Wenn Bakterienfilme an den Zähnen für Zahnfleischentzündungen sorgen, kann dies mit der Zeit die Knochen angreifen, in denen die Zähne wurzeln. Parodontitis, landläufig auch Parodontose genannt, führt am Ende zu Zahnausfall. Um das zu verhindern, reicht es nicht, einfach nur die Bakterien zu bekämpfen.
"Man muss auch gegen die Entzündung vorgehen. Parodontitis wird zwar von den Bakterien ausgelöst. Aber das Gewebe wird dann nicht direkt von Bakterien zerstört, sondern durch die körpereigene Entzündungsreaktion. Wenn man diese kontrollieren kann, stoppt man auch den Prozess, der zum Verlust des Zahnfleisches und der Knochen führt, die den Zähnen Halt geben."
Auf der Suche nach Möglichkeiten, den entzündungsgetriebenen Knochenabbau zu stoppen, wurde George Hajishengallis von der zahnmedizinischen Fakultät der University of Pennsylvania schon vor Jahren auf ein körpereigenes Protein namens DEL-1 aufmerksam. DEL-1 reduziert die Aktivität bestimmter weißer Blutkörperchen und dämpft somit Entzündungsreaktionen. Der Forscher beobachtete, dass ältere Mäuse, die auch an Parodontitis leiden, kein DEL-1 mehr im Gewebe rund um die Zähne bilden, jüngere Mäuse allerdings schon.
"Wir hatten eine sehr schöne Korrelation: Viel DEL-1 - das Zahnhaltegewebe ist gesund. Wenig DEL-1 - Entzündung und Knochenschwund."
Keine Hoffnung auf eine völlige Heilung schüren
Für den Knochenschwund sind besondere Zellen aus dem Knochenmark verantwortlich. Die sogenannten Osteoklasten können harte Knochensubstanz auflösen und resorbieren. Sie treten verstärkt dort auf, wo im Körper Entzündungen herrschen. George Hajishengallis fand jetzt heraus, dass das Protein DEL-1 eine doppelte Rolle bei der Verhinderung von Parodontose spielt. Es dämpft nicht nur die Immunreaktion des Körpers, sondern hemmt auch direkt die Entwicklung und Aktivität der Osteoklasten. Aus dieser Beobachtung heraus entstand die Idee, DEL-1 in der Therapie von Parodontose einzusetzen. Der Forscher und sein Team machten weitere Tierexperimente.
"Dieses Mal machten wir die Versuche mit Makaken. Sie sind das beste Modell für Parodontose beim Menschen. Wir haben sogar humanes DEL-1-Protein eingesetzt, was bei den Affen perfekt funktioniert. Wir haben die Tiere so behandelt, wie wir in Zukunft auch menschliche Patienten behandeln wollen."
Die Forscher spritzten den an Parodontitis erkrankten Affen eine Lösung mit DEL-1-Protein wiederholt direkt in Zahnfleisch. Dabei behandelten sie nur die Zähne einer Kieferseite, die der der anderen Seite nicht. So bot jedes Tier die direkte Kontrollmöglichkeit, ob die Behandlung funktioniert. Der Erfolg kam wie erhofft: Dort, wo die Forscher DEL-1 spritzten, wurde das Fortschreiten der Parodontitis gestoppt. George Hajishengallis hofft, das Verfahren bald auch auf den Menschen übertragen zu können.
"Erst einmal müssen wir in klinischen Versuchen klären, dass das auch sicher ist. Ich bin da sehr optimistisch. Parodontitis kann lokal behandelt werden. Da der Wirkstoff nicht überall hin gelangt, sind weniger Nebenwirkungen zu erwarten. Zudem bildet ein Patient mit Parodontitis selbst nur noch sehr wenig des Proteins DEL-1. Im Grunde stellen wir nur ein normales Level von DEL-1 wieder her."
Die Hoffnung auf eine völlige Heilung will der Forscher allerdings nicht schüren. Parodontose ist eine chronische Krankheit. Wer dafür anfällig ist, käme nicht umhin, regelmäßig zum Zahnarzt zu gehen, um sich dort mit DEL-1 behandeln zu lassen.