Bundestagswahlkampf
Worauf sich die Parteien im Fairness-Abkommen geeinigt haben - und warum AfD und BSW nicht dabei sind

Vor einem voraussichtlich harten Bundestagswahlkampf haben sich sechs Parteien auf ein Fairness-Abkommen verständigt. Es sieht unter anderem vor, auf persönliche Herabwürdigungen oder Angriffe auf Politiker zu verzichten und respektvoll miteinander zu debattieren. Was beinhaltet das Abkommen im Detail?

    Blick in das leere Plenum des Deutschen Bundestages mit dem Bundesadler.
    Zwei Parteien sind nicht Teil des Fairness-Abkommens (Archivbild). (picture alliance / photothek.de / Thomas Trutschel)

    Was sieht das Fairness-Abkommen vor?

    Vereinbart wurde das zweiseitige Papier von SPD, CDU, CSU, Grünen, FDP und der Linken. In der "Vereinbarung zu einem fairen Bundestagswahlkampf" versichern die Parteien insbesondere, auf persönliche Herabwürdigungen zu verzichten und sich extremistischen Äußerungen entgegenzustellen. Damit die Bürger ihre Wahl treffen könnten brauche es "einen Wahlkampf, der bei aller notwendigen Klarheit, Kontroverse und auch Härte den Grundprinzipien der Fairness treu bleibt", heißt es.
    In der Wahlkampf-Vereinbarung bekennen sich die Parteien zum Verzicht auf Desinformationen. Auch dem Nutzen falscher Identitäten etwa mit Fake Accounts wird eine Absage erteilt. Die Parteien seien als Absender einer politischen Botschaft erkennbar, entweder durch ein im Wahlwerbemittel klar erkennbares Parteilogo oder durch den Account, mit dem ein Inhalt publiziert werde, heißt es.
    Für den Wahlkampf vor Ort sichern sich die Parteien gegenseitig zu, keine Gewalt gegen Wahlkämpfer etwa beim Aufhängen von Plakaten und gegen Wahlkampfstände anzuwenden. Plakate politischer Konkurrenten dürfen nicht zerstört, beschädigt, ab- oder umgehängt werden.

    Wahlkampf im Netz: Welche Regeln gelten für die Nutzung von Künstlicher Intelligenz & Co?

    Auch der digitale Wahlkampf und das Nutzen künstlicher Intelligenz soll fair erfolgen. So heißt es zum Beispiel: Deepfake-Technologien nutze man nicht, um politischen Mitbewerbern Aussagen in den Mund zu legen, die sie nicht tatsächlich getätigt hätten. Mit Hilfe von KI generiertes Bild-, Video- und Tonmaterial soll unmissverständlich und unübersehbar so gekennzeichnet werden.
    Mit den persönlichen Daten von Nutzern werde verantwortungsvoll umgegangen. Bei der Ansprache von Wählerinnen und Wählern wollen die Parteien auf sogenanntes Micro-Targeting "auf Basis sensibler Daten wie religiöser Zugehörigkeit oder sexueller Identität" verzichtet. Sie wollen sich auf die Nutzung übergeordneter soziodemografischer Merkmale "zur zielgruppenspezifischen Ansprache von Wählerinnen und Wählern" beschränken.

    Warum sind AfD und BSW nicht dabei?

    In dem Abkommen wenden sich die Parteien gegen Extremismus, Antisemitismus, Rassismus und antidemokratische Bewegungen. "Mit der AfD und mit Parteien, die nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen, wird es keinerlei Zusammenarbeit geben." Somit ist auch ein gemeinsames Abkommen mit der AfD per se nicht möglich.
    Das BSW lehnte laut Generalsekretär Leye eine Unterzeichnung des Abkommens ab, da es als unehrlich und selbstgerecht empfunden werde. Denn Vertreter der beteiligten Parteien hätten wiederholt Falschbehauptungen über das BSW verbreitet. Leye verwies dabei auf Äußerungen, die Partei sei "von Moskau gekauft".

    Ist ein Fairnessabkommen wirklich nötig?

    "Dieses Fairness-Abkommen steht sicherlich im Zeichen der ersten Verhärtungen des Bundestagswahlkampfes", sagte Deutschlandfunk-Hauptstadtkorrespondent Stephan Detjen.
    Heftige Wortgefechte rund um die Vertrauensfrage von Bundeskanzler Scholz hatten die Sorge aufkommen lassen, dass der Wahlkampf besonders hitzig wird. So sagte Scholz im ZDF über seinen CDU-Herausforderer Merz: "Fritze Merz erzählt gern Tünkram". Tünkram ist Plattdeutsch und heißt so viel wie dummes Zeug. Auch die Union zeigte, dass sie nicht zimperlich mit dem politischen Gegner umgeht. So sagte CSU-Chef Söder als Reaktion auf den Kanzler: "Olaf Scholz ist kein Vorbild mehr für die Demokratie und ist der peinlichste Bundeskanzler, den unser Land je hatte."
    Nach Angaben von Detjen gab es schon 1980 eine Art Fairness-Abkommen zwischen Franz Josef Strauß (CSU) und Helmut Schmidt (SPD). Darin ging es unter anderem um die Begrenzung von Wahlkampfkosten. Ab den 2000er Jahren gab es immer mal wieder Diskussionen über Abkommen, die sich häufig mit digitalen Wahlkampfmitteln befassten, aber meist nicht zustande gekommen sind.
    Diese Nachricht wurde am 23.12.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.