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Zalando und Rocket Internet
Schwarze Zahlen nach der Talfahrt?

Aktien von Firmen, die "was mit Internet" machen wollen, sind vielen Deutschen seit dem Crash am Neuen Markt suspekt – auch wenn der 13 Jahre her ist. Rocket Internet hat seit seinem Start Anfang Oktober rapide an Wert verloren, Börsenneuling Zalando überrascht mit der Ankündigung schwarzer Zahlen.

Von Michael Braun |
    Journalisten, Gäste und Zalando-Mitarbeiter bevölkern am 01.10.2014 beim Börsengang des Online-Händlers Zalando SE in Frankfurt am Main (Hessen) das Parkett der Wertpapierbörse.
    Die Zalando-Aktie war am 1.10.2014 mit einem Kurs von 24,10 Euro an der Börse gestartet. (dpa / picture-alliance / Arne Dedert)
    Noch ist es nur eine Ankündigung, keine Nachricht. Aber nach dem Weihnachtsgeschäft, teilte Zalando heute mit, werde im Gesamtjahr das laufende Geschäft "leicht positiv sein". Die Kunden des Onlinehändlers schreien angeblich vor Glück.
    Die Börse reagierte akustisch gesitteter. Hier rauschte nur der Kurs, und zwar um rund zehn Prozent nach oben. Im dritten Quartal 2,6 Millionen Euro Verlust bei Zalando, im ganzen Jahr leicht positiv. Das gefiel, auch wenn es nur um das operative Geschäft geht, die Ausgaben für Zinsen und Steuern also nicht gerechnet. Die Aktie stieg heute wieder über ihren Ausgabekurs von 21,50 Euro. Bis auf gut 17 Euro war sie im Oktober abgesackt, heute also bei knapp 22 Euro. Sie fügt sich damit in ein insgesamt gutes Neuemissionsjahr 2014, das auch noch nichts von den Übertreibungen des einstigen Neuen Marktes an sich habe:
    "Wenn wir uns insgesamt mal das Neuemissionsvolumen in Deutschland anschauen: Mit knapp über 30 Milliarden ist das weit entfernt von früheren Boomzeiten. Selbst vom Vorkrisenjahr 2007 sind wir noch unterhalb 50 Prozent dieses Wertes. Insofern kann man nur schwer davon sprechen, dass wir jetzt schon einen solchen Boom sehen würden", sagt Jens Voss, Leiter des Kapitalmarktgeschäfts bei der Commerzbank.
    Viel Wachstum und viele rote Zahlen
    Der Onlinehändler Zalando und Rocket Internet, Finanzier und Softwarelieferant von Internet-Firmen, hatten im Oktober den Markt für Börsengänge angeheizt. Diese beiden Firmen, die bislang viel Wachstum und viele rote Zahlen gezeigt hatten, dominierten mit einem Börsenwert von gut zwölf Milliarden Euro das Börsengeschehen. Dass nicht jeder diese Aktie wollte, war Carsten Sommerfeld vom Wertpapierhaus Tradegate sehr einsichtig:
    "Die Gründer diese beiden Unternehmen beziehungsweise auch Anteilseigner, die Samwer-Brüder, sind natürlich Top-Verkäufer. Und sie haben hier im Vorfeld viel getrommelt. Die Börsengänge waren für die Unternehmen ein großer Erfolg, für die Anleger nicht ganz so. Zalando, muss man eben sagen, ist im E-Commerce-Business. Der Internetmarkt ist sehr, sehr schwierig. Und hier Gewinne zu erzielen,. Ist fast unmöglich. Es gibt Studien in dem Bereich, dass neun von zehn Unternehmen im E-Commerce-Business nicht überleben werden. Und Zalando wird es eben auch in den nächsten Jahren hier sehr, sehr schwierig haben. Und von daher war der Start hier auch sehr, sehr holprig."
    Unwuchten des Marktes im Gefolge der Ukraine-Krise
    Das galt auch für TLG. Der Immobilienvermarkter, der vor allem in Berlin und in den neuen Ländern tätig ist, war am 24. Oktober zu mit einem Emissionskurs von 10,75 Euro an die Börse gekommen und hatte die Unwuchten des Marktes im Gefolge der Ukraine-Krise mitgemacht, war gestiegen und gefallen und hat jetzt wieder Oberwasser beim Kurs. Ähnlich geht es den anderen Börsenneulingen. 19 waren es bisher an der Zahl, Handelshäuser, Softwarefirmen, kleiner Finanzdienstleister und Industriewerte wie etwa im Juni der Ziegel- und Dachsteinhersteller Braas Monier oder zuletzt der Autozulieferer Hella.
    Für das nächste Jahr setzen die Banken auch auf Provisionseinnahmen aus Börsengängen. Commerzbanker Jens Voss:
    "Der Markt ist aufnahmefähig. Und das sehen natürlich auch möglich Emittenten. Wir stehen auf einem vergleichsweise hohen Bewertungsniveau im langjährigen Schnitt. Und das ist ein attraktives Umfeld."
    Es sollten neue Adressen dabei sein, und Ausgründungen, die Kunststoffsparte von Bayer etwa. Der Steuerzahlerbund mahnt, auch weitere Staatsanteile an Post und Telekom abzugeben und dann Staatsschulden zu tilgen. Einen neuen Versuch, die Bahn an die Börse zu bringen, werde es nicht geben, hat die Bundesregierung schon wissen lassen. Und Anleger müssen sich fragen, warum Unternehmen trotz der niedrigen Zinsen an die Börse gehen? Vermutlich weil Zinsen wieder steigen können, hohe Emissionserlöse aber erst einmal gesichert sind.