Eine große Bühne, grelles Scheinwerferlicht – im Publikum sitzen einige hundert Schülerinnen und Schüler von Gymnasien aus Schleswig-Holstein und Hamburg. Steven Handschuh vom Gymnasium Kiel-Wellingdorf will ihnen etwas über Nachhaltigkeit, über das Vermeiden von Plastikmüll erzählen. Eine leichte Nervosität ist ihm deutlich anzumerken – immerhin geht es darum, sich nach etwa sechs Monaten Vorbereitung mit dem Projekt der eigenen Gruppe gegen 14 Konkurrenten durchzusetzen. Ach ja, Konferenzsprache ist natürlich Englisch.
"Wir haben uns gefragt, wie der Gebrauch von Plastik nachhaltiger werden kann. Zweifellos ist es fast unmöglich, das Problem vollständig zu lösen."
Deshalb haben sich die 8 Schülerinnen und Schüler aus Kiel auch auf einen einzelnen Aspekt des recht komplexen Themas konzentriert – auf Einweg-Plastiktüten. Allein jeder Deutsche verbraucht rechnerisch pro Jahr laut Deutscher Umwelthilfe 76 dieser Tüten – um diesen Verbrauch einzudämmen, sollen sie künftig deutlich teurer werden, erläutert Hendrik Horst die Grundidee des Projekts.
"Erstens indem wir eine Steuer auf Plastiktüten erheben – das hat sich in anderen Ländern auch schon bewährt, zum Beispiel in Irland. Der zweite Punkt ist eine Einführung einer Mehrwegtüte, die dann gegen ein Pfand ausgegeben wird und die sollen dann auch recycelt werden damit man die dann wieder zurückführen kann."
Nachhaltige Plastiktüten? Vom Podium, besetzt mit internationalen Experten aus den Bereichen Abfallmanagement und Kreislaufwirtschaft, kommen Nachfragen: Warum nicht gleich Papiertüten oder Stoffbeutel verwenden, und Plastiktüten generell verbieten? Steven Handschuh reagiert souverän – das war Teil der Aufgabenstellung: Die Schülerinnen und Schüler sollten auch lernen, sich vor großem Publikum in internationalem Umfeld vor renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu präsentieren.
"Die Vorteile der Plastiktüte sind einerseits, dass sie sehr kostengünstig sind, und unsere Plastiktüte, die wir entwickeln möchten, sehr robust ist im Vergleich zur Papiertüte, die halt nach einem Gebrauch sehr schnell kaputt geht und dabei auch noch sehr viel Wasser verbraucht in der Produktion – wie auch der Jutebeutel."
Ergebnisse werden an zuständige Ministerien übergeben
15 Schülergruppen – jede hatte insgesamt 45 Minuten Zeit, ihr Projekt so überzeugend wie möglich zu präsentieren. In den nächsten Wochen sollen die Schulen dann noch demokratisch über die besten Präsentationen entscheiden – den Siegern winkt eine Reise im nächsten Jahr zum Weltwirtschaftlichen Symposium in die Türkei. Und die besten Präsentationen werden anschließend auch nicht einfach in der Schublade verschwinden. Sie sollen veröffentlicht und auf Bundes- und Landesebene an die zuständigen Ministerien übergeben werden – als Anregung für künftige Diskussionen. Wenn dann von den Ideen auch irgendwann mal etwas umgesetzt wird – um so besser, meint Alexander Jochimsen. Gelohnt habe sich die Arbeit aber auf jeden Fall, betont er.
"Also – in erster Linie war für mich der Anreiz, wissenschaftlich zu arbeiten, das heißt, wirklich leistungsorientiert! Bei der Ausarbeitung hat man dann auch wirklich viel über das Thema gelernt – das war dann auch noch mal sehr interessant. Aber so in erster Linie würde ich den Hauptcharakter dieses Projekts eher darauf setzen, dass wir also wirklich lernen konnten, wie man wirklich wissenschaftlich arbeitet – und da hat uns das Institut ja auch super mitgeholfen!"
Gemeint ist das Kieler Institut für Weltwirtschaft, IfW. Dessen Präsident Dennis Snower hat sich interessiert die Lösungsvorschläge der Jugendlichen zu den drängenden Fragen der Gegenwart und vor allem der Zukunft angehört. Für ihn steht fest: Ob Finanzmarktkrise und ihre Folgen, Fragen der künftigen Welternährung, Umwelt- und Klimaschutz – im Alleingang könne die aktuelle Generation darauf die passenden Antworten nicht parat halten.
"Es kommen neue Probleme auf uns zu, die erfordern, dass wir über den Tellerrand schauen. Wir sehen es bei den Flüchtlingen, die es vor einem Jahr nicht so vor Augen gab, wir werden es mit vielen anderen Problemen sehen. Und wir können uns lang Gedanken machen über Lösungsansätze für die Zukunft der Welt – wenn die nächste Generation nicht involviert ist, dann sind diese Diskussionen wertlos!"