Thielko Grieß: Früher, vor den Zeiten der gemeinsamen Euro-Währung, da war es in Italien oder Frankreich immer mal wieder Gang und Gäbe, dass die Währung abgewertet wurde per Beschluss. So ein Schritt hat Licht- und Schattenseiten. Licht bedeutet er für die Exportwirtschaft, die ihre Produkte ins Ausland günstiger verkaufen kann. Schatten aber für die Importe, die zum Beispiel in Dollar gehandelt werden. Die werden dann teurer. Diese währungspolitische Übung ist in Europa in Zeiten des Euro so nicht mehr möglich, wohl aber in China. Das Land hat seine eigene Währung abgewertet, den Yuan, im Vergleich zum Dollar und heute in der vergangenen Nacht zum zweiten Mal um nun insgesamt dreieinhalb Prozent.
Jetzt ist am Telefon Reinhard Schmidt vom Lehrstuhl für internationales Bank- und Finanzwesen an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Herr Schmidt, guten Tag.
Jetzt ist am Telefon Reinhard Schmidt vom Lehrstuhl für internationales Bank- und Finanzwesen an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Herr Schmidt, guten Tag.
Reinhard Schmidt: Guten Tag.
Grieß: Wir haben es gehört: Die chinesische Regierung wertet die Währung ab, versucht die Wirtschaft zu stützen. Wie groß muss die Not sein, damit diese Karte gespielt wird?
Schmidt: Wenn Sie sich die langfristige, etwas langfristigere Entwicklung des Wechselkurses anschauen, dann sehen Sie, es gibt keinen besonderen Anlass zur Beunruhigung. Dass da eine administrative Veränderung des Wechselkurses stattgefunden hat, jetzt in den letzten zwei Tagen, ändert die Situation auf Sicht eines Jahres kaum. Denn die chinesische Währung hat im Laufe des letzten Jahres gewaltig aufgewertet.
Grieß: Und das ist dann nur eine nachgeholte Wiederabwertung, um einen alten Stand zu erreichen?
Schmidt: Nein, viel weniger. Das ist eine Korrektur, die die Veränderung gegenüber einem Jahr vorher um, sagen wir, ein Viertel wieder korrigiert.
Grieß: Dann ist die Erwartung falsch, die Erwartung, die im Westen viele hegen, dass die chinesische Exportwirtschaft durch diesen Schritt wieder auf Touren komme?
"Wird der chinesischen Wirtschaft gut tun"
Schmidt: Na ja, im Vergleich zu der Situation von vor drei Monaten ist das schon zu erwarten, dass die Exportwirtschaft in China einen Aufschwung erlebt und die Importe nach China damit ein bisschen teurer werden, was der heimischen chinesischen Wirtschaft wahrscheinlich gut tun wird. Aber wie gesagt, die langfristige - bei Wechselkursen ist ein Jahr schon lang -, die langfristige Entwicklung zeigt, dass ist nur eine kleine, nur eine partielle Korrektur.
Grieß: Die langfristige Entwicklung schätzt der IWF, der Internationale Währungsfonds - wir haben es gerade in dem Beitrag des Kollegen Rimmele gehört - so ein, dass China seine Währung künftig nicht mehr fest bindet an den Dollar, sondern - so wie der Euro - frei schwankt. Sehen Sie diese Entwicklung auch?
Schmidt: Ja. Ich glaube, das ist eine Entwicklung und diese Entwicklung ist eigentlich ganz sinnvoll, denn frei schwankende Wechselkurse haben den großen Vorzug, dass sie Angebot und Nachfrage besser in Ausgleich bringen.
Grieß: Das bedeutet für die chinesische Wirtschaft?
Schmidt: Das bedeutet für die chinesische Wirtschaft wahrscheinlich noch ein bisschen mehr an Abwertung. Aber ich könnte mir vorstellen, dass sich der Kurs auf mittlere Sicht ungefähr so einstellt, wie er vor einem halben Jahr war.
Grieß: Nun hat der Kollege, um ihn noch einmal zu erwähnen, der Kollege Rimmele auch gerade das Wort, den Begriff "Währungskrieg" in den Mund genommen. Er meint damit, dass verschiedene Länder, die in Asien liegen und mit China enge Wirtschaftsbeziehungen unterhalten, auch ihre Währungen weiter abwerten müssen. Sehen Sie diese Gefahr auch?
Schmidt: Im Prinzip kann man eine solche Gefahr sehen. Ob die Situation jetzt schon so ist, dass man so starke Worte in den Mund nehmen muss, das glaube ich vielleicht nicht so sehr. Aber wir haben das gesehen im Falle von Japan, wir haben es gesehen im Falle von Korea. China zieht jetzt ein bisschen nach, ja.
Grieß: Auch Deutschland liegt zwar nicht in Asien, ist aber ein mit China eng verflochtener Handelspartner. Inwieweit nützt oder schadet dieser Schritt der deutschen Wirtschaft?
Auswirkungen für Deutschland
Schmidt: Der deutschen Wirtschaft, soweit sie nach China exportiert, schadet das. Das ist ganz klar.
Grieß: Weil weniger BMWs verkauft werden?
Schmidt: Ja. Die BMWs werden teurer und deswegen werden sie weniger verkauft. - Der Gewinn über den Wechselkurs eines einzelnen verkauften BMWs ist natürlich dann ein bisschen größer. Aber wir haben ja nicht nur Exporte nach China; wir haben auch Importe aus China, und da ist der umgekehrte Effekt zu beobachten. Die deutsche Wirtschaft, soweit sie importierende Wirtschaft ist oder importierte Güter aus China verwendet, profitiert; die exportierende Wirtschaft leidet darunter etwas.
Grieß: Nun hat auch der Euro in den vergangenen Monaten deutlich verloren. Ist das eine Art ungewollter zwar, aber ein Ausgleichsmechanismus?
Schmidt: Ja, ganz ohne Zweifel. Das ist ein Ausgleich, ja.
Grieß: Danke schön für Ihre Einschätzungen. - Reinhard Schmidt von der Universität in Frankfurt am Main, dort am Lehrstuhl für internationales Bank- und Finanzwesen. Wir haben uns erklären lassen, was es bedeutet, wenn die chinesische Regierung die chinesische Währung, den Yuan abwertet, wie gestern und vorgestern geschehen. Danke schön nach Frankfurt am Main.
Schmidt: Gern geschehen. Auf Wiederhören!