Sipri-Bericht
Zahl der einsatzbereiten Atomwaffen steigt

Die Bedeutung von Atomwaffen hat angesichts wachsender geopolitischer Spannungen stark zugenommen. Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI schreibt in seinem Jahresbericht, die neun Atommächte setzten verstärkt auf nukleare Abschreckung: "Wir haben seit dem Kalten Krieg nicht mehr erlebt, dass Atomwaffen eine so herausragende Rolle in den internationalen Beziehungen spielen".

    Atomtest in den USA: Ein Atompilz steigt nach der Explosion einer Atombombe über dem Testgelände in der Wüste von Nevada auf.
    Die Bedeutung von Atomwaffen hat einem Bericht zufolge deutlich zugenommen (Archivbild eines Atomtests in der Wüste von Nevada in den USA). (picture-alliance / dpa)
    Dies erklärte SIPRI-Experte Wan. Der Direktor des Instituts, Smith, sprach von "einer der gefährlichsten Zeiten in der Geschichte der Menschheit". Weltweit gibt es den SIPRI-Schätzungen zufolge rund 12.000 nukleare Sprengköpfe, von denen über 9.500 einsatzfähig sind. Die meisten befinden sich demnach im Besitz der USA und Russlands. Großbritannien rangiert auf dem dritten Platz, gefolgt von Frankreich, China, Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel. Deutschland besitzt keine Atomwaffen. Allerdings lagern Vermutungen zufolge US-Atombomben auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel.
    Die Zahl der einsatzbereiten atomaren Sprengköpfe werde in den kommenden Jahren vermutlich weiter steigen, schreibt das Institut. Dies sei eine äußerst besorgniserregende Entwicklung. Die Atommächte modernisierten nicht nur ihre Waffenarsenale, einige hätten auch neue Waffensysteme entwickelt.

    Abnehmende Transparenz

    Die Transparenz in Bezug auf die Nuklearstreitkräfte der beiden führenden Länder - der USA und Russlands - hat seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine 2022 abgenommen, kritisieren die Sipri-Forscher. Im Februar 2023 hatte Russland seine Beteiligung am New-Start-Abkommen ausgesetzt. Der bis 2026 laufende Vertrag mit den USA zur Begrenzung der jeweiligen Atomwaffenbestände aus dem Jahr 2010 ist das letzte bilaterale Atomabkommen zwischen Moskau und Washington. Im Mai hatte die russische Armee zudem auf Anordnung von Kreml-Chef Putin den Einsatz von taktischen Atomwaffen geübt.
    Der Greenpeace-Nuklearwaffenexperte von Lieven erklärte, es sei eine "zutiefst verunsichernde Nachricht", dass die Zahl der einsatzbereiten Atomsprengköpfe in einer Zeit tiefgreifender Konflikte und Krisen weiter steige. Die wachsende Gefahr eines unbeabsichtigten Atomkriegs sei "zu existenziell", um ihr nichts entgegenzusetzen, betonte von Lieven. "Es ist an der Zeit, dass die NATO einen atomaren Erstschlag explizit ausschließt. Darauf sollte Deutschland drängen und gleichzeitig dem UNO-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten."
    Sie können hier einen Bericht hören.
    Diese Nachricht wurde am 17.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.