"Und nachdem Gordios zum König der Phryger gekrönt worden war, trat er in den Tempel. Dort weihte er seinen Wagen dem Zeus. Dann nahm er ein Seil und verband Joch und Deichsel des Wagens mit einem Knoten. Und Gordios sprach: "Wem es gelingt, diesen Knoten zu lösen, der wird einst Herrscher sein über ganz Kleinasien."
Per Fahrstuhl ins All. Die Amerikanische Weltraumbehörde NASA will einen Lastenaufzug in die Erdumlaufbahn bauen. Durch diesen Fahrstuhl würden sich die Transportkosten ins All auf ein Hundertstel des momentanen Betrags verringern. Wichtigste Voraussetzung für diesen Weltraum-Aufzug ist ein 35.000 Kilometer langes Spezialseil, das etwa 30mal reißfester als Stahl sein muss. Forscher der University of Cambridge versuchen ein solches Seil aus Kohlenstoffröhrchen herzustellen, die nur wenige Nanometer dick sind. Es ist ihnen bereits gelungen, einen hundert Meter langen Faden zu erzeugen, der den Anforderungen an das Aufzugseil gerecht würde. Der Fahrstuhl ins All soll im Jahre 2018 fertig sein.
"Das hier ist das erste Stück Drahtseil, das nicht aus Draht hergestellt wurde."
Nicht ohne Stolz präsentiert Roland Verreet das metallisch glänzende Seilstück. Es ist nur etwa 30 Zentimeter kurz, dick wie ein Daumen und nimmt auf dem Schreibtisch in seinem Aachener Ingenieurbüro einen Ehrenplatz ein.
"Hier wurde ein Stück Seil mit Hilfe des Verfahrens der Rapid Prototyping hergestellt. Das heißt: Dieses Seilstück wurde Schichtweise aus Pulver ausgebaut. Wobei das Edelstahlpulver an den Stellen, wo es den Draht der jeweiligen Litze erzeugen sollte, mit Hilfe eines Lasers zusammen gesintert wurde."
Seit 170 Jahren werden Drahtseile durch das Verwinden von Metalldrähten hergestellt. Roland Verreet ging einen neuen Weg: Schicht für Schicht in Schritten von nur wenigen tausendstel Millimetern sintert ein Laser das Metallpulver zu einem fertigen Seil zusammen. In nur einem Tag entsteht so ein Seil nach Maß.
"Viele Seilhersteller müssen für Spezialaufgaben maßgeschneiderte Lösungen anbieten. Sie müssen quasi ein Seil herstellen, was es noch nie gegeben hat. Der gängige Weg wäre, dass man hier verschiedene Prototypen fährt, diese Prototypen testet und auf der Basis der hier gewonnenen Erkenntnisse dann dieses Spezialseil fertigt."
Drahtdicke, Seildurchmesser, Schmierung, Kunststoffkern, Litzenanordnung - zahllose Parameter verändern die Eigenschaften eines Seiles. Deshalb müssen oft aufwändig und kostspielig erst viele Prototypen getestet werden, bis das optimale Spezialseil gefunden ist. Das Laser-Verfahren könnte diesen Weg deutlich verkürzen. Dazu müssen allerdings die Eigenschaften des gesinterten Seiles noch deutlich verbessert werden: Es muss vor allem glatter werden, um wirklich mit einem normalen Seil vergleichbar zu sein. In drei Jahren soll die Neuerfindung des Seiles marktfähig sein.
Aber vielleicht sind bis dahin Drahtseile für die Industrie gar nicht mehr so interessant. Denn neue Wunderfasern schicken sich an, die Welt der Seile zu revolutionieren.
Bis unter die Decke beladen mit schwerem Arbeitsgerät rumpelt der Transporter über das Kopfsteinpflaster. Über dem Breisgau hängen noch schwere Morgennebel. Durch die Vororte von Freiburg führt die Straße nach Süden hinauf zum Schauinsland. Der Mann am Steuer kennt die Strecke inzwischen fast wie im Schlaf.
"Das ist hier von Freiburg aus noch eine Viertelstunde in die Berge und dann geht's hoch auf den Schauinsland. Das ist ein Ausflugsberg für die Region hier und man sieht von hier aus natürlich relativ weit im Land. Heute Mittag vielleicht, wenn es schöner wird..."
Sven Winter und sein Kollege haben allen Grund auf besseres Wetter zu hoffen. Denn sie werden den gesamten Tag ungeschützt in einer offenen Gondel hoch über dem bewaldeten Bergrücken des Schauinsland hängen. Die Ingenieure vom Institut für Fördertechnik und Logistik der Universität Stuttgart arbeiten als Seilprüfer. Sie wollen die Trag- und Zugseile der Schauinsland-Bahn kontrollieren. Einer solchen Prüfung müssen sich alle Bergbahnen regelmäßig unterziehen. Heute gibt es aber außerdem einen besonderen Anlass: Ein Teil des Tragseils der längsten Seilumlaufbahn Deutschlands wurde gerade erneuert.
Die Fahrt mit der Gondelbahn hinauf auf den 1284 Meter hohen Schauinsland dauert normalerweise etwa zwanzig Minuten. Die Seilprüfer werden heute für die 1,8 Kilometer lange Strecke hinauf und wieder hinunter jeweils mehrere Stunden benötigen. Aus der Talstation führen links und rechts jeweils drei Seile hinaus und verschwinden in den tief hängenden Wolken.
"Das obere hängende Seil ist das Tragseil. Das wird befahren mit den Kabinen. Und die dünneren Seile, die unten drunter hängen, das sind die Zugseile mit denen die Kabine dann vom Tal hier bis zum Berg nach oben gezogen wird. Und dieses linke Seil hier, was wir da sehen, das ist jetzt das neue Seil und rechts ist ein älteres Seil, das liegt schon ein paar Jahre auf."
210 Tonnen Belastung kann das fünf Zentimeter dicke Tragseil aushalten. In der Hochsaison bringt die Bahn bis zu 700 Menschen pro Stunde auf den Berg. Heute jedoch ist die gesamte Anlage für die Prüfer reserviert. Sven Winter lädt seinen Computer, die Messgeräte und das Werkzeug in eine Gondel, die eigens für die Kontrollfahrten konstruiert wurde. Der auffälligste Unterschied zu den normalen Kabinen: Statt einer Rückwand hat sie hinten eine Art Hebebühne anmontiert. Bevor es losgeht, legen die Seilprüfer einen Sicherungsgurt an, der an der Innenwand der Kabine eingehakt wird. Denn auch bei fast Windstille wie heute ist die Fahrt in der offenen Kabine nicht ganz ungefährlich.
"So, jetzt sind Sie eingehängt, wie sich das gehört. Ja, so sind Sie gesichert nachher für die Fahrt selbst. Und dann können wir starten, dann fahren wir nach außen."
Das neue Wunderkind der Seilforschung heißt Aramid. Bisher wurde die neue Faser vor allem für Helme und schusssichere Westen verwendet. Über den Einsatz in Seilen möchte die Entwicklerfirma lieber keine näheren Auskünfte geben. Auch Roland Verreet besitzt nur ein kurzes Musterstück.
"Was Sie hier sehen ist ein Muster eines neuartigen vollsynthetischen Aufzugseiles. Diese zwei Seilstränge, die sich in diesem Band befinden, bestehen aus einem aromatischen Polyamid, also einer sehr hochfesten Faser, die nur einen Bruchteil des Stahldrahtseil-Gewichtes auf die Waage bringt und deshalb erheblich größere Nutzlasten bei gleichen Sicherheitsfaktoren ermöglicht."
Die blassgelbe Kunstfaser ist schon in den 60er Jahren entwickelt worden. Sie verträgt Säure und Hitze und ist besonders stabil. Bisher wird Aramid vor allem für Sicherheitsbekleidung eingesetzt. Jetzt will eine Schweizer Aufzugfirma sie erstmals in ihren Liftanlagen verwenden. Das neue Kunstfaserseil wiegt nur ein Fünftel eines vergleichbaren Drahtseiles. Aber ist es auch genauso reißfest und zuverlässig? Um das herauszufinden, muss man nach Stuttgart fahren. Hier liegt seit fast 80 Jahren das Mekka der Seilforschung in Europa: Das Institut für Fördertechnik und Logistik. Der Leiter Prof. Karl-Heinz Wehking hat das Kunstfaserseil einem gründlichen Test unterzogen.
"Wir haben dieses Kunststoffseil untersucht. Und dieses Kunststoffseil hat eine Biegelebensdauer, das heißt, der Anzahl, wie häufig man es um eine Scheibe biegen kann, die um den Faktor 30 höher ist als ein Stahlseil!"
Um eine Scheibe gebogen wird ein Seil zum Beispiel als Tragseil eines Aufzugs bei jeder Bewegung der Kabine. Ein normales Drahtseil hält etwa 400.000 dieser Verbiegungen aus. Das neu entwickelte Seil aus Kunstfasern vertrug bei Experimenten in Stuttgart bis zu 23 Millionen Biegewechsel. Aber die Aramid-Seile haben auch ihre Nachteile: Sie sind etwa dreimal so teuer wie Drahtseile, verformen sich leichter, wenn sie auf eine Trommel gewickelt werden, und sie reagieren empfindlich auf Sonneneinstrahlung. Außerdem gibt es schon eine neue viel versprechende Faser, die noch einmal um 40 Prozent fester ist als Aramid: "Dyneema" - eine Polyethylenfaser, die bisher allerdings erst als dünne Schnur zum Angeln und Fischen verwendet wird.
"Die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen. Aber wir haben einen ganz wichtigen Schritt gemacht, um das Seil in eine völlig neue Quantenklasse zu bringen! Also in einen völlig neuen Anwendungsbereich. Und das wird sicherlich die Zukunft von Seilen ganz wesentlich beeinflussen."
Ein besonderer Trick soll helfen, den Verschleiß des Seiles zu überprüfen: In das Aramid sind Kohlefasern eingearbeitet, die den elektrischen Strom leiten. Mit der Zeit reißen immer mehr dieser Kohlefasern und die sinkende Leitfähigkeit gibt einen Hinweis darauf, dass das Seil bald erneuert werden muss. Dadurch soll beim Aramid-Seil das traditionell größte Problem der Seilforschung umgangen werden: Niemand kann in ein Seil hineinschauen. Und noch schlimmer: Was passiert, wenn im Seilinnern die Drähte bis zum Zerreißen gegeneinander reiben, ist völlig unberechenbar.
"Mechanische Reibung, nämlich zwei Körper mechanisch aufeinander, ist von sehr vielen physikalischen Parametern abhängig. Im einfachsten Fall der Frage, ob ich sie schmiere oder nicht schmiere. Natürlich davon abhängig mit wie viel Kraft ich ziehe. Natürlich davon abhängig mit wie viel Druck ich diese Körper aufeinander bewege. Und das ist so komplex, dass sie diesen zunächst so einfach erscheinenden physikalischen Effekt geschlossen in einer physikalischen Formel nicht beschreiben können."
Seit gut 150 Jahren versuchen die Seilforscher die Lebensdauer von Seilen mit einer Formel vorherzusagen - bis heute ohne durchschlagenden Erfolg. Eine Formel für alle Seile gibt es nicht. Jeder Seiltyp muss eigens in unzähligen Versuchen experimentell untersucht werden. Dann erst lässt sich mit der so genannten "Feyrerschen Lebensdauerformel" abschätzen, was das Seil aushält. Dieses Ergebnis gilt aber nur für genau diesen einen Seiltyp. Beim nächsten Seiltyp beginnen die Experimente von neuem.
Schwerstes Drahtseil der Welt kommt aus Deutschland. Ein Seilhersteller aus Gelsenkirchen hat mit einer 260 Tonnen schweren Sonderanfertigung einen Weltrekord aufgestellt. Das Gewicht des mehr als 3 Kilometer langen und 14 Zentimeter dicken Drahtseils entspricht etwa dem von 200 Kleinwagen. Das Spezialseil wird für das Verlegen einer Pipeline im Golf von Mexiko benötigt. Die frischgebackenen Rekordhalter rechnen allerdings nicht damit, lange im Besitz der Bestmarke zu bleiben. Denn für die Förderung von Erdöl aus großen Tiefen seien schon bald Seile mit einem Gewicht von mehr als 400 Tonnen notwendig.
Sanft gleitet die Prüfgondel aus der Talstation der Schauinsland-Bahn hinaus. Doch nach wenigen Metern wird die Fahrt bereits wieder unterbrochen.
Stattdessen wird nun der Motor der Hebebühne angeworfen. Sie bringt zwei der Kollegen von Sven Winter hinauf zum Tragseil über der Kabine.
"Jetzt sind wir ja außerhalb der Station. Jetzt können wir das Prüfgerät oben am Seil montieren. Und jetzt werden die Sachen hingerichtet, um die Montage oben am Seil durchzuführen."
In schwindelnder Höhe auf der schmalen Arbeitsplattform machen sich die Seilprüfer an die Arbeit: Direkt hinter der Kabine legen sie ein längliches Metallkästchen um das Seil, etwas größer als ein Schuhkarton und über ein Kabel mit dem Computer unten in der Kabine verbunden. In diesem Gerät steckt ein starker Magnet, dessen Enden farbig markiert sind.
"Da kann man jetzt erkennen, praktisch wie rum die Magnetisierung ist: Die rote Seite ist der Südpol und die blaue Seite ist der Nordpol. Das heißt, das Seil wird mittels Permanentmagneten bis zur vollen Sättigung aufmagnetisiert. Und immer, wenn ein Draht gebrochen ist, reproduziert dann quasi die lokale Störstelle ein Signal, das wir dann als Spannungsänderung registrieren und dann auswerten können."
Das Magnetprüfgerät funktioniert durch Induktion, das heißt: Innerhalb des Prüfmagneten befindet sich eine kleine Spule, die ebenfalls das Seil umschließt. Wenn ein Drahtbruch nun das Magnetfeld verändert, dann verursacht diese Magnetfeldschwankung in der Spule eine winzige elektrische Spannung. Über das Kabel erreicht dieses Signal den Computer unten in der Gondel. Ein spezielles Programm zeichnet die Daten auf, während die Gondel mit zwei Metern pro Sekunde gemächlich das Seil entlang fährt.
"So, wir können fahren wegen mir! Zwei Meter? Ja, passt!"
"Wir gehen jetzt in die Seilprüfhalle. Das ist eine große, über 1000 Quadratmeter umfassende Laborhalle, in der wir sieben Tage die Woche, 24 Stunden rund um die Uhr und zwar das ganze Jahr über experimentelle Seiluntersuchungen machen. Also die Geräusche, die sie im Hintergrund hören, kommen von einer Fülle von großen Prüfmaschinen, mit denen wir zerstörend Seile im Detail experimentell untersuchen."
Die Laborhalle der Stuttgarter Seilforscher ist die reinste Folterkammer für Seile. In mehr als zwei dutzend Maschinen werden Seile immer wieder gezogen, gebogen und gedreht. Das Experiment ist meist erst dann beendet, wenn auch das Seil am Ende ist. Mit jedem zerfetzten Seil sind neue Daten für die Vorhersage der Lebensdauer dieses bestimmten Seiltyps gewonnen. Schnell wird klar: Seilforschung erfordert vor allem eins: Geduld. Denn ein Stahlseil allein durch Verbiegen zum Zerreißen zu bringen, braucht seine Zeit.
"Also diese Biegeprüfungen laufen zwischen einigen Wochen, bis zu einigen Monaten und bei bestimmten Versuchen auch über ein Jahr, bis wir sozusagen das Ergebnis eines solchen Experimentes haben. Das heißt, die so genannte Feyrersche Lebensdauerformel basiert auf insgesamt etwa 27.000 solcher Einzelversuche, die man mit der Feyrerschen Lebensdauergleichung ausgewertet hat."
Am Kopfende der riesigen Halle ist ein armdickes Stahlseil in einer etwa acht Meter hohen Maschine eingespannt. In rhythmischen Schwüngen zieht die tonnenschwere Apparatur immer wieder an den Seilenden. Karl-Heinz Wehking legt die Hand an das Seil, wie ein Arzt sein Stethoskop an die Brust des Patienten.
"Man hat das Gefühl, dass das Seil wie ein lebender Körper atmet, nämlich entsprechend der Schwingungsbewegung. Teile der äußeren Litze, davon sind bereits zwei Drähte gerissen. Trotzdem trägt dieses Seil. Es kommt langsam in einen kritischen Bereich, aber es hält noch. Und das führt dazu, dass wir versuchen unseren Studenten immer zu sagen, dass die bemerkenswerte Eigenschaft eines Seiles ist: Es stirbt langsam! Und ist damit ein sehr sicheres Maschinenelement."
Ein Seil stirbt langsam. Das ist das immer wiederkehrende Mantra der Seilforscher. Und letztlich zielen alle ihre Experimente und Untersuchungen nur darauf ab, das Sterben der Seile noch weiter hinaus zu zögern. Das ist auch der Hintergrund des Schwingungsversuchs: Das rhythmische Ziehen der Maschine ist in etwa vergleichbar mit der Belastung der Trageseile von Brücken: Jeder Lkw, der über die Fahrbahn donnert, zieht kurz an den Brückenseilen. Die Stuttgarter Ingenieure haben erforscht, wie sich die Lebensdauer solcher Seile mit steigender Belastung verkürzt. Das Resultat war überraschend.
"Da kam das zunächst verblüffende Ergebnis raus, dass ein Seil, was mit einer niedrigeren Last schwingend periodisch belastet wird, schlechtere Lebensdauerwerte hat, als ein Seil, was unter einer hohen Last schwingend belastet ist. Das widerspricht ja dem allgemeinen Erfahrungswert. Eine geringe Belastung wird doch länger halten und eine höhere Belastung wird weniger halten."
Erst nach einer genaueren Untersuchung fanden die Forscher eine Erklärung: Wenn das Brückengewicht relativ leicht ist, werden die einzelnen Drähte der Trageseile unterschiedlich stark belastet. Bei jedem Lkw, der über die Brücke fährt, reiben dann die Litzen gegeneinander und das Seil verschleißt schneller.
Am meisten leiden Seile jedoch immer dann, wenn sie in mehreren Lagen übereinander gewickelt werden, zum Beispiel auf der Trommelwinde eines Krans. Mit großem Druck wird dabei eine Lage auf die nächste gepresst. Die Seile graben sich ineinander und werden beim Abwickeln ruckartig wieder auseinander gerissen.
"Und dieser Wickelmechanismus hat einen ungeheuerlichen Einfluss auf die Lebensdauer. Und wir haben durch Untersuchungen herausbekommen, dass die Lebensdauer eines Seiles, wenn es nur einfach auf einer Scheibe läuft, bei einer Mehrlagenwicklung nur noch zwei bis acht Prozent seiner ursprünglichen Lebensdauer behält."
Daher suchen die Forscher jetzt nach den günstigsten Wickeltechniken, um die Lebensdauer der Kranseile zu verlängern. Eine alternative Lösung könnte darin bestehen, die Seiloberfläche glatt wie einen Gartenschlauch zu hämmern. Dadurch würde die Reibung beim Auseinanderreißen der einzelnen Lagen deutlich geringer.
Währenddessen wird am Rand der Halle gerade ein schwerer Metallblock hoch bis unter die Decke gezogen. Das Gewicht hängt an einem fingerdicken farbigen Seil, einem typischen Bergsteigerseil.
"Wir simulieren den Absturz eines Bergsteigers, indem wir ein Gewicht von 80 Kilogramm in fünf Meter Höhe bringen und dann aus dieser fünf Meter Höhe, dieses Gewicht, das praktisch das Gewicht des Bergsteigers ist, fallen lassen."
"Das Seil muss eine bestimmte Anzahl von diesen Fallversuchen ohne Zerreißen und ohne Schädigung des Seiles aushalten. Erst dann bekommt es die entsprechende EG-weite Zulassung."
Das Seil hat gehalten. Vier weitere dieser Experimente muss das Seil noch aushalten, bevor es den Test insgesamt bestanden hat. Zwischen zwei Abstürzen müssen allerdings einige Minuten vergehen - so schreibt es die Zulassungs-Verordnung vor. Seilforschung ist eben auch hier Geduldssache.
Im Schritt-Tempo gleitet die Prüfgondel hinauf auf den Schauinsland. Oben auf der Hebebühne behalten zwei Prüfer die Magnetapparatur im Auge. Unten in der Gondel sitzt Sven Winter vor dem Computermonitor. Die Messkurve zeigt bisher kaum nennenswerte Ausschläge. Das neue Tragseil ist einwandfrei. Wann das Seil gewechselt werden muss, hängt davon ab, wie viele Drahtbrüche die Prüfer auf einer bestimmten Seilstrecke finden.
"Zum Beispiel auf sechsmal den Seildurchmesser - das wären hier in dem vorliegenden Fall sechs mal 50, 300 Millimeter - dürften fünf Prozent metallischer Tragkraftverlust vorhanden sein. Und das wiederum entspricht in dem Fall bei der Konstruktion, dass circa acht bis zehn Drahtbrüche auf 300 Millimeter gebrochen sein dürften. Dann müsste das Seil sofort saniert oder gewechselt werden."
Im oberen Teil der Gondelbahn, hinter der Mittelstation, wurde das Tragseil noch nicht erneuert. Das Messsignal wird deutlich unruhiger - ein Zeichen für Korrosion und Verschleiß im Seil. Vereinzelt zeigt die Messkurve auch scharfe Ausschläge, die Sven Winter besonders aufmerksam beobachtet.
"Hier sieht man jetzt einen großen Drahtbruch, das heißt, da ist ein äußerer Draht gebrochen. Von diesen darf es schon einige geben, nur natürlich nicht lokal an einer Stelle. Wenn hier mehr wie zwei Außendrahtbrüche nebeneinander wären, dann müsste man das Seil sanieren, da sonst die Gefahr bestünde, dass die Außendrähte und somit dann von der Gondel vor sich her geschoben werden. Und irgendwann natürlich im schlimmsten Falle die Gondel zum Entgleisen bringen würden."
So wie im Sommer 1999: In den französischen Alpen stürzte die Gondel einer Seilbahn in die Tiefe. 20 Menschen starben. Die Ursache ist bis heute ungeklärt. Da die Seilbahn privat von einem Forschungsinstitut betrieben wurde, war sie von den strengen Seilkontrollen befreit. Aber auch das Magnetprüfverfahren hat auf der Suche nach Drahtbrüchen im Seil seine Grenzen.
"Also in Seillängsrichtung können wir das sehen auf den Millimeter genau. Aber wo sie dann im Seilinneren - ob sie dann auf der oberen oder unteren Tragseilseite ist, das können wir mit dem Prüfgerät jetzt so nicht feststellen. Dazu haben wir dann andere Prüfverfahren, wenn das notwendig wäre."
Wenn irgendwo in Deutschland die Seile von Gondelbahnen, Kränen oder Aufzügen geprüft werden, geschieht dies meist mit Geräten aus den Werkstätten des Stuttgarter Instituts für Fördertechnik und Logistik. Die Ingenieure hier kennen die Prüfverfahren und Geräte mit all ihren Stärken - und auch Schwächen.
"Die Begrenzung bei der normalen Spulenmessung liegt einfach darin: Ich kann nicht lokalisieren, in welchem Bereich des Seiles liegt der Drahtbruch, das heißt: Liegt der oben am Seil, liegt der unten am Seil, liegt der in der Mitte vom Seil? Ich bekomme praktisch in Summe ein Signal in die Spule eingespeist."
Dirk Moll hat daher mit seinen Kollegen nach einem Weg gesucht, bei der Prüfung sozusagen in das Seil hineinzuschauen. Denn: Grundsätzlich bestimmt zwar die Anzahl der Drahtbrüche die Haltbarkeit des Seil. Aber die Anordnung der Fehlstellen im Seil kann wichtige Hinweise darauf geben, warum ein Seil besonderem Verschleiß ausgesetzt ist. Die Seilforscher entwickelten daher ein neues Prüfgerät mit so genannten Hall-Sensoren: ((("Hall" mit englischer Aussprache))) Das sind elektronische Bauteile, klein wie ein Fingernagel, die auf ein äußeres Magnetfelds mit einer Spannung reagieren.
"Das heißt, wenn wir uns jetzt einfach vorstellen: Ich nehme so einen Hall-Kopf. Habe auf einer Seite ungefähr 20 oder 25 Mess-Sensoren. Dann kann ich einfach sagen, wenn ich jetzt eine Messung mache und ich bekomme in einem Sensor-Bereich ein stärkeres Signal wie auf der anderen Seite, dann liegt mein Drahtbruch näher an dem Hall-Sensor. Das heißt, ich kann sauber über den Seilumfang zuordnen: Wo bekomme ich das stärkste Signal? Und in dem Bereich muss auch der Drahtbruch vom Seil liegen."
Das neue Prüfgerät ist noch in der Test-Phase. Bei mehreren Bergbahnen konnte es aber schon aufschlussreiche Ergebnisse liefern. Zum Beispiel bei einer Seilbahn in Österreich, bei der ungewöhnlich viele Drahtbrüche im Bereich der Stützen auftraten. Die genaue räumliche Auflösung zeigte, dass fast alle Brüche oben im Seil lagen, wo die Gondeln das Tragseil auf die Stützen drücken. Die Gondeln waren einfach zu schwer. Seitdem muss das Tragseil der Bahn regelmäßig verschoben werden, damit immer ein anderes Seilstück der besonderen Belastung an den Stützen ausgesetzt ist.
Milliardenschaden nach Seilriss. Beim Bau einer Ölbohrplattform im Golf von Mexiko ist es zu einem folgenschweren Unfall gekommen. Als ein Teil der Aufbauten von einem Transportschiff auf die Plattform gehoben wurde riss das Seil des Hebekrans. Das 4000 Tonnen schwere Bauteil versenkte das Transportschiff, beschädigte den Kran und versank im Meer. Die Schadenssumme wird auf rund 1,5 Milliarden Dollar geschätzt. Anhand der gerissenen Seilenden haben Sachverständige inzwischen festgestellt, dass vernachlässigte Wartung und Inspektion des Seiles für das Unglück verantwortlich sind.
Die Prüfgondel nähert sich der Bergstation der Schauinsland-Bahn. Die Wolkendecke reißt auf und gibt einen fantastischen Ausblick frei auf Freiburg, das Rheintal und den Breisgau. Trotzdem pfeift ein kühler Wind durch die offene Gondel. Vielleicht werden Sven Winter und seine Kollegen schon bald deutlich seltener ihre Prüffahrten in zugiger Höhe unternehmen müssen. Die Stuttgarter Ingenieure suchen gemeinsam mit Partner aus der Industrie nach neuen, einfacheren Methoden der Seilprüfung.
"Zukünftig wird es so sein, dass es quasi wie so eine Art Seilroboter gibt, wo man zum einen das Prüfgerät auf das Seil aufbringt, zum anderen aber auch einen Roboter, der dann selbst fahrend ist. Der Seilroboter, der wird jetzt in Kooperation gemeinsam mit einer Firma entwickelt."
Gefundene Schadstellen werden aber auch weiterhin von den Prüfern persönlich in Augenschein genommen werden müssen. Das kann ihnen kein Roboter abnehmen.
Die Prüfung des Tragseils hinauf auf den Schauinsland ist abgeschlossen. Sven Winter ist mit den Ergebnissen zufrieden.
"Noch ganz flott, ja, das Seil sieht gut aus! Also, da sind vereinzelt Drahtbrüche vorhanden, kleinere. Es sind auch äußere Drahtbrüche ein oder zwei jetzt drin. Aber auf der Länge natürlich von 1,8 Kilometer da ist das noch in einem sehr guten Zustand. Da wird noch etliche Jahre mit gefahren werden können. Und da besteht keinerlei Bedenken."
Der Sommer kann kommen. Und mit ihm einige tausend Touristen täglich auf ihrem Weg hinauf zur Bergstation.
Das Seil wirklich neu zu erfinden, ist kaum möglich. Neue Materialien und Herstellungstechniken werden seine Leistungsfähigkeit in Zukunft sicher noch deutlich vergrößern. Nur: Was genau in einem Seil vor sich geht, werden die Seilforscher wohl nie erfahren.
Zumindest das älteste Seilrätsel konnten ein polnischer Physiker und ein Schweizer Biologe inzwischen lüften: Sie ließen einen Computer alle möglichen Verschlingungswege eines Seiles berechnen. So lange bis sie einen Knoten fanden, der nicht lösbar ist, einen "Gordischen Knoten". Um zu dieser Lösung zu gelangen, waren jahrelange Forschungsarbeit und ein aufwändiges Computerprogramm notwendig. Die Legende berichtet, wie das Problem auch einfacher zu lösen ist.
Es waren viele, die an den Wagen des Gordios traten, um den Knoten des Seiles zu lösen. Weise Gelehrte und listenreiche Krieger - doch keinem von ihnen gelang es. Viele Jahrhunderte später kam auch Alexander von Makedonien nach Gordion. Er besah sich den Knoten, zog sein Schwert und hieb ihn mit einem Schlag entzwei. Anschließend eroberte er ganz Kleinasien.
Per Fahrstuhl ins All. Die Amerikanische Weltraumbehörde NASA will einen Lastenaufzug in die Erdumlaufbahn bauen. Durch diesen Fahrstuhl würden sich die Transportkosten ins All auf ein Hundertstel des momentanen Betrags verringern. Wichtigste Voraussetzung für diesen Weltraum-Aufzug ist ein 35.000 Kilometer langes Spezialseil, das etwa 30mal reißfester als Stahl sein muss. Forscher der University of Cambridge versuchen ein solches Seil aus Kohlenstoffröhrchen herzustellen, die nur wenige Nanometer dick sind. Es ist ihnen bereits gelungen, einen hundert Meter langen Faden zu erzeugen, der den Anforderungen an das Aufzugseil gerecht würde. Der Fahrstuhl ins All soll im Jahre 2018 fertig sein.
"Das hier ist das erste Stück Drahtseil, das nicht aus Draht hergestellt wurde."
Nicht ohne Stolz präsentiert Roland Verreet das metallisch glänzende Seilstück. Es ist nur etwa 30 Zentimeter kurz, dick wie ein Daumen und nimmt auf dem Schreibtisch in seinem Aachener Ingenieurbüro einen Ehrenplatz ein.
"Hier wurde ein Stück Seil mit Hilfe des Verfahrens der Rapid Prototyping hergestellt. Das heißt: Dieses Seilstück wurde Schichtweise aus Pulver ausgebaut. Wobei das Edelstahlpulver an den Stellen, wo es den Draht der jeweiligen Litze erzeugen sollte, mit Hilfe eines Lasers zusammen gesintert wurde."
Seit 170 Jahren werden Drahtseile durch das Verwinden von Metalldrähten hergestellt. Roland Verreet ging einen neuen Weg: Schicht für Schicht in Schritten von nur wenigen tausendstel Millimetern sintert ein Laser das Metallpulver zu einem fertigen Seil zusammen. In nur einem Tag entsteht so ein Seil nach Maß.
"Viele Seilhersteller müssen für Spezialaufgaben maßgeschneiderte Lösungen anbieten. Sie müssen quasi ein Seil herstellen, was es noch nie gegeben hat. Der gängige Weg wäre, dass man hier verschiedene Prototypen fährt, diese Prototypen testet und auf der Basis der hier gewonnenen Erkenntnisse dann dieses Spezialseil fertigt."
Drahtdicke, Seildurchmesser, Schmierung, Kunststoffkern, Litzenanordnung - zahllose Parameter verändern die Eigenschaften eines Seiles. Deshalb müssen oft aufwändig und kostspielig erst viele Prototypen getestet werden, bis das optimale Spezialseil gefunden ist. Das Laser-Verfahren könnte diesen Weg deutlich verkürzen. Dazu müssen allerdings die Eigenschaften des gesinterten Seiles noch deutlich verbessert werden: Es muss vor allem glatter werden, um wirklich mit einem normalen Seil vergleichbar zu sein. In drei Jahren soll die Neuerfindung des Seiles marktfähig sein.
Aber vielleicht sind bis dahin Drahtseile für die Industrie gar nicht mehr so interessant. Denn neue Wunderfasern schicken sich an, die Welt der Seile zu revolutionieren.
Bis unter die Decke beladen mit schwerem Arbeitsgerät rumpelt der Transporter über das Kopfsteinpflaster. Über dem Breisgau hängen noch schwere Morgennebel. Durch die Vororte von Freiburg führt die Straße nach Süden hinauf zum Schauinsland. Der Mann am Steuer kennt die Strecke inzwischen fast wie im Schlaf.
"Das ist hier von Freiburg aus noch eine Viertelstunde in die Berge und dann geht's hoch auf den Schauinsland. Das ist ein Ausflugsberg für die Region hier und man sieht von hier aus natürlich relativ weit im Land. Heute Mittag vielleicht, wenn es schöner wird..."
Sven Winter und sein Kollege haben allen Grund auf besseres Wetter zu hoffen. Denn sie werden den gesamten Tag ungeschützt in einer offenen Gondel hoch über dem bewaldeten Bergrücken des Schauinsland hängen. Die Ingenieure vom Institut für Fördertechnik und Logistik der Universität Stuttgart arbeiten als Seilprüfer. Sie wollen die Trag- und Zugseile der Schauinsland-Bahn kontrollieren. Einer solchen Prüfung müssen sich alle Bergbahnen regelmäßig unterziehen. Heute gibt es aber außerdem einen besonderen Anlass: Ein Teil des Tragseils der längsten Seilumlaufbahn Deutschlands wurde gerade erneuert.
Die Fahrt mit der Gondelbahn hinauf auf den 1284 Meter hohen Schauinsland dauert normalerweise etwa zwanzig Minuten. Die Seilprüfer werden heute für die 1,8 Kilometer lange Strecke hinauf und wieder hinunter jeweils mehrere Stunden benötigen. Aus der Talstation führen links und rechts jeweils drei Seile hinaus und verschwinden in den tief hängenden Wolken.
"Das obere hängende Seil ist das Tragseil. Das wird befahren mit den Kabinen. Und die dünneren Seile, die unten drunter hängen, das sind die Zugseile mit denen die Kabine dann vom Tal hier bis zum Berg nach oben gezogen wird. Und dieses linke Seil hier, was wir da sehen, das ist jetzt das neue Seil und rechts ist ein älteres Seil, das liegt schon ein paar Jahre auf."
210 Tonnen Belastung kann das fünf Zentimeter dicke Tragseil aushalten. In der Hochsaison bringt die Bahn bis zu 700 Menschen pro Stunde auf den Berg. Heute jedoch ist die gesamte Anlage für die Prüfer reserviert. Sven Winter lädt seinen Computer, die Messgeräte und das Werkzeug in eine Gondel, die eigens für die Kontrollfahrten konstruiert wurde. Der auffälligste Unterschied zu den normalen Kabinen: Statt einer Rückwand hat sie hinten eine Art Hebebühne anmontiert. Bevor es losgeht, legen die Seilprüfer einen Sicherungsgurt an, der an der Innenwand der Kabine eingehakt wird. Denn auch bei fast Windstille wie heute ist die Fahrt in der offenen Kabine nicht ganz ungefährlich.
"So, jetzt sind Sie eingehängt, wie sich das gehört. Ja, so sind Sie gesichert nachher für die Fahrt selbst. Und dann können wir starten, dann fahren wir nach außen."
Das neue Wunderkind der Seilforschung heißt Aramid. Bisher wurde die neue Faser vor allem für Helme und schusssichere Westen verwendet. Über den Einsatz in Seilen möchte die Entwicklerfirma lieber keine näheren Auskünfte geben. Auch Roland Verreet besitzt nur ein kurzes Musterstück.
"Was Sie hier sehen ist ein Muster eines neuartigen vollsynthetischen Aufzugseiles. Diese zwei Seilstränge, die sich in diesem Band befinden, bestehen aus einem aromatischen Polyamid, also einer sehr hochfesten Faser, die nur einen Bruchteil des Stahldrahtseil-Gewichtes auf die Waage bringt und deshalb erheblich größere Nutzlasten bei gleichen Sicherheitsfaktoren ermöglicht."
Die blassgelbe Kunstfaser ist schon in den 60er Jahren entwickelt worden. Sie verträgt Säure und Hitze und ist besonders stabil. Bisher wird Aramid vor allem für Sicherheitsbekleidung eingesetzt. Jetzt will eine Schweizer Aufzugfirma sie erstmals in ihren Liftanlagen verwenden. Das neue Kunstfaserseil wiegt nur ein Fünftel eines vergleichbaren Drahtseiles. Aber ist es auch genauso reißfest und zuverlässig? Um das herauszufinden, muss man nach Stuttgart fahren. Hier liegt seit fast 80 Jahren das Mekka der Seilforschung in Europa: Das Institut für Fördertechnik und Logistik. Der Leiter Prof. Karl-Heinz Wehking hat das Kunstfaserseil einem gründlichen Test unterzogen.
"Wir haben dieses Kunststoffseil untersucht. Und dieses Kunststoffseil hat eine Biegelebensdauer, das heißt, der Anzahl, wie häufig man es um eine Scheibe biegen kann, die um den Faktor 30 höher ist als ein Stahlseil!"
Um eine Scheibe gebogen wird ein Seil zum Beispiel als Tragseil eines Aufzugs bei jeder Bewegung der Kabine. Ein normales Drahtseil hält etwa 400.000 dieser Verbiegungen aus. Das neu entwickelte Seil aus Kunstfasern vertrug bei Experimenten in Stuttgart bis zu 23 Millionen Biegewechsel. Aber die Aramid-Seile haben auch ihre Nachteile: Sie sind etwa dreimal so teuer wie Drahtseile, verformen sich leichter, wenn sie auf eine Trommel gewickelt werden, und sie reagieren empfindlich auf Sonneneinstrahlung. Außerdem gibt es schon eine neue viel versprechende Faser, die noch einmal um 40 Prozent fester ist als Aramid: "Dyneema" - eine Polyethylenfaser, die bisher allerdings erst als dünne Schnur zum Angeln und Fischen verwendet wird.
"Die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen. Aber wir haben einen ganz wichtigen Schritt gemacht, um das Seil in eine völlig neue Quantenklasse zu bringen! Also in einen völlig neuen Anwendungsbereich. Und das wird sicherlich die Zukunft von Seilen ganz wesentlich beeinflussen."
Ein besonderer Trick soll helfen, den Verschleiß des Seiles zu überprüfen: In das Aramid sind Kohlefasern eingearbeitet, die den elektrischen Strom leiten. Mit der Zeit reißen immer mehr dieser Kohlefasern und die sinkende Leitfähigkeit gibt einen Hinweis darauf, dass das Seil bald erneuert werden muss. Dadurch soll beim Aramid-Seil das traditionell größte Problem der Seilforschung umgangen werden: Niemand kann in ein Seil hineinschauen. Und noch schlimmer: Was passiert, wenn im Seilinnern die Drähte bis zum Zerreißen gegeneinander reiben, ist völlig unberechenbar.
"Mechanische Reibung, nämlich zwei Körper mechanisch aufeinander, ist von sehr vielen physikalischen Parametern abhängig. Im einfachsten Fall der Frage, ob ich sie schmiere oder nicht schmiere. Natürlich davon abhängig mit wie viel Kraft ich ziehe. Natürlich davon abhängig mit wie viel Druck ich diese Körper aufeinander bewege. Und das ist so komplex, dass sie diesen zunächst so einfach erscheinenden physikalischen Effekt geschlossen in einer physikalischen Formel nicht beschreiben können."
Seit gut 150 Jahren versuchen die Seilforscher die Lebensdauer von Seilen mit einer Formel vorherzusagen - bis heute ohne durchschlagenden Erfolg. Eine Formel für alle Seile gibt es nicht. Jeder Seiltyp muss eigens in unzähligen Versuchen experimentell untersucht werden. Dann erst lässt sich mit der so genannten "Feyrerschen Lebensdauerformel" abschätzen, was das Seil aushält. Dieses Ergebnis gilt aber nur für genau diesen einen Seiltyp. Beim nächsten Seiltyp beginnen die Experimente von neuem.
Schwerstes Drahtseil der Welt kommt aus Deutschland. Ein Seilhersteller aus Gelsenkirchen hat mit einer 260 Tonnen schweren Sonderanfertigung einen Weltrekord aufgestellt. Das Gewicht des mehr als 3 Kilometer langen und 14 Zentimeter dicken Drahtseils entspricht etwa dem von 200 Kleinwagen. Das Spezialseil wird für das Verlegen einer Pipeline im Golf von Mexiko benötigt. Die frischgebackenen Rekordhalter rechnen allerdings nicht damit, lange im Besitz der Bestmarke zu bleiben. Denn für die Förderung von Erdöl aus großen Tiefen seien schon bald Seile mit einem Gewicht von mehr als 400 Tonnen notwendig.
Sanft gleitet die Prüfgondel aus der Talstation der Schauinsland-Bahn hinaus. Doch nach wenigen Metern wird die Fahrt bereits wieder unterbrochen.
Stattdessen wird nun der Motor der Hebebühne angeworfen. Sie bringt zwei der Kollegen von Sven Winter hinauf zum Tragseil über der Kabine.
"Jetzt sind wir ja außerhalb der Station. Jetzt können wir das Prüfgerät oben am Seil montieren. Und jetzt werden die Sachen hingerichtet, um die Montage oben am Seil durchzuführen."
In schwindelnder Höhe auf der schmalen Arbeitsplattform machen sich die Seilprüfer an die Arbeit: Direkt hinter der Kabine legen sie ein längliches Metallkästchen um das Seil, etwas größer als ein Schuhkarton und über ein Kabel mit dem Computer unten in der Kabine verbunden. In diesem Gerät steckt ein starker Magnet, dessen Enden farbig markiert sind.
"Da kann man jetzt erkennen, praktisch wie rum die Magnetisierung ist: Die rote Seite ist der Südpol und die blaue Seite ist der Nordpol. Das heißt, das Seil wird mittels Permanentmagneten bis zur vollen Sättigung aufmagnetisiert. Und immer, wenn ein Draht gebrochen ist, reproduziert dann quasi die lokale Störstelle ein Signal, das wir dann als Spannungsänderung registrieren und dann auswerten können."
Das Magnetprüfgerät funktioniert durch Induktion, das heißt: Innerhalb des Prüfmagneten befindet sich eine kleine Spule, die ebenfalls das Seil umschließt. Wenn ein Drahtbruch nun das Magnetfeld verändert, dann verursacht diese Magnetfeldschwankung in der Spule eine winzige elektrische Spannung. Über das Kabel erreicht dieses Signal den Computer unten in der Gondel. Ein spezielles Programm zeichnet die Daten auf, während die Gondel mit zwei Metern pro Sekunde gemächlich das Seil entlang fährt.
"So, wir können fahren wegen mir! Zwei Meter? Ja, passt!"
"Wir gehen jetzt in die Seilprüfhalle. Das ist eine große, über 1000 Quadratmeter umfassende Laborhalle, in der wir sieben Tage die Woche, 24 Stunden rund um die Uhr und zwar das ganze Jahr über experimentelle Seiluntersuchungen machen. Also die Geräusche, die sie im Hintergrund hören, kommen von einer Fülle von großen Prüfmaschinen, mit denen wir zerstörend Seile im Detail experimentell untersuchen."
Die Laborhalle der Stuttgarter Seilforscher ist die reinste Folterkammer für Seile. In mehr als zwei dutzend Maschinen werden Seile immer wieder gezogen, gebogen und gedreht. Das Experiment ist meist erst dann beendet, wenn auch das Seil am Ende ist. Mit jedem zerfetzten Seil sind neue Daten für die Vorhersage der Lebensdauer dieses bestimmten Seiltyps gewonnen. Schnell wird klar: Seilforschung erfordert vor allem eins: Geduld. Denn ein Stahlseil allein durch Verbiegen zum Zerreißen zu bringen, braucht seine Zeit.
"Also diese Biegeprüfungen laufen zwischen einigen Wochen, bis zu einigen Monaten und bei bestimmten Versuchen auch über ein Jahr, bis wir sozusagen das Ergebnis eines solchen Experimentes haben. Das heißt, die so genannte Feyrersche Lebensdauerformel basiert auf insgesamt etwa 27.000 solcher Einzelversuche, die man mit der Feyrerschen Lebensdauergleichung ausgewertet hat."
Am Kopfende der riesigen Halle ist ein armdickes Stahlseil in einer etwa acht Meter hohen Maschine eingespannt. In rhythmischen Schwüngen zieht die tonnenschwere Apparatur immer wieder an den Seilenden. Karl-Heinz Wehking legt die Hand an das Seil, wie ein Arzt sein Stethoskop an die Brust des Patienten.
"Man hat das Gefühl, dass das Seil wie ein lebender Körper atmet, nämlich entsprechend der Schwingungsbewegung. Teile der äußeren Litze, davon sind bereits zwei Drähte gerissen. Trotzdem trägt dieses Seil. Es kommt langsam in einen kritischen Bereich, aber es hält noch. Und das führt dazu, dass wir versuchen unseren Studenten immer zu sagen, dass die bemerkenswerte Eigenschaft eines Seiles ist: Es stirbt langsam! Und ist damit ein sehr sicheres Maschinenelement."
Ein Seil stirbt langsam. Das ist das immer wiederkehrende Mantra der Seilforscher. Und letztlich zielen alle ihre Experimente und Untersuchungen nur darauf ab, das Sterben der Seile noch weiter hinaus zu zögern. Das ist auch der Hintergrund des Schwingungsversuchs: Das rhythmische Ziehen der Maschine ist in etwa vergleichbar mit der Belastung der Trageseile von Brücken: Jeder Lkw, der über die Fahrbahn donnert, zieht kurz an den Brückenseilen. Die Stuttgarter Ingenieure haben erforscht, wie sich die Lebensdauer solcher Seile mit steigender Belastung verkürzt. Das Resultat war überraschend.
"Da kam das zunächst verblüffende Ergebnis raus, dass ein Seil, was mit einer niedrigeren Last schwingend periodisch belastet wird, schlechtere Lebensdauerwerte hat, als ein Seil, was unter einer hohen Last schwingend belastet ist. Das widerspricht ja dem allgemeinen Erfahrungswert. Eine geringe Belastung wird doch länger halten und eine höhere Belastung wird weniger halten."
Erst nach einer genaueren Untersuchung fanden die Forscher eine Erklärung: Wenn das Brückengewicht relativ leicht ist, werden die einzelnen Drähte der Trageseile unterschiedlich stark belastet. Bei jedem Lkw, der über die Brücke fährt, reiben dann die Litzen gegeneinander und das Seil verschleißt schneller.
Am meisten leiden Seile jedoch immer dann, wenn sie in mehreren Lagen übereinander gewickelt werden, zum Beispiel auf der Trommelwinde eines Krans. Mit großem Druck wird dabei eine Lage auf die nächste gepresst. Die Seile graben sich ineinander und werden beim Abwickeln ruckartig wieder auseinander gerissen.
"Und dieser Wickelmechanismus hat einen ungeheuerlichen Einfluss auf die Lebensdauer. Und wir haben durch Untersuchungen herausbekommen, dass die Lebensdauer eines Seiles, wenn es nur einfach auf einer Scheibe läuft, bei einer Mehrlagenwicklung nur noch zwei bis acht Prozent seiner ursprünglichen Lebensdauer behält."
Daher suchen die Forscher jetzt nach den günstigsten Wickeltechniken, um die Lebensdauer der Kranseile zu verlängern. Eine alternative Lösung könnte darin bestehen, die Seiloberfläche glatt wie einen Gartenschlauch zu hämmern. Dadurch würde die Reibung beim Auseinanderreißen der einzelnen Lagen deutlich geringer.
Währenddessen wird am Rand der Halle gerade ein schwerer Metallblock hoch bis unter die Decke gezogen. Das Gewicht hängt an einem fingerdicken farbigen Seil, einem typischen Bergsteigerseil.
"Wir simulieren den Absturz eines Bergsteigers, indem wir ein Gewicht von 80 Kilogramm in fünf Meter Höhe bringen und dann aus dieser fünf Meter Höhe, dieses Gewicht, das praktisch das Gewicht des Bergsteigers ist, fallen lassen."
"Das Seil muss eine bestimmte Anzahl von diesen Fallversuchen ohne Zerreißen und ohne Schädigung des Seiles aushalten. Erst dann bekommt es die entsprechende EG-weite Zulassung."
Das Seil hat gehalten. Vier weitere dieser Experimente muss das Seil noch aushalten, bevor es den Test insgesamt bestanden hat. Zwischen zwei Abstürzen müssen allerdings einige Minuten vergehen - so schreibt es die Zulassungs-Verordnung vor. Seilforschung ist eben auch hier Geduldssache.
Im Schritt-Tempo gleitet die Prüfgondel hinauf auf den Schauinsland. Oben auf der Hebebühne behalten zwei Prüfer die Magnetapparatur im Auge. Unten in der Gondel sitzt Sven Winter vor dem Computermonitor. Die Messkurve zeigt bisher kaum nennenswerte Ausschläge. Das neue Tragseil ist einwandfrei. Wann das Seil gewechselt werden muss, hängt davon ab, wie viele Drahtbrüche die Prüfer auf einer bestimmten Seilstrecke finden.
"Zum Beispiel auf sechsmal den Seildurchmesser - das wären hier in dem vorliegenden Fall sechs mal 50, 300 Millimeter - dürften fünf Prozent metallischer Tragkraftverlust vorhanden sein. Und das wiederum entspricht in dem Fall bei der Konstruktion, dass circa acht bis zehn Drahtbrüche auf 300 Millimeter gebrochen sein dürften. Dann müsste das Seil sofort saniert oder gewechselt werden."
Im oberen Teil der Gondelbahn, hinter der Mittelstation, wurde das Tragseil noch nicht erneuert. Das Messsignal wird deutlich unruhiger - ein Zeichen für Korrosion und Verschleiß im Seil. Vereinzelt zeigt die Messkurve auch scharfe Ausschläge, die Sven Winter besonders aufmerksam beobachtet.
"Hier sieht man jetzt einen großen Drahtbruch, das heißt, da ist ein äußerer Draht gebrochen. Von diesen darf es schon einige geben, nur natürlich nicht lokal an einer Stelle. Wenn hier mehr wie zwei Außendrahtbrüche nebeneinander wären, dann müsste man das Seil sanieren, da sonst die Gefahr bestünde, dass die Außendrähte und somit dann von der Gondel vor sich her geschoben werden. Und irgendwann natürlich im schlimmsten Falle die Gondel zum Entgleisen bringen würden."
So wie im Sommer 1999: In den französischen Alpen stürzte die Gondel einer Seilbahn in die Tiefe. 20 Menschen starben. Die Ursache ist bis heute ungeklärt. Da die Seilbahn privat von einem Forschungsinstitut betrieben wurde, war sie von den strengen Seilkontrollen befreit. Aber auch das Magnetprüfverfahren hat auf der Suche nach Drahtbrüchen im Seil seine Grenzen.
"Also in Seillängsrichtung können wir das sehen auf den Millimeter genau. Aber wo sie dann im Seilinneren - ob sie dann auf der oberen oder unteren Tragseilseite ist, das können wir mit dem Prüfgerät jetzt so nicht feststellen. Dazu haben wir dann andere Prüfverfahren, wenn das notwendig wäre."
Wenn irgendwo in Deutschland die Seile von Gondelbahnen, Kränen oder Aufzügen geprüft werden, geschieht dies meist mit Geräten aus den Werkstätten des Stuttgarter Instituts für Fördertechnik und Logistik. Die Ingenieure hier kennen die Prüfverfahren und Geräte mit all ihren Stärken - und auch Schwächen.
"Die Begrenzung bei der normalen Spulenmessung liegt einfach darin: Ich kann nicht lokalisieren, in welchem Bereich des Seiles liegt der Drahtbruch, das heißt: Liegt der oben am Seil, liegt der unten am Seil, liegt der in der Mitte vom Seil? Ich bekomme praktisch in Summe ein Signal in die Spule eingespeist."
Dirk Moll hat daher mit seinen Kollegen nach einem Weg gesucht, bei der Prüfung sozusagen in das Seil hineinzuschauen. Denn: Grundsätzlich bestimmt zwar die Anzahl der Drahtbrüche die Haltbarkeit des Seil. Aber die Anordnung der Fehlstellen im Seil kann wichtige Hinweise darauf geben, warum ein Seil besonderem Verschleiß ausgesetzt ist. Die Seilforscher entwickelten daher ein neues Prüfgerät mit so genannten Hall-Sensoren: ((("Hall" mit englischer Aussprache))) Das sind elektronische Bauteile, klein wie ein Fingernagel, die auf ein äußeres Magnetfelds mit einer Spannung reagieren.
"Das heißt, wenn wir uns jetzt einfach vorstellen: Ich nehme so einen Hall-Kopf. Habe auf einer Seite ungefähr 20 oder 25 Mess-Sensoren. Dann kann ich einfach sagen, wenn ich jetzt eine Messung mache und ich bekomme in einem Sensor-Bereich ein stärkeres Signal wie auf der anderen Seite, dann liegt mein Drahtbruch näher an dem Hall-Sensor. Das heißt, ich kann sauber über den Seilumfang zuordnen: Wo bekomme ich das stärkste Signal? Und in dem Bereich muss auch der Drahtbruch vom Seil liegen."
Das neue Prüfgerät ist noch in der Test-Phase. Bei mehreren Bergbahnen konnte es aber schon aufschlussreiche Ergebnisse liefern. Zum Beispiel bei einer Seilbahn in Österreich, bei der ungewöhnlich viele Drahtbrüche im Bereich der Stützen auftraten. Die genaue räumliche Auflösung zeigte, dass fast alle Brüche oben im Seil lagen, wo die Gondeln das Tragseil auf die Stützen drücken. Die Gondeln waren einfach zu schwer. Seitdem muss das Tragseil der Bahn regelmäßig verschoben werden, damit immer ein anderes Seilstück der besonderen Belastung an den Stützen ausgesetzt ist.
Milliardenschaden nach Seilriss. Beim Bau einer Ölbohrplattform im Golf von Mexiko ist es zu einem folgenschweren Unfall gekommen. Als ein Teil der Aufbauten von einem Transportschiff auf die Plattform gehoben wurde riss das Seil des Hebekrans. Das 4000 Tonnen schwere Bauteil versenkte das Transportschiff, beschädigte den Kran und versank im Meer. Die Schadenssumme wird auf rund 1,5 Milliarden Dollar geschätzt. Anhand der gerissenen Seilenden haben Sachverständige inzwischen festgestellt, dass vernachlässigte Wartung und Inspektion des Seiles für das Unglück verantwortlich sind.
Die Prüfgondel nähert sich der Bergstation der Schauinsland-Bahn. Die Wolkendecke reißt auf und gibt einen fantastischen Ausblick frei auf Freiburg, das Rheintal und den Breisgau. Trotzdem pfeift ein kühler Wind durch die offene Gondel. Vielleicht werden Sven Winter und seine Kollegen schon bald deutlich seltener ihre Prüffahrten in zugiger Höhe unternehmen müssen. Die Stuttgarter Ingenieure suchen gemeinsam mit Partner aus der Industrie nach neuen, einfacheren Methoden der Seilprüfung.
"Zukünftig wird es so sein, dass es quasi wie so eine Art Seilroboter gibt, wo man zum einen das Prüfgerät auf das Seil aufbringt, zum anderen aber auch einen Roboter, der dann selbst fahrend ist. Der Seilroboter, der wird jetzt in Kooperation gemeinsam mit einer Firma entwickelt."
Gefundene Schadstellen werden aber auch weiterhin von den Prüfern persönlich in Augenschein genommen werden müssen. Das kann ihnen kein Roboter abnehmen.
Die Prüfung des Tragseils hinauf auf den Schauinsland ist abgeschlossen. Sven Winter ist mit den Ergebnissen zufrieden.
"Noch ganz flott, ja, das Seil sieht gut aus! Also, da sind vereinzelt Drahtbrüche vorhanden, kleinere. Es sind auch äußere Drahtbrüche ein oder zwei jetzt drin. Aber auf der Länge natürlich von 1,8 Kilometer da ist das noch in einem sehr guten Zustand. Da wird noch etliche Jahre mit gefahren werden können. Und da besteht keinerlei Bedenken."
Der Sommer kann kommen. Und mit ihm einige tausend Touristen täglich auf ihrem Weg hinauf zur Bergstation.
Das Seil wirklich neu zu erfinden, ist kaum möglich. Neue Materialien und Herstellungstechniken werden seine Leistungsfähigkeit in Zukunft sicher noch deutlich vergrößern. Nur: Was genau in einem Seil vor sich geht, werden die Seilforscher wohl nie erfahren.
Zumindest das älteste Seilrätsel konnten ein polnischer Physiker und ein Schweizer Biologe inzwischen lüften: Sie ließen einen Computer alle möglichen Verschlingungswege eines Seiles berechnen. So lange bis sie einen Knoten fanden, der nicht lösbar ist, einen "Gordischen Knoten". Um zu dieser Lösung zu gelangen, waren jahrelange Forschungsarbeit und ein aufwändiges Computerprogramm notwendig. Die Legende berichtet, wie das Problem auch einfacher zu lösen ist.
Es waren viele, die an den Wagen des Gordios traten, um den Knoten des Seiles zu lösen. Weise Gelehrte und listenreiche Krieger - doch keinem von ihnen gelang es. Viele Jahrhunderte später kam auch Alexander von Makedonien nach Gordion. Er besah sich den Knoten, zog sein Schwert und hieb ihn mit einem Schlag entzwei. Anschließend eroberte er ganz Kleinasien.