Wolfgang Ischinger scheint der richtige Mann für die verfahrene Situation in der Ukraine zu sein: Der 68-Jährige ist auf dem internationalen Parkett als aufmerksamer und einfühlsamer Zuhörer ebenso bekannt wie als zäher Verhandler in Fragen von Krieg und Frieden.
Russland aus der Schmoll- und Trotzecke herausholen
Erst Anfang Februar versammelte Ischinger, der nach dem Ausscheiden aus dem Auswärtigen Dienst den Titel eines Botschafters trägt, damalige zentrale Akteure des Ukraine-Konflikts bei seiner Konferenz in München. Auf dem Podium saßen Boxweltmeister Wladimir Klitschko als Mitanführer der Opposition und der Außenminister des inzwischen gestürzten Staatschefs Viktor Janukowitsch, Leonid Koschara.
Als im März die Krim annektiert wurde, forderte Ischinger, der Westen dürfe nicht nur Sanktionen verhängen, sondern müsse "den Russen auch einen Weg zeigen, wie sie aus ihrer Schmoll- und Trotzecke mittelfristig wieder herauskommen können".
Ischinger kann den Konfliktparteien Türen öffnen
Es sind solche Sätze, die den jeweiligen Konfliktparteien Türen öffnen, für die Ischinger bekannt ist und geschätzt wird. Der am 6. April 1946 im baden-württembergischen Beuren geborene Diplomat absolvierte ein Jura- und Völkerrechtsstudium in Bonn, Genf und Harvard. In den Jahren 1973 bis 1975 arbeitete er in New York für den damaligen UN-Generalsekretär Kurt Waldheim. Die Kunst der Diplomatie lernte Ischinger dann unter anderem in den 1980er-Jahren im Büro des damaligen Außenministers Hans-Dietrich Genscher (FDP).
Vermittler im bosnischen Bürgerkrieg
1995 handelte Ischinger im Auftrag des Auswärtigen Amts mit dem US-Diplomaten Richard Holbrooke zunächst das Dayton-Abkommen mit aus, durch das der bosnische Bürgerkrieg beendet wurde. Vier Jahre später war es erneut Ischinger, der als Außenstaatssekretär maßgeblich an der Beilegung des nächsten Balkankonflikts mitwirkte: Für das Ende des Kosovokriegs war es damals ausschlaggebend, dass es ihm gelang, Russland bei den Bestrebungen für eine politische Lösung mit ins Boot zu holen.
Nachdem er sich so in der Balkanpolitik ausgezeichnet hatte, ging Ischinger unter der rot-grünen Bundesregierung als Botschafter in die USA, wo er sein Amt an einem Schicksalsdatum - dem 11. September 2001 - antrat. In Washington fiel ihm die heikle Aufgabe zu, nach dem Zerwürfnis zwischen US-Präsident George W. Bush und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) über den Irakkrieg beim Glätten der transatlantischen Wogen zu helfen.
Vorsitz der Sicherheitskonferenz
Nach dem Ende seiner Tätigkeit in Washington wechselte der in zweiter Ehe verheiratete Vater von drei Kindern 2006 als Botschafter nach Großbritannien. Im Jahr 2008 übernahm er vom früheren Kanzlerberater Horst Teltschick den Vorsitz der Sicherheitskonferenz. Privat musste Ischinger in dieser Zeit einen persönlichen Schicksalsschlag verarbeiten: sein Sohn Florian nahm sich im Alter von 19 Jahren das Leben.
(tzi/ach)