"Kein Kommentar", das ist die einzige offizielle Auskunft. Zum möglichen Ende der Industrieinitiative will sich von den Geldgebern niemand äußern. Die Gesellschafter wollen offenbar ihr Treffen nächste Woche in Rom abwarten. Aber hinter den Kulissen wird bestätigt, was die "Süddeutsche Zeitung" schreibt: Ein Scheitern von Desertec ist möglich. Ganz ausgeschlossen wird die Fortführung aber auch nicht.
Dabei war Desertec vor fünf Jahren so ambitioniert gestartet - und propagiert das heute immer noch, etwa in einem Video:
"Die Wüstensonne ist eine üppige Energiequelle. Mit Solarkraftwerken in den Wüsten der Welt ließe sich 160 Mal mehr Strom erzeugen, als wir derzeit verbrauchen."
Auch der größte Rückversicherer der Welt, die Munich Re, hatte sich damals engagiert. Sie schaute dabei auch auf die steigenden Versicherungsschäden, die sie nach Naturkatastrophen zu begleichen hatte. Der Vorstandsvorsitzende Nikolaus von Bomhard erklärte sein Engagement damals so:
"Wir glauben, dass wir mit Blick auf die zukünftige Energieversorgung aus nicht-fossilen Energieträgern etwas beitragen können aus der Erfahrung, die wir aus unserer Erforschung rund ums Klima gewonnen haben, und das Desertec-Projekt sicherlich einen ehrlichen Makler braucht, der gemeinsam mit anderen Unternehmen dieses wirklich visionäre Zukunftsprojekt vorantreibt."
Viele Unternehmen sind ausgestiegen
Nicht alle sind mehr dabei, mögen den Glauben an die Idee nicht verloren haben, wollen sie aber offenbar nicht mehr finanzieren. Siemens etwa ist ausgeschieden, weil es sich von der Solarindustrie abgewendet hat und es bei der Windkraft belassen will. Bosch hat sich nach teurem Lehrgeld in der Solarindustrie von der Branche getrennt. E.On ist ausgestiegen, zu viele andere Probleme mit der Energiewende.
Zwar sind RWE, MunichRe, ABB oder die Deutsche Bank geblieben, sind China Grid, ein chinesischer Netzbetreiber, und aus Saudi Arabien Aqua Power hinzugekommen. Aber es haben mehr Unternehmen das Projekt verlassen als neu eingestiegen sind. Streit um die Strategie tat ein Übriges: Manche wollten an der Solarthermie festhalten, andere propagierten die Fotovoltaik, nachdem dort die Kosten so stark gesunken waren.
Bislang wurden erst kleine Projekte realisiert
Auch die Arabellion behinderte das Projekt: Ansprech- und Verhandlungspartner waren nach den Revolutionen in Nordafrika plötzlich nicht mehr da. Schon voriges Jahr mahnte der Geschäftsführer des Projekts, der niederländische Energiemanager Paul van Son, auf der Desertec Jahrestagung in Marokko:
"Menschen haben keine Alternative zu erneuerbaren Energien. Die Wüsten bieten dabei gute Perspektiven. Und manche Länder haben das erkannt und wollen das mit anderen teilen. Aber wir dürfen es nicht bei Visionen belassen. Nach Thomas Edison werden Visionen ohne praktische Umsetzung zu einer Sinnestäuschung. Und Desertec darf keine neue Sinnestäuschung werden."
Van Son ist bald nicht mehr dabei. Er hat schon angekündigt, Ende des Jahres die Initiative zu verlassen. Er bleibt in der Region, geht aber zu RWE. Der deutsche Versorger möchte mit ihm sein Engagement in Nordafrika, dem Nahen Osten und der Türkei verstärken. Hinter dem Wechsel dürfte auch Frustration stehen: Zwar sind Desertec bislang kleinere Solarkraftwerke gelungen. Ein Leuchtturmprojekt aber, eines mit einer Leistung von tausend Megawatt etwa, das ein konventionelles Kraftwerk ersetzen könnte, das gibt es bisher nicht. Dass die Initiative weitermacht, gilt als möglich. Ein Scheitern aber auch.