Günstiger Wohnraum
So funktioniert Wohngemeinnützigkeit

Die Bundesregierung möchte die Wohngemeinnützigkeit wieder einführen und so für mehr bezahlbaren Wohnraum sorgen. Wie funktioniert dieses Modell und welche Vorteile bringt es? Was bemängeln Kritiker daran?

    Sozialwohnungen in einem Wohnhaus in der  Pallasstraße in Berlin-Schöneberg.
    Kann das bald wieder eingeführte Modell der Wohngemeinnützigkeit ausreichend bezahlbaren Wohnraum schaffen? (picture alliance / imageBROKER / Schoening)
    Bezahlbarer Wohnraum ist knapp – besonders in Städten. Die Bundesregierung will das Problem unter anderem angehen, indem sie ein altes Instrument wieder einführt: die Wohngemeinnützigkeit. Wird das helfen?

    Inhalt

    Was ist Wohngemeinnützigkeit?

    Das Modell Wohngemeinnützigkeit (manchmal auch „Wohnungsgemeinnützigkeit“ genannt) soll günstiges Vermieten attraktiv machen. Das Prinzip: Wohnungsunternehmen verpflichten sich dazu, Wohnraum anzubieten, der deutlich unter den durchschnittlichen Mietpreisen liegt. Im Gegenzug erhalten die Unternehmen Steuererleichterungen.

    Was plant die Bundesregierung?

    Wenn Unternehmen, Stiftungen oder Vereine Wohnungen zu einem Preis unter der marktüblichen Miete vor Ort anbieten, soll ihnen ab 2025 die Körperschaftssteuer sowie die Gewerbesteuer erlassen werden. Das gilt nur für Vermieter, die gänzlich auf die Ausschüttung von Gewinnen verzichten und Wohnraum dauerhaft zu vergünstigten Konditionen anbieten. Die Bundesregierung beziffert die Steuerersparnis für Vermieter jährlich auf 1000 bis 2000 Euro pro Wohnung.
    Anspruch auf diese Wohnungen sollen Mieter haben, deren Einkommen eine bestimmte Grenze nicht überschreitet. Diese liegt beim Fünffachen des Regelsatzes der Sozialhilfe bzw. bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden beim Sechsfachen. Diese Grenze liegt laut Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) so, dass rund 60 Prozent der Haushalte in Deutschland von den neuen Regeln profitieren könnten.

    Warum wurde die Wohngemeinnützigkeit 1990 abgeschafft?

    Das Instrument der Wohngemeinnützigkeit gab es in Deutschland schon einmal – es wurde allerdings 1990 abgeschafft. Anteil daran dürfte der Skandal um das Wohnungsbauunternehmen „Neue Heimat“ gehabt haben. Der „Spiegel“ berichtete 1982 von Selbstbereicherung und Missmanagement in dem DGB-Unternehmen, das ebenfalls vom Modell der Wohngemeinnützigkeit profitierte.

    Was spricht für Wohngemeinnützigkeit?

    Sozialwohnungen – ein anderes Modell des vergünstigten Wohnens - fallen in der Regel nach einem bestimmten Zeitraum (meistens nach knapp 30 Jahren) aus der Sozialbindung heraus. Danach können höhere Mieten verlangt werden. Beim Modell der Wohngemeinnützigkeit behalten die Wohnungen dauerhaft ihren niedrigen Mietpreis. Darin sehen Befürworter den größten Pluspunkt.
    Stadtforscher Sebastian Schipper sieht einen weiteren Vorteil darin, dass Unternehmen, die der Wohngemeinnützigkeit zugestimmt haben, über eine öffentliche Liegenschaftspolitik gezielt mit Bauflächen versorgt werden können.

    Was spricht gegen Wohngemeinnützigkeit?

    Nach Ansicht von Sandra Weeser, FDP-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen, ist es schwer zu rechtfertigen, wenn mittels Steuererleichterungen Steuergelder – zumindest indirekt – „in marginale Projekte fließen“. Der Anteil geförderter Wohnungen am gesamten Wohnungsmarkt werde voraussichtlich eher klein sein.
    "Die Wohngemeinnützigkeit ist kein Gamechanger“, meint auch der Trierer Ökonom Dirk Löhr. Selbst nach Ansicht der Bundesregierung werden die Neuregelung maximal hundert Unternehmen nutzen, nur rund 105.000 Haushalte könnten profitieren. Richtig Wirkung entfalten werde das Instrument erst, wenn der Staat ausreichend Fördermittel für den Bau entsprechender Wohnungen bereitstelle.

    Welche Alternativen gibt es?

    Ideen für Vorhaben, die geringe Mietpreise fördern könnten, gibt es viele. Eine Auswahl:
    • Der Staat kann selbst bauen. Dadurch kann eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft die Mietpreise sowie die Einkommensgrenze bestimmen, bis zu der Mieter potenziell wohnberechtigt sind.
    • Über seine Förderbank KfW könnte der Staat öffentlichen und privaten Wohnungsunternehmen günstige Kredite anbieten.  
    • Der Staat könnte Neubauten schneller genehmigen – sowie mit weniger Auflagen
    • Bauland könnte staatlich günstig oder umsonst vergeben werden – mit der Bedingung, als Gegenleistung die Miethöhe zu begrenzen
    • Kommunen könnten mehr auf serielles und dadurch günstiges Bauen setzen (Plattenbau etc.)
    • Die Bundesländer könnten die Grunderwerbsteuer senken

    jma