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Zahlungsverkehr
Scharfe Kritik an der SEPA-Verzögerung

Mit ihrer gestrigen Entscheidung, die Einführung des neuen SEPA-Zahlungssystems zu verschieben, hat sich die EU-Kommission keine Freunde gemacht. Aus allen Richtungen hagelt es Kritik – denn viele mühevolle Vorbereitungen auf den Stichtag 1. Februar waren damit umsonst.

Von Michael Braun | 10.01.2014
    Es ist eines, nonchalant und eigenmächtig vorzuschlagen, die Einführung von SEPA mal eben um sechs Monate zu verschieben. Als EU-Kommissar Barnier das gestern Mittag tat, hatte etwa die deutsche Kreditwirtschaft kurz zuvor mitgeteilt, es blieben nur noch drei Wochen bis zur Umstellung und man möge sich sputen. Dann hörten die Kunden im Radio und lasen heute in der Zeitung, es gebe noch sechs Monate mehr Zeit.
    Den Glaubwürdigkeitsverlust und den Ärger haben nun die Bank- und Sparkassenmitarbeiter vor Ort. Sie müssen den Kopf hinhalten und erklären, es sei bisher nur ein Vorschlag der EU-Kommission. EU-Ministerrat und -Parlament hätten die längere Frist noch nicht gebilligt. Damit verbunden wird der Tipp, auch jetzt nicht nachzulassen in den Umstellungsarbeiten.
    Zum Ärger gesellt sich juristische Unsicherheit: Es sind schon neue Geschäftsbedingungen gedruckt worden, in denen steht, vom 1. Februar an dürften nur noch Zahlungen im SEPA-Format angenommen werden. Gelten die nicht mehr? Müssen sie abermals neu gedruckt werden? Sind Zahlungen im alten Format im Rahmen der möglichen Fristverlängerung rechtswirksam, wenn die Geschäftsbedingungen SEPA zwingend vorschreiben?
    Ärger über den europäischen SEPA-Muffel
    Besser wäre es aus deutscher Sicht wohl gewesen, die Mahnung des Bundesbankvorstandes Carl-Ludwig Thiele wäre nicht umgestoßen worden:
    "Wer glaubt, dass sich noch was an der gesetzlich festgelegten Frist vom 1. Februar ändert, liegt falsch. Es gibt keinen Plan B."
    Deutschland hätte die Umstellung wohl geschafft, ließen Kreditinstitute und heute auch die Bundesregierung wissen. EZB-Präsident Mario Draghi hatte gestern Distanz zur Kommission gezeigt: Die Verschiebung sei deren Idee. Die Transaktionen im SEPA-Format hätten immer neue Höchststände erreicht:
    Soll wohl heißen: Verschiebung – unnötig. Wen genau die EU-Kommission als SEPA-Muffel ausgemacht hat, weiß man in Frankfurt nicht. Aber man weiß: Eine Gemeinschaft müsse wohl auf den Langsamsten Rücksicht nehmen. Berichte, einige Vorstände nationaler Notenbanken wollten bei den Regierungen darauf hinwirken, Barniers Vorschlag abzulehnen, rührten vor allem aus erster Verärgerung. In der Sache ist es jedenfalls so: Nationales und SEPA-System laufen schon seit Längerem parallel in den Banken. Das ginge auch noch weitere sechs Monate. Kostet freilich Geld.