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Wunsch nach Volksbegehren für G9

Per Volksbegehren sollen bayrische Schüler vom achtjährigen Turboabi abrücken. Doch die Freien Wähler können bei diesem Vorhaben nicht mit der Unterstützung der Lehrerverbände rechnen. Auch die Oppositionsparteien ziehen nicht mit. Die CSU hat stattdessen andere Pläne.

Von Michael Watzke |
    Mit Volksbegehren haben die Freien Wähler in Bayern gute Erfahrungen gemacht. Mit Volkes Hilfe haben sie gerade erst die Studiengebühren im Freistaat abgeschafft. Jetzt nehmen sie sich das G8-Abitur vor. Günther Felbinger, bildungspolitischer Sprecher der Freien Wähler, will ein Volksbegehren gegen die achtjährige Gymnasialzeit starten.

    "Wenn man Emnid-Umfragen glaubt, sind nach wie vor 53 Prozent der Deutschen gegen das G8, gegen dieses Turbo-Abitur. Sie möchten eine andere Form wählen. Und wenn ich nach Bayern schaue: Die Landes-Elternvereinigung der Gymnasial-Eltern hat kürzlich darüber abgestimmt, mit einem noch höheren Prozentsatz. Mit dem G8 liegt nach wie vor einiges im Argen."

    Bayerns früherer Ministerpräsident Edmund Stoiber, CSU, hatte das G8 im Jahr 2004 eingeführt. Überhastet, klagten damals viele Eltern und Lehrer. Doch ein erstes Anti-G8-Volksbegehren scheiterte kläglich. Mittlerweile haben sich die meisten an das G8 gewöhnt. Die Lehrerverbände in Bayern jedenfalls wollen keine Rückkehr zum G9.

    "Nun gut, wenn man die Lehrerverbände ansieht, dann gibt es eine offizielle Meinung und eine inoffizielle. Die Inoffizielle sagt durchaus: So ganz zufrieden sind wir nicht damit. Es ist ganz gut, wenn ihr mal wieder in Richtung G9 Aktivitäten zeigt."

    Allerdings haben die Freien Wähler bei ihrer Landesmitgliederversammlung am vergangenen Wochenende nicht entschieden, ob sie eine komplette Abschaffung des G8 fordern sollen. Bildungssprecher Felbinger schwebt eher eine Mischform vor, wie sie Baden-Württemberg gerade erst eingeführt hat.

    "…weil man damit das Eine nicht ganz abschafft - denn es gibt ja durchaus Schüler, die damit ganz zufrieden sind. Aber der weitaus größte Teil hat Probleme damit. Denen würde man eine neue Möglichkeit schaffen. Ein neunjähriges Gymnasium. Aber nicht so, wie es früher war, aufgebaut auf ein Grundkurs/Leistungskurs-System, sondern aufbauend auf dem G8, mit den vier Abiturfächern."

    Mit ihren Plänen für ein Volksbegehren stehen die Freien Wähler bisher allein da, denn die anderen Oppositionsparteien wollen nicht mitmachen. Die Grünen halten am G8 fest, die SPD fordert Gemeinschaftsschulen. Die regierende CSU hat gerade erst ein neues schulpolitisches Instrument vorgestellt, mit dem sie die Probleme an den Gymnasien abgefangen will: das sogenannte Flexi-Jahr. Kultusminister Ludwig Spaenle will leistungsschwachen Gymnasiasten in der Mittelstufe zusätzliche Unterrichtsstunden ermöglichen.

    "Wir wollen die individuelle Förderung damit systematisch unterstützen. Das ist für das Gymnasium – sogar deutschlandweit – ein neuer Ansatz. Wir wollen schlicht und einfach, dass der Schüler und die Schülerin die zusätzliche Zeit einsetzen kann und nicht die Schule."

    Die doch die bayrischen Lehrerverbände wollen keine Rückkehr zum G9 und die anderen Oppositionsparteien wollen nicht mitmachen. Die CSU plant derweil die Einführung eines sogenannten Flexi-Jahres.

    Die G8-Schüler sollen also selbst erkennen, in welchen Fächern sie Defizite haben. Dort können sie zusätzliche Förderstunden beantragen. Anton Bruckner, Vorsitzender der Vereinigung bayerischer Gymnasial-Direktoren, unterstützt das Flexi-Jahr. Er will, dass Schüler, Eltern und Lehrer einen symbolischen Lernvertrag abschließen.

    "In diesem Lernvertrag steht einfach drin: Was bietet die Schule, zu was verpflichten sich die Lehrer? Aber auch: Zu was verpflichten sich Eltern und Schüler? Der Schüler verpflichtet sich, regelmäßig an diesen Förderstunden teilzunehmen. Er verpflichtet sich, die Aufgaben, die in dieser Förderstunde für die häusliche Arbeit vergeben werden, auch zu machen. Und die Eltern verpflichten sich, den Schüler bei seiner Arbeit zu unterstützen."

    Um den hohen bürokratischen Aufwand dieser Maßnahme zu bewältigen, will das Kultusministerium den bayerischen Gymnasien zusätzliche Planstellen bewilligen. Aber ob das reicht? Günther Felbinger von den Freien Wählern ist skeptisch. Er will jetzt erst einmal die eigenen Parteimitglieder befragen:

    "Weil wir wollen auch nichts gegen unsere eigene Basis machen. Um Gottes Willen. Da wären wir ja mit dem Klammeraffen gebeutelt."

    "Mit dem Klammerbeutel gepudert", meint der bildungspolitische Sprecher. Eine Entscheidung über das Anti-G8-Volksbegehren soll diese Woche fallen.

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