu reisen und sich überall für diesen einen Besuch auch komplett dort darauf einzulassen. Auf die Fankultur, die Eigenheiten der Stadien, oder die Geschichte eines Vereins. Und das halt von ganz, ganz vielen Vereinen, nicht nur von einem. Wie es ist nun Fan von einem Verein zu sein, das weiß ich nicht.“
Aber sie sind ja auch noch auf der Suche. Ab dem 28. September kann man ihnen auf der Kinoleinwand dabei zusehen.