Nahost-Krisengipfel
Worum es bei den Verhandlungen in Doha geht

In Doha, der Hauptstadt des Emirats Katar, beginnen heute Verhandlungen zum Nahost-Konflikt. Die Vermittlungen sollen den Weg zu einer Waffenruhe im Gaza-Krieg ebnen. Beobachter gehen davon aus, dass es sich um eine entscheidende Verhandlungsrunde handeln könnte, um einen möglichen Flächenbrand in der Region noch zu verhindern. Doch die Skepsis bleibt groß. Ein Überblick.

    Vertriebene Palästinenser verlassen ein Gebiet im östlichen Chan Junis in Richtung Westen.
    Die schwer umkämpfte Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens: Mit einem Verhandlungserfolg in Doha könnte es auch dort eine Waffenruhe geben. (Naaman Omar / APA Images via ZUMA / Naaman Omar)

    Worum geht es bei den Verhandlungen?

    Formal ist es ein weiterer Vermittlungsversuch im Gaza-Krieg. Ziel ist es, ein neues Abkommen zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas zu schließen, um eine Waffenruhe und die Freilassung weiterer Geiseln zu erreichen. Aktuell sollen sich - nach israelischen Angaben - noch 115 Menschen in der Gewalt der Hamas befinden.
    Darüber hinaus spielt aber auch der Konflikt zwischen Israel und dem Iran eine wichtige Rolle. Gestern erklärte US-Präsident Biden, ein neues Abkommen könnte dafür sorgen, dass der Iran Abstand von seinen Vergeltungsplänen gegen Israel nimmt. Es gibt die Befürchtung, dass dieser Konflikt ansonsten einen Flächenbrand in der Region auslösen könnte.

    Wer nimmt an den Verhandlungen teil - und wer nicht?

    Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur werden CIA-Chef Burns, Katars Ministerpräsident Thani und Ägyptens Geheimdienstchef Kamel in Doha erwartet. Israels Delegation dürfte wieder vom Chef des Auslandsgeheimdienstes Mossad, Barnea, und vom Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Bar, geleitet werden. Ministerpräsident Netanjahu habe die Abreise der israelischen Delegation nach Doha sowie das Mandat für die Verhandlungsführung genehmigt, teilte sein Büro mit.
    Die Hamas nimmt an der neuen Gesprächsrunde nicht teil, wird sich aber nach eigenen Angaben über die besprochenen Punkte informieren lassen. Hamas-Vertreter wären ohnehin nicht im selben Raum mit der israelischen Delegation gewesen, sagte ein arabischer Beamter der "Times of Israel". Das Format sei im Grunde dasselbe wie bei früheren Verhandlungsrunden, auch dabei gab es kein direktes Aufeinandertreffen zwischen Vertretern der Hamas und Israels.

    Welche Rolle spielen die USA?

    Die USA spielen traditionell eine große Rolle im Nahost-Konflikt und sind wichtige Partner Israels. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jean-Pierre, sagte, man wolle einen Waffenstillstand erreichen. Die USA wollten, dass der Krieg beendet und die israelischen Geiseln nach Hause kommen könnten. Man wolle außerdem mehr humanitäre Hilfe für den Gazastreifen ermöglichen.
    Es wird erwartet, dass die USA zusammen mit den weiteren Vermittlerstaaten Katar und Ägypten Druck machen und auf ein Abkommen drängen. US-Außenminister Blinken hat den Iran und Israel zuletzt eindringlich aufgerufen, eine Eskalation im Nahen Osten zu vermeiden.

    Welche Einigung wäre denkbar?

    Eine Vorlage für eine mögliche Einigung kommt von den USA: Bereits Ende Mai hat man den Entwurf für eine Vereinbarung vorgestellt. Der Plan sieht als ersten Schritt eine vollständige Waffenruhe von sechs Wochen vor. In dieser Zeit würde ein Teil der israelischen Geiseln von der Hamas freigelassen. Im Gegenzug würde Israel inhaftierte Palästinenser freilassen. Nach Ablauf der sechs Wochen würden die Kämpfe dann dauerhaft eingestellt und die noch verbliebenen Geiseln sollen freikommen. Die letzte Phase des Plans sieht vor, mit dem Wiederaufbau des Gazastreifens zu beginnen. Bislang hatte sich die israelische Regierung ablehnend gegenüber dem US-Plan geäußert.

    Welche Rolle spielt der Iran?

    Der Iran macht Israel für die Tötung des Hamas-Auslandschefs Hanija in Teheran verantwortlich und hat Vergeltung angekündigt. Es wird befürchtet, dass sich die Hisbollah im Libanon an einem massiven Luftangriff beteiligt. Israel hatte kürzlich auch einen hochrangigen Kommandeur der Terrororganisation getötet. Im Iran gelten die USA ebenso wie Israel als Erzfeinde. Der Iran hatte Forderungen des Westens, von seinen Vergeltungsplänen Abstand zu nehmen, zuletzt zurückgewiesen.

    Welche Aussichten auf Erfolg haben die Gespräche?

    Was die Gespräche bringen werden, ist völlig ungewiss. In den vergangenen Monaten kamen schon mehrmals Hoffnungen auf einen Durchbruch auf, die sich aber nicht erfüllten. Zuletzt brachten die Gespräche kaum noch Fortschritte. Bente Scheller, Leiterin des Nahost-Referats der Heinrich-Böll-Stiftung, sagte im Deutschlandfunk, sie sehe wenig Bereitschaft der Konfliktparteien für eine Einigung. Auf der anderen Seite könne auch Israel diesen Krieg nicht wie bisher weiterführen. Die Kampfkraft der israelischen Armee sei zwar groß, sie werde auf Dauer aber zermürbt durch diese Art des Krieges. Deshalb habe auch Israel ein Interesse daran, nicht dauerhaft in diese Kriegssituation eingebunden zu sein. Scheller sagte weiter, dass Israel weiter an seinem Ziel festhalte, die Hamas zu vollständig vernichten zu wollen, mache eine Einigung nahezu unmöglich. Es sei klar, dass die Hamas auch nach dem Krieg noch eine Rolle spielen wolle.
    Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden bei den Kämpfen im Gazastreifen mehr als 40.000 Palästinenser getötet.
    Diese Nachricht wurde am 15.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.