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"Würden mit einer Impfung sehr, sehr wenig Erfolg haben"

Mikrobiologie. - EHEC-Bakterien sind in Wiederkäuern vielfältig und weit verbreitet. Eine Impfung scheitert daher schon an der großen Zahl verschiedener Stämme und Varianten. Lutz Geue vom Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit in Wusterhausen erklärt im Gespräch mit Arndt Reuning, woran die Veterinäre derzeit forschen.

Lutz Geue im Gespräch mit Arndt Reuning |
    Reuning: Herr Geue, kann man gegen EHEC impfen?

    Geue: Es ist seit Anfang des Jahres in den USA ein Impfstoff verfügbar, der durch die Firma Pfizer vertrieben wird, der gegen den EHEC-Typ O157:H7 gerichtet ist, und der gegen andere EHEC-Typen eigentlich wenig wirkt. Das heißt, dieser EHEC-Typ O157:H7, der in den USA verhältnismäßig häufig in Rindern vorzukommen scheint, kann damit sicherlich reduziert werden in den Rindern. Andere EHEC-Typen kann man damit aber sicherlich nicht bekämpfen. Nach unseren Erfahrungen ist es aber so, dass wir in den Rindern eine ganz große Breite an EHEC-Typen finden und damit also mit einer Impfung sehr, sehr wenig Erfolg haben würden.

    Reuning: Wie ist denn die Situation in Europa? Welche Typen herrschen hier vor?

    Geue: Der jetzige Ausbruch ist ja durch einen O104: H4, also einen so genannten Hussek 41 verursacht, und den haben wir zum Beispiel in Rinderbeständen bisher überhaupt noch nicht gefunden.

    Reuning: Der aktuelle Keim ist genetisch gesehen eine Mischform, ein bisher unbekannter Unterstamm. Helfen Impfstoffe gegen bekannte Erreger denn überhaupt gegen solche neuen Formen?

    Geue: So ein Impfstoff, wie er eben auf dem Markt ist, würde da überhaupt nicht helfen. Und man muss auch sagen, dass diese EHEC-Typen sich ständig auf neue Weise rekombinieren, also immer wieder auf bestimmte Merkmale wie dieses Shiga-Toxin miteinander austauschen, wenn sie halt im Darm der Rinder zum Beispiel miteinander kommunizieren, und dadurch entstehen immer wieder neue Typen. Und wir müssten mit einem Impfstoff all diesen Typen immer hinterher laufen, und das ist also eigentlich eher eine unmögliche Situation.

    Reuning: Welche Alternative zum Impfen von Rindern und anderen Wiederkäuern gibt es denn überhaupt, um die Belastung mit diesen gefährlichen Darmbakterien zu reduzieren?

    Geue: Also es ist so, dass wir den Rindern regelmäßig solche Typen, also ESTEC/EHEC-Typen finden. Das heißt, sie sind da eher die Normalflora in den Rindern. Wir haben in unseren Studien, das sind Langzeitstudien, die wir über mehrere Jahre durchgeführt haben, festgestellt, dass es verschiedeneEHEC-Typen gibt. Solche, die für relativ kurze Zeit in den Rändern persistieren, also in den Rindern, von den Rindern aufgenommen werden, in den Rindern sich aufhalten und dann wieder ausgeschieden werden. Es gibt aber auch Typen, die also über eine sehr lange Zeit in Rindern vorkommen und persistieren, das heißt, in diese über mehrere Monate zu finden sind. Das ist unsere Vermutung, dass also die Keime, die lange in den Rindern verweilen, diese Merkmale besitzen wie dieses Toxin, dieses Shiga-Toxin, dieses Gift, was jetzt für diese schweren Fälle verantwortlich ist, aber auch andere Gene, die diese Keime als krankmachend qualifizieren, wenn solche Erreger lange Zeit persistieren, sind sie in der Lage, über lange Zeit das eben auch auf andere normale und ungefährliche E-coli weiterzugeben und damit würde ein solcher Kreislauf immer aufrecht erhalten bleiben.

    Reuning: Wie könnte man denn diese sozusagen Dauermieter reduzieren?

    Geue: Ja, das ist die Frage, die wir auch momentan nicht beantworten können, weil wir nicht wissen, warum die eben Dauermieter in den Rindern sind. Das ist die Frage, die wir uns mit zukünftigen Forschungen beantworten wollen, zu schauen, welche Merkmale qualifizieren sie dazu, so langer als Untermieter im Rind langzeitzupersistieren.

    Reuning: Stichwort Massentierhaltung. Begünstigt die Massentierhaltung das Aufflackern von neuen Stämmen?

    Geue: ESTEC/EHEC finden wir eigentlich in allen Rindern, das heißt, also nicht nur in den großen Betrieben, sondern auch in klein bäuerliche Haltung und auch in Ökobetrieben. Natürlich ist es so, dass in größeren Betrieben sehr viel mehr Tiere zusammenstehen und damit natürlich auch die Chancen, dass sich neue ESTEC/EHEC/VTEC herausbilden können, natürlich größer sein kann.