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Kommentar zu Putin und Xi
Abhängigkeit statt Augenhöhe

Chinas Parteichef Xi Jinping ist zum russischen Präsidenten Wladimir Putin gereist. Beide bezeichnen sich als beste Freunde. Doch eigentlich bestimmt Xi die Regeln, Putin fügt sich, meint die langjährige Moskau-Korrespondentin Sabine Adler.

Ein Kommentar von Sabine Adler |
Chinas Präsident Xi Jinping (l) und der russische Präsident Wladimir Putin bei Gesprächen im Kreml.
Ziemlich beste Freunde? Chinas Präsident Xi Jinping (l) zu Besuch beim russischen Präsident Wladimir Putin. (picture alliance / dpa / TASS / Sergei Karpukhin)
Die beiden Männer Xi Jinping und Wladimir Putin haben viel gemeinsam: das Alter, die gleiche Angst vor demokratischen Bewegungen im In- und Ausland, die gleiche Chuzpe, Gesetze so umzubiegen, dass sie länger als vorgesehen an der Macht bleiben können. Da sagt Xi auch schon mal Putins Sieg bei der Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr voraus, obwohl der Kremlherr seine Kandidatur noch gar nicht offiziell erklärt hat.
Dass Xis erste Auslandsreise, nachdem er vom Volkskongress als Präsident auf unbestimmte Dauer bestätigt wurde, nach Moskau führte, ist eine Bekräftigung dieser engen Verbindung. Xi lässt sich nicht abhalten vom gerade erhobenen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Wladimir Putin und auch nicht vom Krieg gegen die Ukraine. Der wird in China ohnehin als regionaler, interner Konflikt dargestellt. China stört sich auch nicht im mindesten daran, dass es Moskaus Waffen und Soldaten mitfinanziert und damit den westlichen Verzicht auf Öl- und Gasimporte unterläuft und ausgleicht.

China möchte maximal vom Krieg gegen die Ukraine profitieren

Nein, Xis China ist darauf aus, maximal von diesem Krieg zu profitieren. Wirtschaftlich, indem es die russischen Brennstoffpreise drückt, Russland Getreide abkauft und den großen Nachbarn als Absatzmarkt für die Mikrochipindustrie hinzugewinnt, vor allem aber politisch: Russland wird gebraucht, um sich selbst als Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten zu stärken.

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Pekings Rechnung, sich als internationaler Vermittler im Krieg gegen die Ukraine zu präsentieren, könnte allerdings nicht aufgehen, dazu fehlt es Xi an Wille und Überzeugungskraft. Trotzdem hat Kiew die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Xi einen mäßigenden Einfluss auf Putin ausübt

China nimmt seine Vermittlerrolle nicht ernst

Das ukrainisch-chinesische Verhältnis galt bis vor dem Krieg als weitgehend unbelastet. China war dabei, in der Ukraine große Agrarflächen aufzukaufen, was die Ukrainer erst nach und nach kritisch zu sehen begannen, und auch an Seltenen Erden in der Ukraine ist China interessiert gewesen. Ein Geschäft, das der Krieg zunichtemachte. Es ist der abermals enge Schulterschluss zwischen Xi und Putin, die einander als beste Freunde bezeichnen, weshalb Präsident Selenskyj vermutlich im Regen oder genauer im Bombenhagel stehengelassen wird.
Nähme Xi seine Vermittlerrolle wirklich ernst, müsste er mehr tun, als den ukrainischen Amtskollegen nur anzurufen. Er müsste mindestens versuchen, Putin zu einem Truppenabzug aus den besetzten Gebieten zu bewegen. Aber davon steht jedoch weder etwas im chinesischen Zwölf-Punkte-Plan, noch fiel darüber auch nur ein Wort in Moskau, zumindest nicht öffentlich.
Stattdessen lud Xi Jinping Wladimir Putin noch für dieses Jahr zu einem Besuch nach China ein, als Teilnehmer einer Konferenz über Projekte der Seidenstraße, nicht zum Staatsbesuch. Was freundlich umschreibt, wie es um das Verhältnis in Wahrheit bestellt ist: nämlich keineswegs auf Augenhöhe. Xi bestimmt die Regeln, Putin fügt sich, weil sein eigenes Überleben inzwischen gefährlich von China abhängt – und somit sind die beiden angeblichen Freunde inzwischen viel unterschiedlicher als ähnlich.