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Wohlfühlen rechnet sich

Der Wohlfühlfaktor steht normalerweise nicht unbedingt an erster Stelle, wenn ein Unternehmer erklären soll, wieso er erfolgreicher ist als ein Konkurrent. Doch bei Vollack ist das anders. Der Stahlbauer arbeitet in einer der härtesten Branchen - dem Bau, setzt dabei aber ganz bewusst auf Weiches wie den Wohlfühlfaktor. Diese Unternehmensphilosophie hat nun in Eisenach eine besondere Blüte hervorgebracht: Vollack betreibt dort ein Tagungszentrum, das voll und ganz auf die aus China stammende Feng-Shui-Lehre setzt, also darauf, dass in Gebäuden und Räumen Harmonie geschaffen werden kann, ja geschaffen werden muss. Denn so können zum Beispiel auf einer Fortbildung zuvor blockierte Energien fließen, so fühlen sich Mitarbeiter und Gäste wohl und so wachsen sie über sich hinaus. Und dann rechnet sich das Wohlfühlen auch in der Bilanz.

Von Ulrike Greim |
    " So, wie wir ständig all unsere Sinne brauchen, um die Projekte in dieser Anforderung durchzuführen, wollen wir natürlich auch in unsrem Tagungszentrum zeigen: wie kann man die Sinne anregen. Die Leute auf der einen Seite ein bisschen aus ihrem Alltagsstress herausholen, und sie hier zu ganz neuen Möglichkeiten inspirieren. Das heißt: Sinne anregen: Hören, Riechen, Fühlen und auch Schmecken."

    Anja Kukuk ist eine attraktive junge Frau, Leiterin des Vollack-Feng-Shui-Tagungszentrums in Eisenach. Das Stahlbau-Unternehmen mit Stammsitz in Karlsruhe hat hier mehrere Betriebe und im Gewerbegebiet Stedtfeld mit Blick auf die Wartburg nun ein eigens Schulungszentrum, das man auch mieten kann. Natürliche Farben und weiche Formen bestimmen das Bild. Holz, Bambus, Glas, Steine, auch Sand.

    " Wir haben zwei vorgelagerte Dachterrassen, die bepflanzt sind. Zum Beispiel unser Garten der Düfte auch mit Pflanzen, die die Konzentrationsfähigkeit der Teilnehmer wieder schulen."

    Wer gut arbeiten soll, muss auch gut lernen können. Der Stahlbaubetrieb verlangt von seinen Mitarbeitern hohe Kreativität, hohes Engagement, ständige Weiterentwicklung. Dazu braucht es, sagt Vollack Geschäftsführer Hans Bretz, Kinderhirne.

    Im Haus verteilt: Spielzeug. Holzkreisel, die man ausbalancieren kann, ein Tisch mit einer Art Holzvariante des Billards, ein Besprechungsraum hat statt Teppichborden große Kieselsteine.

    " Normal müssten wir hier barfüßig sitzen, damit wir die Kiesel am Fuß spüren. Das ist, wie Fußreflexmassage. Das soll ja bis ins Hirn wirken."

    Und im Gehirn braucht man Bewegung, viele Verbindungen zwischen rechter und linker Gehirnhälfte, zwischen logischem und abstraktem Denken. Denn: wer Erfolg haben will, muss lernen können. Soziale Kompetenz beispielsweise, Gesprächsführung.

    " Überall da, wo Belebung stattfinden soll, Kommunikation - auch in Empfangssituationen wird oft die Farbe rot verwendet, weil es doch eine Art Herzensfarbe ist, die die Leute erstmal zueinander bringt, offen macht, und Bewegung, Kommunikation, Redefluss erzeugen soll und auch tut."

    In vielen Räumen plätschert Wasser. Wasser hat eine hohe Energie, lernten die Stahlbauer bei Feng Shui. Es bringt Dinge in den Fluss. Hans Bretz war überzeugt.

    " Deswegen werden immer mehr Bauwerke, die wir so bauen - die kriegen eine Terrasse und einen Teich dazu. Und wir stellen fest, dass auf diesen Terrassen und an dem Teich: da sitzen die Leute und vergessen den Feierabend. Erzählen sich dies und jenes, am meisten über die Firma. Und Entwicklungsgruppen sitzen am meisten da."

    Das Unternehmen sei gewachsen, indem der Stahlbauer aus Fehlern lernte und Lösungen suchte, sagt der Firmenchef. Weil viele Bauherren am Ende nicht mit dem Bau an sich, aber mit der Konzeption unzufrieden waren, entwickelte Vollack eine Beratung von Anfang an. Von der Idee zur Vision dessen, was das Unternehmen in Zukunft will. Daraufhin erst wird projektiert. Heute sitzen die Vollack-Leute mit den angehenden Bauherren hier und beraten in Phase Null, was genau sie wollen, und wie man das umsetzen kann.

    " Wir suchen mentalitätsverwandte Menschen, die ein Funkeln in den Augen haben, die begeisterungsfähig sind, die was schaffen wollen, die was bewegen wollen, die risikofreudig sind, die mutig sind, die einfach lebendig sind."

    Hans Bretz sagt, Vollack suche sich seine Partner aus. Für die öffentliche Hand baue man nicht mehr. Nicht nur, weil die Zahlungsmoral schlecht ist, sondern vor allem, weil die Kreativität fehle.

    An der Wand im Tagungshaus: expressionistische Gemälde. In einer Ecke, ein großes, ästhetisch starkes Pendel, das feine Linien in Sand malt.

    " Und unsere Mitarbeiter, die versuchen wir auch mit Kultur und Kunst auf dieses Niveau zu bringen, dass wir brauchen, um mit erfolgreichen, anständigen Bauherren zusammenzuarbeiten."

    150 eigene Architekten und Bauingenieure lernen hier in Eisenach kontinuierlich weiter. Jeder Mitarbeiter habe vielleicht hundert Qualifizierungen. Sie hätten etliche Tagungshotels getestet, um am Ende in Eisenach auf Feng Shui zu setzen. Das sei nicht unbedingt billiger, aber wesentlich besser, weil bereits in der Atmosphäre deutlich werde, worum es geht. Und die Nachfrage anderer Veranstalter nach dem Vollack-Tagungszentrum zeigt, dass es dafür wachsenden Bedarf gibt. Das Haus, das wirtschaftlich eigenständig arbeitet, bietet sich im gehobenen Preissegment an, Kosten werden individuell festgelegt.

    Ein Tagungsraum ist Yan zugeordnet, er soll in warmen Tönen eher die Kreativität und Kommunikation befördern. Daneben einen Raum mit Yin-Energie.

    " Das ist einfach der frischere Raum. Es sind Farben gewählt, die den Menschen abkühlen, wo wir sagen: hier würden in der Schule die Arbeiten geschrieben, weil sich jemand sehr stark konzentrieren kann. Hier würden schwierige Bankengespräche durchgeführt werden. Weil: wenn die Leute schon sehr erhitzt sind, innerlich angespannt sind, können Farben durchaus abkühlen."

    Hier trainieren Architekten Freihandzeichnen. Hier werden Unternehmen beraten, wie sie innerbetrieblich rationalisieren, so dass am Ende mancher Neubau unnötig wird, oder aber effektiver gestaltet werden kann.

    Nach Feng Shui Prinzipien wurden auch die eigenen Firmenräume gestaltet. Es gibt keine Trennwände, nur dezent abgeteilte Areale, alle Möbel sind auf Rollen, so dass sie bei Bedarf umgeräumt und neu zugeordnet werden können.

    " Wir arbeiten zusammen, um eben nicht die eingeschlossenen Puzzle-Weltmeister zu sein, sondern hören: was sagt der andere, miteinander kommunizieren auf ganz, ganz schneller Ebene helfen, Unterstützung geben, auch mit einer neuen Idee immer weiter nach vorne bringen."

    Auch hier plätschert Wasser, hier liegen Steine auf Sandinseln, die Farbtöne sind warm. Das kostet nicht viel mehr, sagt der Firmenchef, aber es bringt viel. Wohlfühlen rechnet sich.

    " Und es ist nicht ermüdend, es ist nicht so lahm, es sieht nicht aus, wie in der Klinik oder im Labor. Es ist anregend und tut einfach gut."