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"Wohllebens Welt"
Ein Waldspaziergang zum Lesen

Der Förster Peter Wohlleben ist ein Star in der Naturszene. Nachdem er mit seinen Büchern viele Fans gewonnen hat, verrät er seine Waldgeheimnisse ab sofort auch in einem Magazin. "Wohllebens Welt" passt damit zu einer Strategie, die der Verlag Gruner und Jahr schon länger verfolgt.

Von Sebastian Wellendorf |
Ein Wald an der Schwäbischen Alb, Baden-Wuerttemberg, Deutschland
Der Wald lässt sich mit "Wohllebens Welt" auch erleben, ohne draußen in der Natur zu sein (imago / Westend61)
Eine Lichtung tief im Wald. Morgentau-benetztes Moos, sattgrüne Äste, durch die das erste Sonnenlicht fällt. An einem sehr dicken und gesunden Eichenstamm lehnt er, sinnierend in die Ferne blickend: Peter Wohlleben, auf dem Cover seines neuen Magazins namens "Wohllebens Welt". Daneben das dick gedruckte Versprechen: ein neuer Blick auf die Natur.
"Mein Blick ist eigentlich schon seit 30 Jahren ein bisschen anders. Mich haben in der Vergangenheit auch schon so einfache Beschreibungen gelangweilt: Das ist eine Eiche, das eine Buche. Ich finde es zum Beispiel viel spannender: Was passiert da eigentlich zwischen den Bäumen? Gibt es da eine Kommunikation oder können Bäume eigentlich auch schlafen? Wie schläft eigentlich ein Baum?", erklärt Wohlleben.
Natur pur auf 145 Seiten
Ganz kurz, für alle Interessierten: Ja, Bäume schlafen. Wussten Experten schon lange. "Was jetzt neuer ist, dass Bäume sich nachts im Schlaf auch ein bisschen aufpumpen, trotzdem die Zweige hängen lassen", sagt Wohlleben.
"Wohllebens Welt" ist Natur hautnah auf 145 Seiten. Es gibt Reportagen über eine Frau, die einen Fuchs zum Freund hat. Dann diverse Sach- und Infotexte. Was Moose zu Überlebenskünstlern macht, warum bei den Ameisen die Frauen das Sagen haben. "Dass man erst einmal entdeckt: Was gibt es denn alles an wunderbaren Sachen und zwar nicht nur im tropischen Regenwald, sondern vor unserer Haustür."
Entspannende Informationen
Oder der Text darüber, wie sich eine Wiese anhört. Im Heft müssen Wörter wie ssss, zilpzilp und zitzitzit aushelfen. Themen also, die interessieren und "die einen aber auch entspannen lassen, wenn man einfach mit einer schönen Tasse Tee im Sessel sitzt. Es regnet draußen und man spaziert eben einfach virtuell durch die Natur."
Und auf diesem virtuellen - nein, eigentlich ist es ja ein sehr durchblätternd analoger Spaziergang - jedenfalls trifft man beim mit Teetasse im Sessel Sitzen nicht nur auf viele farbintensive Nahaufnahmen von Ästen, Gräsern, Blüten und Insekten. Man trifft auch sehr oft auf Peter Wohlleben selbst. Ganz am Anfang: im intimen Artikel "Wie ich wurde, wie ich bin". Mit privaten Fotos als Kind.
Ein Promi als Aushängeschild
Einige Seiten später: die heilende Wirkung der Natur. Wohlleben erklärt das Konzept des Waldbadens, auf dem Foto betrachtet er intensiv ein Blatt. Oder Bushcrafting: wie es sich ohne Zelt im Wald lebt. Selbstversuch mit naturfremden Städtern. Bäume fällen, kein Handy dabei haben, zu sich finden, sowas. Peter Wohlleben ist Namensgeber und ominpräsentes Zugpferd des Heftes.
"Wir haben gemerkt: Ja, es gibt Menschen, die sehr interessant sind, die in unterschiedlichen Feldern aktiv sind und es erstens Spaß macht und zweitens auch für beide Seiten Nutzen stiftet, wenn man sich einfach zusammentut und Dinge auf diese Art und Weise in einer Zeitschriftenform darreicht", sagt Gerd Brüne, bei Gruner und Jahr der verantwortliche Publisher für Wohllebens Welt.
"Ergreifende Gefühle im Wald"
Auf berühmte Menschen, die in unterschiedlichen Feldern aktiv sind, hat sich Gruner und Jahr mittlerweile spezialisiert. Stichwort Promis und ihre Magazine. Barbara Schönebergers "Barbara", Joko Winterscheidts "JWD" oder Eckhard von Hirschhausens "Stern Gesund leben".
Hirschhausen besucht übrigens auch Wohlleben in dessen Heft, in der Rubrik "Wohlleben trifft", in der es um "ergreifende Gefühle im Wald" geht und um die Erkenntnis, dass "wir die Erde so behandeln sollten wie unser Wohnzimmer".
Gerd Brüne sagt dazu, es gebe "keine einfachen Bilder, die man aufzeigen kann. Aber so wie Peter Wohlleben es schafft, das Ganze in schöne Bilder zu gießen, das hat, glaube ich, die Menschen gepackt." Wohlleben ergänzt, es gehe "natürlich um diese Dinge. Nur eben nicht von der belehrenden Seite her, da haben wir schon genug, sondern von der Seite, die wirklich Spaß und Freude macht."
Ein Magazin für Spaziergänger
Spaß und Freude. Mit Bildern auf denen die Natur vor Pracht und Gesundheit nur so strotzt. Für Menschen, die sich vielleicht nicht das Kamingespräch mit Peter Wohlleben in dessen Waldakademie für 159 Euro leisten können, aber vielleicht für Menschen, "die auch selber sagen: Ja, ich gehe schon mal raus, ich gehe öfter oder ich gehe wandern, die halt auch schon eine gewisse Erfahrung damit haben, selbst ins Freie zu gehen", sagt Wohlleben.
Wohllebens Welt ist in seiner Heile-Welt- beziehungsweise Heile-Naturdarstellung eine Art flauschige Kuscheldecke für den gehfaulen Outdoorfan. Bilder und Texte von den Problemen der Natur, Monokulturen, Überdüngung, Artenschwund sucht man hier vergeblich.
Nach der Lektüre in den Wald gehen
In der aktuell so erfolgreichen Flut der Wohlfühl-, Heim- und Familienmagazine ist ein Heft über den Wald als Ort der entrückten Träumerei konsequent und erfolgversprechend. Und was bleibt nach 145 Seiten? Ein Gefühl der grünen Betäubung bleibt. Aber tatsächlich auch die Neugier. Irgendwie möchte man rausgehen und nachsehen, ob sich Bäume nachts wirklich aufpumpen und die Äste hängenlassen. "Das wäre der Idealzustand: Heft zuklappen, Drang verspüren rauszugehen und das Ganze nachzuerleben und selbst zu erleben. Das wäre für mich die perfekte Kombination."